Schwerhörigkeit muss keine Alterserscheinung sein. Schon Neugeborene und Kleinkinder können Schwierigkeiten haben, richtig zu hören. Viele dauerhafte Hörschäden bestehen schon bei der Geburt. Wer sein Kind aufmerksam beobachtet und ihm zuhört, kann dies frühzeitig bemerken, mit dem Arzt sprechen und sich über mögliche Behandlungs- und Beratungsangebote informieren.
Viele dauerhafte Hörschäden sind angeboren
Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) kommen in Deutschland jedes Jahr schätzungsweise 1,2 von 1000 Kindern mit einer Hörstörung auf die Welt. Die Aktion Frühkindliches Hören der Deutschen Kinderhilfe geht sogar von zwei bis drei Kindern mit Hörstörung pro 1000 Geburten aus. Als Ursachen für angeborene Hörschäden kommen genetische Defekte in Frage, aber auch bestimmte Erkrankungen, unter denen die Mutter in der Schwangerschaft gelitten hat – etwa Röteln oder Toxoplasmose. Auch Komplikationen im Verlauf der Geburt können zu Hörstörungen beim Neugeborenen führen.
Hörstörungen so früh wie möglich erkennen
Wichtig ist, Hörschäden so früh wie möglich zu erkennen, denn gerade in den ersten Lebensjahren lernen Kinder besonders intensiv. Wenn sie nicht richtig hören können, können sie auch nicht lernen normal zu sprechen. Schon kurz nach der Geburt steht das sogenannte Neugeborenen-Hörscreening auf der Liste der Früherkennungsuntersuchungen, die die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen. Durch diese Reihenuntersuchung können Hörstörungen bei Säuglingen früh erkannt und behandelt werden, so ein Fazit des Iqwig, des unabhängigen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.
Tipp: Sie können als Eltern unbesorgt sein – der Test gehört zum Standardprogramm für alle Neugeborenen. Lassen Sie den kurzen, vollkommen schmerzfreien Test der Hörfähigkeit noch in der Geburtsklinik durchführen. Wenn Sie nicht in einer Klinik entbinden oder diese frühzeitig nach der Geburt verlassen, benötigen Sie in der Regel eine Überweisung des Kinderarztes zu einer Einrichtung, die das Hörscreening durchführen kann.
Auch Krankheiten können das Hörvermögen verschlechtern
Auch Erkrankungen im Kindesalter wie Masern, Mumps oder Röteln können das Hörvermögen vorübergehend oder nachhaltig beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, die Kinder gegen diese Krankheiten impfen zu lassen.
Was tun bei Mittelohrentzündung
Gegen Mittelohrentzündungen gibt es keine Impfung. Kinder haben dabei nicht nur starke Ohrenschmerzen, oft leidet auch ihr Hörvermögen: Wenn die Schleimhäute infolge einer Mittelohrentzündung anschwellen und Sekret absondern, füllt sich die Paukenhöhle hinter dem Trommelfell mit Flüssigkeit. Das Trommelfell kann nicht mehr richtig schwingen und das Kind hört schlechter. Besteht so ein Paukenerguss über Monate, empfehlen Ohrenärzte häufig eine kleine Operation, bei der sie das Trommelfell leicht einritzen, den Erguss absaugen und gegebenenfalls sogenannte Paukenröhrchen einsetzen. Die feinen Röhrchen aus Kunststoff oder Metall sollen das Mittelohr belüften und so die Hörfähigkeit verbessern. Der Nutzen der Paukenröhrchen ist umstritten: Das Iqwig kommt zu dem Schluss, dass sie bei einem dauerhaften Paukenerguss infolge einer Mittelohrentzündung das Hören kurzfristig leicht verbessern. Nach etwa einem halben Jahr hätten Paukenröhrchen jedoch meistens keinen Vorteil mehr, da sich das Hörvermögen in dieser Zeit auch ohne Operation wieder erhole.
Tipp: Besprechen Sie mit dem Arzt, ob eine OP unumgänglich ist oder ob es sinnvoll sein könnte, unter ärztlicher Beobachtung weiter abzuwarten. Wenn der Erguss nach etwa sechs Monaten noch nicht von allein zurückgegangen ist, kann nach Ansicht des Iqwig ein Eingriff sinnvoll sein.
Eltern sollten ihre Kinder beobachten
Wer sein Kind im Alltag aufmerksam beobachtet, kann erste Anzeichen dafür wahrnehmen, ob mit seinem Gehör etwas nicht in Ordnung ist. Allerdings muss eine von den Eltern bemerkte Auffälligkeit noch nicht bedeuten, dass das Gehör tatsächlich beeinträchtigt ist. Unsere Checkliste kann erste Hinweise darauf liefern, ob Babys und Kinder altersgemäß auf akustische Reize reagieren.
Tipp: Wenn Sie Bedenken haben, dass Ihr Sohn oder Ihre Tochter nicht richtig hört, sollten Sie sich zunächst an den Kinderarzt wenden und die eigenen Beobachtungen schildern. Es kann hilfreich sein, sich dazu im Voraus ein paar Notizen zu machen – etwa aufzuschreiben, was genau einem in welcher Situation aufgefallen ist.
Wo es weitere Informationen gibt
Ist das Gehör nicht nur vorübergehend gestört, können Hörgeräte helfen oder auch Cochlea Implantate. Das sind Innenohrprotesen für gehörlos geborene oder nach dem Spracherwerb taub gewordene Kinder sowie Erwachsene.
Tipp: Viele Fragen zu kindlichen Hör- und Sprachentwicklungsstörungen beantwortet die Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Für Eltern von Kindern mit Gehörlosigkeit, Schwerhörigkeit oder Cochlea-Implantat bietet der Bundeselternverband gehörloser Kinder umfangreiche Informationen auf seiner Webseite und in einem Elternratgeber.
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