
Marmoriert. Das gleichmäßig verteilte Fett im rohen Fleisch schenkt dem gebratenen Stück Aroma. © Manuel Krug
Wie gut sind Schweinenackensteaks und -koteletts im Handel? Welche Anbieter setzen sich für das Wohl der Schweine ein? Wie ergeht es Arbeitern in den Schlachthöfen? Die Stiftung Warentest hat all diese Aspekte für 15 Schweinefleisch-Produkte geprüft, darunter preiswerte vom Discounter und teurere Biosteaks. Fazit: Die Fleischqualität ist oft gut, doch viele Anbieter nutzen ihre Marktmacht nicht, um Tierwohl und Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Schweinenackensteaks im Test
- Testergebnisse für 15 Schweinnackensteaks und -koteletts 07/2020
- Alle Testergebnisse für Unternehmensverantwortung (CSR) bei Schweinefleisch 07/2020
Liste der 30 getesteten Produkte
Das bietet der Schweinefleisch-Test der Stiftung Warentest
Testergebnisse Fleischqualität und Tierwohl. Eine Tabelle zeigt Bewertungen für die Fleischqualität von 15 Nackensteaks und -koteletts, vier davon sind Bio-Produkte (Kilopreise: 5,70 bis 19,19 Euro). Getestet wurden vor allem Handelsmarken wie Lidl Landjunker, Meine Metzgerei (Aldi Nord und Süd), Gut & Günstig (Edeka), Wilhelm Brandenburg (Rewe) oder Königshofer (Bio-Supermarktkette Denn´s). Eine zweite Tabelle zeigt, wie es um das Tierwohl in den Ställen und die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen steht. Zwei Produkte schneiden sowohl im Warentest als auch im CSR-Test gut ab.
Hintergrund. Wir beschreiben, was wir bei unserer Recherche in Tierställen und auf Schlachthöfen erlebten. Wir liefern Fakten rund um antibiotikaresistente Keime, das „Haltungsform“-Konzept des Handels und erläutern tierfreundliche Konzepte wie die Offen-Stall-Initiative.
Heftartikel. Wenn Sie das Thema freischalten, erhalten Sie Zugriff auf ein PDF mit den beiden Testberichten aus test 7/2020.
Schweinefleisch: Saftiger Genuss, üble Produktionsbedingungen
Am Schweinefleisch scheiden sich die Geister: Die einen lieben es, weil es im besten Fall saftig und aromatisch schmeckt. Den anderen verderben Berichte über Massentierhaltung und ausbeuterische Arbeit in Schlachthöfen den Appetit. Die Stiftung Warentest hat am Beispiel von 15 Nackensteaks und -koteletts sowohl die Qualität des Fleischs untersucht als auch das Engagement der Anbieter für Tiere, Arbeiter und Umwelt – sprich: die Unternehmensverantwortung (Corporate Social Responsibility, CSR). Fazit: Es gibt Produkte, die in beiden Tests überzeugen konnten.
Corona-Infektionen im Schlachthof
Besichtigung vor Corona-Pandemie. Seit das Coronavirus unter Schlachthofarbeitern grassiert, stehen deren Arbeits- und Wohnverhältnisse im Fokus. Das Virus hat bei ihnen leichtes Spiel: Viele leben in Gemeinschaftsunterkünften, werden in Bussen zur Arbeit gefahren, arbeiten eng am Fließband zusammen, da, wo kühle Temperaturen herrschen, die eine Ausbreitung des Virus begünstigen. Wir haben die Schlachtbetriebe im Winter 2020 besucht – kurz bevor erste Schlachthöfe Corona-Infektionen meldeten und vorübergehend schließen mussten.
Aktueller Fall Tönnies. Besonders dramatisch ist die jüngste Entwicklung im Hauptwerk von Branchenführer Tönnies: Mehr als 1 500 Mitarbeiter des Betriebs sind inzwischen positiv auf das Coronavirus getestet. Bei vielen davon handelt es sich um osteuropäische Arbeiter. Auch wir haben dieses Werk besucht. Unser Fazit: Wie andere Schlachthöfe im Test schiebt Tönnies einen Großteil seiner sozialen Verantwortung an Subunternehmer ab. Wir bekamen nur begrenzt Zugang zu Dokumenten, etwa um tatsächlich geleistete Arbeitszeiten zu überprüfen. Auch die Unterbringung der Arbeiter überlässt Tönnies oft anderen Stellen.
Hat die Haltungsform einen Einfluss auf die Fleischqualität?
Viele Händler informieren seit April 2019 freiwillig über die Haltungsbedingungen für die Tiere, von denen das Fleisch stammt. Ihr einheitliches, vierstufiges Kennzeichnungssystem heißt „Haltungsform“ (siehe auch unsere Meldung Tierwohl-Label). Dabei steht die Stufe 1 für den gesetzlichen Standard, die Stufe 4 für Bio-Herstellung. Unser Test zeigt, ob die Haltungsform einen Einfluss auf die Fleischqualität hat.

Quelle: Bundesinformationszentrum Landwirtschaft. © Stiftung Warentest
So haben wir die Fleischqualität getestet
Wir haben die Nackensteaks und -koteletts intensiv geprüft: auf Schadstoffe, Rückstände von Antibiotika, Krankheitserreger wie Salmonellen und antibiotikaresistente Keime wie MRSA und ESBL-Bildner. In zehn Produkten wiesen wir antibiotikaresistente Keime nach. Eine akute Gefahr für Menschen bedeuten die Keime im Steak nicht, sie bergen aber dennoch ein Risiko. Dazu haben wir einen Experten befragt Die Steaks eines Anbieters waren auffällig mit Verderbniskeimen belastet. Die Menge ist gesundheitlich zwar unbedenklich, kann aber auf Schwächen im Hygienemanagement hindeuten. Auch bei der Verkostung des Fleischs sind uns Unterschiede in puncto Geschmack und Konsistenz aufgefallen.
Schweinefleisch. Einige Fakten
6 Monate
alt sind viele Tiere beim Schlachten. Sie könnten etwa 10 Jahre leben.
34 kg
Schweinefleisch aßen die Menschen in Deutschland 2019 im Schnitt pro Kopf.
55 Millionen
Schweine wurden 2019 in Deutschland geschlachtet, pro Tag fast 151 000.
95 Kilogramm
beträgt das Schlachtgewicht eines Mastschweins im Schnitt.
45 Prozent
des bei uns erzeugten Schweinefleischs ging 2018 in den Export, vorrangig nach Italien und China.
1 Prozent
der Mastschweine in Deutschland sind Bioschweine.
Quellen: Bundesinformationszentrum Landwirtschaft, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Statistisches Bundesamt, Thünen-Institut, Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft
Prekäre Arbeitsbedingungen für Schlachthofarbeiter
Für unseren CSR-Test zeigten uns zwölf Landwirte ihre Ställe und sieben Schlachthöfe ihre Produktion. Darunter war auch das Hauptwerk von Branchenprimus Tönnies in Rheda-Wiedenbrück, wo täglich 20 000 Schweine geschlachtet werden. Die Recherche ergab: Die Fleischproduzenten schieben die soziale Verantwortung oft an Subunternehmer ab. Nur ein Schlachthof im Test arbeitet schon heute mit fest angestellten Arbeitern und stellt zudem Wohnungen zur Verfügung. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen ab 1. Januar 2021 nur noch Arbeitnehmer des eigenen Betriebs schlachten und verarbeiten dürfen. Das wird die Strukturen der Branche stark verändern.
Edeka und Netto Marken-Discount mauern
Fast alle großen Handelsketten legten ihre Lieferanten offen. Doch ausgerechnet Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka verweigerte die Auskunft zu seinen Lieferanten und denen seiner Tochter Netto Marken-Discount. Das CSR-Urteil lautet in beiden Fällen: Mangelhaft. Anbieter Edeka lässt somit die Chance ungenutzt zu beweisen, wie er seine Marktmacht einsetzt.
Schweinenackensteaks im Test
- Testergebnisse für 15 Schweinnackensteaks und -koteletts 07/2020
- Alle Testergebnisse für Unternehmensverantwortung (CSR) bei Schweinefleisch 07/2020
Schweine fristen trostloses Dasein in engen Ställen
Das Leben vieler Mastschweine verläuft trostlos, wie unser Test zeigt. Die meisten Tiere verbringen ihr kurzes Leben in geschlossenen Ställen mit kleinen Fenstern. Viele Anbieter geben sich damit zufrieden. Ihre Lieferanten müssen kaum mehr als den mageren gesetzlichen Standard einhalten. Der besagt: Für ein Schwein bis 110 Kilo reichen 0,75 Quadratmeter im Stall, Zugang zu Frischluft braucht es nicht. Noch immer sind das Kupieren der Schwänze und das betäubungslose Kastrieren männlicher Ferkel nicht gänzlich verboten. Verbraucher, denen das Tierwohl am Herzen liegt, sollten Fleisch von Tieren bevorzugen, die Zugang zu Frischluft, viel Bewegungsfreiheit und Beschäftigungsmaterial wie Heu hatten (Tierwohl-Label).
Unsere Prüfkriterien: Eine Auswahl
Tierwohl: Wie leben Schweine während der Mast? Liegen sie auf Beton oder Stroh? Kommen sie an die frische Luft? Was fordern Anbieter von ihren Lieferanten? Nehmen sie Einfluss auf die Haltung? Wie wird das Leid der Tiere beim Schlachten gemindert?
Arbeitsbedingungen: Welche Verträge handeln Schlachtbetriebe mit Subunternehmern aus, um an Arbeitskräfte zu kommen? Was verdienen die Arbeiter? Sind Überstunden ein Problem?
Umweltschutz: Arbeiten Betriebe umweltfreundlich? Werden Maßnahmen umgesetzt, die zum Schutz der Umwelt, zur Einsparung von Energie und CO2 beitragen?
Haltungsform der Schweine: Einstreu kann etwa Stroh, Holzspäne, Sand oder Torf sein. Offenfrontstall heißt: Eine Stallseite ist offen. Spaltenböden sind harte Böden aus Beton mit Öffnungen für die Exkremente. Außenklima heißt, die Tiere können sich an der frischen Luft aufhalten.
Tipp: Wir haben auch Hähnchenfleisch getestet. Wie es da um Fleischqualität und Haltungsbedingungen steht, zeigt unser Hähnchenschenkel-Test.
Schweinenackensteaks im Test
- Testergebnisse für 15 Schweinnackensteaks und -koteletts 07/2020
- Alle Testergebnisse für Unternehmensverantwortung (CSR) bei Schweinefleisch 07/2020
-
- Lebensmittel sind teurer geworden – und landen dennoch jenseits des Haltbarkeitsdatums oft im Müll. Wer prüft, was noch genießbar ist, spart Ressourcen und Geld.
-
- Der Klassiker aus den USA gart traditionell bis zu einen Tag im Grillrohr. Wir schmoren das Fleisch einfach acht bis elf Stunden im Backofen. „Süße und salzige Zutaten...
-
- Ob Schokolade, Orangensaft oder Fischstäbchen – schmecken soll es. Das ist eines der wichtigsten Kriterien für ein Lebensmittel. Seine Qualität lässt sich also nur...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@AchimFr1: Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir uns mit dem Label "Glücksatt" bisher weder im Rahmen von Untersuchungen noch redaktionell befasst haben, so dass wir Ihnen keine Informationen zur Verfügung stellen können. Wir bedauern, Ihnen in diesem Fall nicht behilflich sein zu. (cr)
Unser Edeka-Wez wirbt mit "Glücksatt". Dieses Label wird gar nicht erwähnt. Die Entscheidung, ob die Eigendarstellungen in Ordnung sind, bleibt schwierig. Können Sie eine Vergleichstabelle bitte erstellen oder empfehlen? Besten Dank.
Sehr ärgerlich - leider lesen viele nur die Überschriften, wie heute in DER SPIEGEL online: "Auf die vorderen Plätze haben es viele günstige Steaks geschafft" und darunter: "Die Stiftung Warentest hat 15 Schweinenackensteaks und Koteletts getestet - mit einem überraschenden Ergebnis. Nicole Merbach erklärt die Hintergründe."
Nun lehnen sich viele Leser zurück und sagen sich, also doch kein Problem, bei ALDI und Co. einzukaufen. Dabei müsste das Motto lauten: Alles gegen Massentierhaltung, gegen Unmengen an Fleischkonsum und gegen die Vergüllung unseres Trinkwassers und die Verpestung unserer Atemluft durch mittelalterliche Fäkalienentsorgung!
Die übrige Industrie hat seit Jahrzehnten strenge Auflagen für die Entsorgung giftiger Produkte in die Umwelt, die Agrarindustrie darf dank der verfassungswidrigen Lobbyarbeit der eigentlich dem Wohl des Volkes verpflichteten Ministerien weiterhin nach Standards der dritten Welt ihre Produktionsabfälle ungefiltert in die Umwelt entlassen. Pfui!
@marcovn: Danke für Ihren kritischen Hinweis. Es ist richtig: Es muss davon ausgegangen werden, dass die Schweine – während sie meist in einem Paternoster in eine Art CO2-Grube fahren – an starker Atemnot leiden und dabei womöglich auch ersticken. Diese Art der Betäubung ist sehr verbreitet und soll sicherstellen, dass das Tier nicht erwacht, bevor es durch einen Stich in die Halsschlagader endgültig stirbt. Unsere Recherchen ergaben, dass die Branche an alternativen Betäubungsformen forscht,
etwa mit Edelgasen wie Helium und Argon. Diese haben sich aber nicht als besser erwiesen. Leider war im Artikel, der viele Aspekte zur Sprache bringen musste, kein Platz, um diesen Punkt weiter auszuführen. (nm/cr)
Sie schreiben, daß die Tiere vor der Tötung mit Kohlendioxid betäubt werden. Das ist zwar richtig, aber gleicht einem Erstickungstod, da der Körper nicht auf zu wenig Sauerstoff sondern auf zuviel CO2 die Atmung reguliert. Im Prinzip gleicht das dem Mund und Nase zuhalten beim Menschen, der dann nach Luft ringt und zappelt, bis er bewustlos wird.
Wie grauenvoll es den Schweinen dabei geht kann man sich auf Youtube ansehen.
Alternativ könnte man Heluim statt CO2 einsetzen, was aber teuerer ist.
Meiner Meinung nach hätte man im Artikel über das Tierwohl beim Thema Betäubung darauf eingehen müssen.