Schwangerschaft Der richtige Sport schützt vor zu starker Zunahme

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Moderates Kraft-Training, Schwimmen, Tanzen, Walken – wenn werdende Mütter ein paar Mal in der Woche Sport treiben, legen sie nicht über­mäßig an Gewicht zu. Das nutzt der Mutter und dem Baby. Bei unkomplizierter Schwangerschaft brauchen sich Frauen nicht zu sorgen, dass angepasstes Training das Risiko einer Früh­geburt oder eines unterge­wichtiges Kind erhöht. test.de informiert über neue Studien­ergeb­nisse und gibt zehn Tipps für den Sport in der Schwangerschaft.

Überge­wichtige Mutter, überge­wichtiges Kind

Kinder von überge­wichtigen Müttern wiegen häufig bei der Geburt zu viel und kämpfen später selbst mit zu viel Pfunden. Die Probleme bahnen sich schon in der Schwangerschaft an. Wissenschaftler raten werdenden Müttern daher, nicht über­mäßig an Gewicht zuzu­legen. Sport kann dabei helfen, wie eine Zusammenfassung aller Studien zu diesem Thema aus der renommierten Medizin­schrift Jama belegt. Schon einige Trainings­einheiten pro Woche können vor unver­hält­nismäßiger Zunahme bewahren. Es deutet zudem Einiges darauf hin, dass der Sport sich auch positiv auswirkt bei Frauen mit Schwanger­schafts­diabetes, Schmerzen im Rücken oder Becken­bereich sowie Inkontinenz.

So viel sollten Schwangere an Gewicht zulegen

Schwangere können sich informieren, welche Gewichts­zunahme für sie ideal ist. Sie hängt vom Body-Mass-Index (BMI) vor der Schwangerschaft ab. Der BMI errechnet sich durch die Formel „Gewicht geteilt durch Körpergröße in Meter zum Quadrat“.

Unterge­wichtige. Unterge­wichtige mit einem BMI von unter 18,5 sollten 12,2 bis 18 Kilogramm zunehmen.

Normalgewichtige. Bei Normalgewichtigen mit einem BMI von 18,5 bis 24,9 sind es etwas weniger: 11,5 bis 16 Kilogramm.

Überge­wichtige. Überge­wichtige mit einem BMI von 25 bis 29,9 sollten nur 7 bis 11,5 Kilogramm zulegen, Frauen mit Adipositas nicht mehr als 5 bis 9 Kilogramm.

Die Empfehlungen stammen aus der interna­tional anerkannten Leitlinie für die Gewichtszunahme in der Schwangerschaft des Institute of Medicine in den USA.

Kein erhöhtes Früh­geburts­risiko bei Gesunden

Die Studien­ergeb­nisse entkräften zudem die noch immer weit verbreitete Sorge, dass Sport auch bei gesunden Schwangeren das Risiko für eine Früh­geburt oder ein unterge­wichtiges Neugeborenes erhöhen könnte. An der Studie nahmen mehr als 2 000 Schwangere mit unkomplizierter Einlings-Schwangerschaft und Normalgeweicht teil, die über mehrere Wochen jeweils an drei bis vier Tagen 35 bis 90 Minuten moderat trainiert hatten. Sie machten dabei ein Ausdauer- und Kraft­training. Es zeigte sich, dass es bei ihnen deshalb nicht häufiger zu vorzeitigen Nieder­künften kam als allgemein üblich.

Auch Sport­muffel profitieren

Die Ergeb­nisse einer weiteren Studie dürfte Sport­muffel ermuntern, in der Schwangerschaft endlich mit dem Training zu beginnen. Die Teilnehme­rinnen – alle zunächst sport­lich wenig inaktiv – absol­vierten dreimal pro Woche jeweils 55 Minuten lang eine Kombination von Kraft­übungen und Tanzen. Am Ende stellte sich heraus, dass auch diese Frauen über­wiegend nur im empfohlenen Rahmen an Gewicht zugelegt hatten und der Sport die Anzahl an Früh­geburten nicht erhöhte. Das Gleiche stellten Wissenschaftler auch fest bei Frauen mit chro­nischem Blut­hoch­druck, Schwanger­schafts­diabetes oder starkem Überge­wicht.

Kein Training bei Komplikationen

Einige Schwangere dürfen allerdings keinen Sport treiben – etwa diejenigen, die an schweren Erkrankungen von Herz und Lunge leiden. Anstrengung ist auch nicht erlaubt bei Schwanger­schafts­komplikationen wie Blut­armut, Gebärmutterhals­schwäche, Blutungen im zweiten oder dritten Schwanger­schafts­drittel, falscher Lage der Plazenta (Plazenta praevia) oder bei Präeklampsie. Bei diesem Leiden kommt es zu gefähr­lich hohem Blut­hoch­druck und Wasser­einlagerungen.

Zehn Sport­tipps für Schwangere

Tipp 1: Mehr­mals pro Woche trainieren. Bewegen Sie sich während der gesamten Schwangerschaft möglichst an den meisten Tagen der Woche – jeweils mindestens 20 Minuten lang. Trainieren Sie aber nicht bei Hitze und hoher Luft­feuchtig­keit, das belastet den Kreis­lauf zu stark.

Tipp 2: Richtige Sport­arten auswählen. Walking, Tanzen, Schwimmen oder Radfahren sind gute Ausdauer­sport­arten während der Schwangerschaft. Fürs Kraft­training empfehlen sich Übungen, die auf große Muskel­gruppen zielen – mit Widerstands­bändern oder leichten bis mitt­leren Gewichten. Zum Beispiel können Sie 1 bis 3 Kilogramm schwere Hanteln zehn bis 15 Mal hinter­einander bewegen.

Tipp 3: Riskante Sport­arten meiden. Verzichten Sie auf Sport­arten mit hohem Sturzrisiko wie Inline-Skaten oder mit hohem Belastungs­level wie Hot Yoga und Marathonläufe. Auch Tauchen und Kampf­sport­arten bergen Gefahren für das Neugeborene.

Tipp 4: Nicht zu viel zumuten. So lange Sie sich noch unterhalten können, brauchen Sie keine Über­beanspruchung zu fürchten. Sie sollten das Training höchs­tens als „etwas anstrengend“ empfinden, möglichst nicht als „anstrengend“, „sehr schwer“ oder „sehr, sehr schwer“ – diese Einstufung richtet sich nach der sogenannten Borg-Skala.

Tipp 5: Die Anstrengung messen. Sie können Ihr Anstrengungs­level auch in maximaler Herz­frequenz messen – mit tech­nischen Hilfs­mitteln wie Fitnessarmbändern, test 1/2016oder manuell: Dafür den Puls auf der Innenseite des Hand­gelenks unter dem Daumen­ansatz finden. Zeige- und Mittel­finger anlegen. Die Anzahl der Puls­schläge in 15 Sekunden zählen, den Wert mit vier multiplizieren. Diese Zahl wiederum mit Ihrer persönlichen maximalen Herz­frequenz abgleichen – die ergibt sich aus der Formel „220 minus Lebens­alter in Jahren“. Bei moderaten Training sollte die maximale Herz­frequenz bei 60 bis 80 Prozent liegen. Vermeiden Sie Anstrengungen, bei denen die maximale Herz­frequenz bei mehr als 80 Prozent beträgt. Dann steigt das Risiko für Über­hitzung und Austrock­nung. Zudem brauchen die Muskeln viel Blut, schlimms­tenfalls wird die Plazenta nicht richtig versorgt.

Tipp 6: Abbrechen. Stoppen Sie das Training sofort bei Unwohl­sein, Benommenheit, Kopf- und Brust­schmerzen, Waden­schmerzen, Atemnot, Schwindel oder Schwel­lungen sowie bei schmerzhaften oder häufigen Kontraktionen und bei Symptomen wie vaginalen Blutungen oder Flüssig­keits­austritt.

Tipp 7: Atem- und Bauchmuskeln nicht stark anspannen. Verzichten Sie auf Kraft­übungen, bei denen Sie Druck auf die Atem- oder Bauchmuskulatur ausüben – zum Beispiel Sit-Ups oder Valsalva-Manöver, bei denen man mit zugehaltener Nase und geschlossenem Mund Druck aufbaut. Der Blutfluss durch die Plazenta könnte sich verringern und so die Herz­frequenz des Kindes. Auch der Beckenboden kann leiden.

Tipp 8: Auf isome­trische Übungen verzichten. Machen Sie keine ausgedehnten isome­trischen Übungen, bei denen statisch Druck oder Zug auf die Muskeln ausgeübt wird.

Tipp 9: Nicht lange auf dem Rücken liegen bei fort­geschrittener Schwangerschaft. Ab dem zweiten Schwanger­schafts­drittel sollten Sie ausgedehnte Übungen in Rückenlage meiden. Die Gebärmutter übt dann großen Druck auf die Bauch­aorta aus, wodurch der Blut­druck absinken und sich der Blut­strom zum Ungeboren verringern kann.

Tipp 10: Yoga fürs Seelische treiben. Yoga beugt zwar nicht der über­mäßigen Gewichts­zunahme vor, scheint aber das seelische Wohl­befinden von Schwangeren sowie Schmerzen verbessern zu können.

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Thorsten.Maverick am 15.08.2017 um 11:03 Uhr
Asiatische Hocke

Die Schwangere sollte am besten noch vor der Schwangerschaft die asiatische Hocke trainieren. Mal abgesehen von der Verbesserung der Körperhaltung und der Entlastung des Rückens, ist das nicht nur die optimale Position für den Stuhlgang sondern auch für die Geburt. Der Geburtskanal wird maximal geweitet und die Geburt durch die Schwerkraft/Gravitation unterstützt. Dazu gibt es Bücher von Prof. Schnack. EIne Suche im WWW hilft aber auch schon weiter.