Schwäbisch Hall Treue­prämie kommt oft doch noch

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Schwäbisch Hall - Treue­prämie kommt oft doch noch

Treue­prämie. Immer wieder verweigert Schwäbisch Hall ihre Zahlung. Doch immer öfter können Bausparer und Bauspare­rinnen sie doch noch durch­setzen. © Getty Images / italianestro

Etliche Schwäbisch Hall-Bausparer bekommen zunächst keine Treue­prämie. Immer öfter zahlt die Bausparkasse sie später doch noch. test.de erklärt, was zu beachten ist.

Über­blick und aktueller Stand

  • Die Schwäbisch Hall-Treue­prämie bringt je nach Vertrag oft Beträge um 1 000 Euro. Im Einzel­fall fällt sie aber auch fünf­stel­lig aus.
  • Die Treue­prämie hängt von komplizierten Voraus­setzungen ab. Mancher Kunde verpasst die Frist für die nötigen Anträge. Grund oft: Die Nach­richten der Bausparkasse kommen nicht an. Zur Verweigerung ist Schwäbisch Hall nur berechtigt, wenn sie nach­weisen kann, dass sie ihre Kundinnen und Kunden recht­zeitig und korrekt informiert hat. Zuletzt hat die Bausparkasse die Treue­prämie oft doch noch gezahlt, wenn Bausparer und Bauspare­rinnen auf ihr Recht bestanden haben, berichten Rechts­anwälte und Verbraucherschützer.
  • Empfehlungen des Ombuds­manns beachtet Schwäbisch Hall nicht unbe­dingt. Im Fall eines bereits im Herbst 2003 geschlossenen Bauspar­vertrags bleibt die Bausparkasse dabei: Die Kündigung des Vertrags wegen zu geringer Einzahlungen im September 2021 ist wirk­sam, obwohl der Kunde von Anfang an weniger zahlte und der Ombuds­mann Bernd Müller-Christmann die Kündigung deshalb für rechts­miss­bräuchlich hält. Die Sprüche des Ombuds­mann seien nicht bindend, erklärte eine Schwäbisch Hall-Sprecher test.de gegen­über.

Wahl­recht unter Voraus­setzungen

Die Schwäbisch Hall-Treue­prämie kommt nicht auto­matisch. Sie hängt von etlichen Voraus­setzungen ab – die wichtigsten:

  • Mindest­spar­zeit. Die Bausparerin oder der Bausparer hat mindestens sieben Jahre lang Bausparraten gezahlt.
  • Mindest­guthaben. Das Bauspar­guthaben muss einen Mindest­anteil an der Bausparsumme (im Tarif XM beispiels­weise: 25 Prozent) erreicht haben.
  • Antrag auf Zuteilung. Der Bausparkasse muss der Antrag auf Zuteilung des Bauspardarlehens vorliegen.
  • Wahl der Treue­prämie. Bausparer und Bauspare­rinnen müssen ihr Recht auf Wahl der Treue­prämie ausgeübt haben, und es muss anschließend ein Jahr Treue­zeit vergangen sein.
  • Verzicht auf Bauspardarlehen. Er oder sie haben auf das Bauspardarlehen verzichtet.
  • Kein Vertrags­ende. Das Recht auf die Treue­prämie erlischt, wenn Bausparkasse den Vertrag nach Ablauf von zehn oder mehr Jahren ab Zuteilungs­reife oder wegen ausgebliebener Mindest­einzahlungen gekündigt hat und die Kündigung wirk­sam geworden ist. Bei Kündigungen wegen Ablaufs der zehn Jahre ab Zuteilungs­reife muss dazu die sechs­monatige Kündigungs­frist abge­laufen sein.
  • Über­sparung. Schwäbisch Hall ist zudem der Auffassung: Die Treue­prämie ist ausgeschlossen, wenn das Bauspar­guthaben die Bausparsumme erreicht. Rechts­anwälte und Verbraucherschützer glauben: Bauspare­rinnen und Bausparer haben ein Recht auf Mehr­zuteilung eines Darlehens und die Treue­prämie ist deshalb auch über die so genannte Voll­besparung hinaus drin. Hinzu kommt noch: Bei der Ermitt­lung des Guthabens darf die Bausparkasse nur Zinsen berück­sichtigen, die – regel­mäßig erst am Jahres­ende – dem Bauspar­konto gut geschrieben sind.

Kunden ohne Durch­blick

Schwäbisch Hall-Kundinnen und Kunden blicken oft nicht richtig durch. Daran ist die Bausparkasse nicht ganz unschuldig. Schon das erste Schreiben, mit dem das Unternehmen bei Zuteilungs­reife über die Treue­option informierte, barg die Gefahr, dass Kunden die Wahl aufschieben und am Ende den richtigen Zeit­punkt verpassen. So schrieb die Kasse: „Steht für Sie das Bauspardarlehen im Vordergrund, oder sind Ihre Pläne noch unbe­stimmt? Dann empfiehlt es sich, jetzt noch keine Erklärung abzu­geben.(…) Falls Sie sich erst zu einem späteren Zeit­punkt für die Treue­option entscheiden möchten, ist dies möglich. Alles Weitere regeln wir dann für Sie.“ Vor allem fleißige Bausparer liefen so Gefahr, ihre Prämie zu verlieren. Erreicht das Bauspar­guthaben nämlich die vereinbarte Bausparsumme, dann ist die Prämie nach Auffassung der Bausparkasse weg. Die Prämie ist auch weg, wenn die Bausparkasse den Vertrag kündigt. Dazu sieht sie sich berechtigt, wenn nach Zuteilungs­reife zehn Jahre vergangen sind oder Bausparer die Regelsparraten nicht einzahlen.

Nach­richten ohne Abruf

Zusätzliches Problem: Schwäbisch Hall informiert ihre Kundinnen und Kunden über ein Online-Post­fach. Um die Informationen zu lesen, müssen sie sich auf schwaebisch-hall.de einloggen. Eigentlich schickt die Bausparkasse dem jeweiligen Kunden immer auch eine E-Mail mit einem Hinweis darauf, dass eine neue Nach­richt im Post­fach liegt. Doch diese E-Mail geht oft entweder verloren oder bleibt sonst ungelesen. Etliche Schwäbisch Hall-Kundinnen und Kunden versichern jedenfalls: Sie haben keine E-Mail gesehen und wussten nichts von der neuen Nach­richt im Post­fach. Die Folge: Sie versäumen es, fehlende Einzahlungen nach­zuholen, verpassen die Zehn­jahres­frist bis zur Kündigung oder zahlen so viel ein, dass ihr Guthaben die Bausparsumme erreicht. Nach Auffassung der Bausparkasse ist die Treue­prämie dann verloren.

Widerstand lohnt

Rechts­anwalt Simon Bender aus Ober­ursel und sein Kollege Andreas Mayer aus Freiburg berichten: Oft gelingt es, die Bausparkasse doch noch zur Zahlung der Treue­prämie oder jedenfalls eines großen Teils davon zu bewegen. Recht­licher Hintergrund: Das Unternehmen ist in der Pflicht, ihre Kundinnen und Kunden recht­zeitig und korrekt zu informieren. Im Zweifel muss das Unternehmen nach­weisen, dass die Informationen beim Kunden ange­kommen sind. Es reicht nicht aus, wenn es dokumentieren kann, dass die Nach­richt ins Post­fach kam und der E-Mail-Hinweis dazu abge­schickt wurde. Fest­stehen muss, dass Kundinnen und Kunden die Nach­richt erhalten haben. Das nach­zuweisen ist schwierig und dürfte Schwäbisch Hall oft nicht gelingen.

Beratung mit Mängeln

Auch Bauspare­rinnen und Bausparer, die über ihre Volks- oder Raiff­eisen­bank bei der Schwäbisch Hall gelandet sind, berichten immer wieder: Sie haben die nötigen Hinweise zur Treue­prämie nicht erhalten und deshalb nicht recht­zeitig reagiert. Die Berater in den Bank­filialen wissen oft nicht genau genug über die Bauspar­verträge Bescheid, glaubt Rechts­anwalt Andreas Mayer aus Freiburg. Kompliziert genug sind sie tatsäch­lich.

Zweifel an Bedingungen

Noch dazu könnten zentrale Schwäbisch Hall-Bedingungen unwirk­sam sein. Die Rechts­anwälte Simon Bender und Andreas Mayer halten vor allem die komplizierte Regelung zur Treue­prämie für intrans­parent und damit unwirk­sam.

Schlichter sieht Bausparer oft im Recht

Rechts­anwalt Andreas Mayer berichtet: Die für Schwäbisch Hall zuständigen Ombuds­leute sehen Bausparer oft im Recht. So ist ihrer Meinung nach eine Kündigung über das Online-Post­fach der Kunden nur wirk­sam, wenn die Bausparkasse darlegen und beweisen kann, dass die E-Mail mit der Benach­richtigung über das neue Schreiben beim Kunden auch wirk­lich ange­kommen ist. Wenn Kunden über Jahre anstands­los weniger als den Regelsparbeitrag gezahlt haben, dürfe Schwäbisch Hall diesen jetzt nicht mehr nach­fordern. Die Bausparkasse haftet für falsche Beratung in Volks­bank-Filialen und muss die Treue­prämie doch noch zahlen, wenn Bausparer sie in Folge von Beratungs­fehlern nicht mehr bekommen können. Schließ­lich ist Schwäbisch Hall erst zehn Jahre nach dem Zuteilungs­termin und nicht bereits nach dem Bewertungs­stichtag berechtigt, den Bauspar­vertrag zu kündigen und damit die Zahlung der Treue­prämie zu verhindern. Auch wenn die Schlichtung für die Bausparkasse nicht verbindlich ist: Zuletzt habe Schwäbisch Hall sie letzt­lich oft akzeptiert oder zumindest einen Vergleich angeboten, berichtet Mayer.

So retten Sie Ihre Treue­prämie

So verhalten Sie sich richtig, wenn Sie mit der Treue­prämie rechnen und statt­dessen die Kündigung kommt oder die Bausparkasse sie aus einem anderen Grund verweigert:

  • Tempo. Prüfen Sie sofort, was geschehen ist. Es eilt; sofern Sie einzelne Schritte versäumt haben, müssen Sie sie so schnell wie möglich nach­holen, um keine Chancen zu verlieren.
  • Nach­frage. Fragen Sie im Zweifel nach, warum die Bausparkasse Ihnen gekündigt hat oder aus welchem Grund sie sonst die Treue­prämie verweigert.
  • Nach­holung. Sofern Sie die Einzahlung von Regelsparraten, die Wahl der Treue­prämie, den Antrag auf Zuteilung und/oder den Verzicht auf das Bauspardarlehen versäumt haben: Holen Sie es unver­züglich nach.
  • Wieder­holung. Sofern Ihr Antrag auf Zuteilung und/oder der Verzicht auf das Bauspardarlehen der Bausparkasse nicht vorliegen: Wieder­holen Sie die Erklärung vorsorglich sofort und schauen Sie, ob Sie den Versand oder die Abgabe Ihrer ursprüng­lichen Erklärung dokumentiert haben und Sie so den Zugang bei Schwäbisch Hall vielleicht nach­weisen können. Helfen kann der Einlieferungs­beleg für den Brief mit dem Schreiben oder auch die Aussage eines Menschen, der bei Abgabe der Erklärung in einer Bausparkassen- oder Bank­filiale dabei war.
  • Über­sparung. Akzeptieren Sie es nicht, wenn die Bausparkasse die Treue­prämie verweigert, weil das Bauspar­guthaben die Bausparsumme erreicht ist. Sie haben – zumindest nach Ansicht von Verbraucher­anwälten – ein Recht auf eine so genannte Mehr­zuteilung und Ihnen steht deshalb die Treue­prämie oft doch noch zu.
  • Vertrags­ende. Prüfen Sie, ob und wann Ihnen die Kündigung Ihres Bauspar­vertrags zugegangen ist, wenn Schwäbisch Hall die Treue­prämie wegen bereits beendetem Vertrags verweigert. Berück­sichtigen Sie: Die Bausparkasse ist frühs­tens zehn Jahre nach Zuteilungs­reife berechtigt, den Vertrag zu kündigen. Die Kündigung ist nur wirk­sam, wenn die Bausparkasse dazu berechtigt war und Ihnen die Kündigungs­erklärung zugegangen ist.
  • Prüfung. Prüfen Sie, ob Sie die zur Ausübung der Treue­option nötigen Nach­richten recht­zeitig erhalten haben und Sie erkennen konnten, was Sie noch tun mussten, um die Treue­prämie zu erhalten.
  • Forderung. Bestehen Sie auf der Zahlung der Treue­prämie, wenn Sie sich selbst kein Versäumnis vorzuwerfen haben. Weisen Sie gegebenenfalls darauf hin, dass Sie mit Wahl der Treue­option bereits zum Ausdruck gebracht haben, dass Sie auf das zuteilungs­reife Bauspardarlehen verzichten wollten. Kündigen Sie an, dass Sie die zuständige Schlichtungs­stelle oder einen Rechts­anwalt einschalten, wenn die Bausparkasse die Treue­prämie nicht inner­halb von drei Wochen doch noch zahlt. Achten Sie darauf, dass Sie den Zugang dieses Forderungs­schreibens bei der Bausparkasse nach­weisen können.
  • Durch­setzung. Wenn Schwäbisch Hall die Treue­prämie weiter verweigert, können Sie sich bei der Schlichtungsstelle der privaten Bausparkassen beschweren oder gleich einen Rechts­anwalt einschalten. Vorteil des Schlichtungs­verfahrens: Es ist kostenlos und erfordert nur geringen Aufwand. Nachteil: Die Entscheidung ist für die Bausparkasse unver­bindlich. Es kann sein, dass Schwäbisch Hall sich weiter weigert, auch wenn ihr die Schlichtungs­stelle empfiehlt, die Treue­prämie doch zu zahlen. Vorteil der Einschaltung eines Rechts­anwalts: Er wird das Recht seines Mandanten nach besten Wissen und Gewissen konsequent durch­setzen. Unter­laufen ihm Fehler, gleicht seine Haft­pflicht­versicherung dadurch entstehende Schäden aus. Wenn Sie rechts­schutz­versichert sind, zahlt diese den Rechts­anwalt. Ohne Rechts­schutz­versicherung müssen Sie in der Regel zumindest einen Teil des Honorars gleich bei Auftrags­er­teilung zahlen. Wenn Schwäbisch Hall am Ende zur Treue­prämie verpflichtet ist, hat Ihnen die Bausparkasse auch die Kosten für Ihren Anwalt zu erstatten.
  • Anwalts­suche. Suchen Sie nach einem Rechts­anwalt, der Erfolge im Streit um Schwäbisch Hall-Treue­prämien nach­weisen kann. Rechts­anwälte, die noch keine solchen Erfahrungen haben, werden das Mandat ohnehin oft ablehnen. Für einen Fall lohnt es sich für sie nicht, sich in die komplizierte Materie einzuarbeiten. test.de nennt Anwälte, die von Schwäbisch Hall verweigerte Treue­prämien bereits durch­gesetzt haben:
    Rechtsanwalt Simon Bender, Oberursel
    Rechtsanwalt Andreas Mayer, Freiburg
     
    Weitere Rechts­anwälte: Bitte melden! Wir nennen alle Rechts­anwälte, die gegen Schwäbisch Hall in mindestens einem Fall die ursprüng­lich verweigerte Zahlung einer Treue­prämie durch­gesetzt haben.

Einzel­fälle

test.de listet Einzel­fälle auf, in denen Schwäbisch Hall zunächst verweigerte Treue­prämien doch noch gezahlt hat oder dazu verurteilt wurde.

Land­gericht Heilbronn, Hinweis vom 11.04.2022
Aktenzeichen: Bi 6 O 183/21
Bausparer­anwalt: Simon Bender, Oberursel
Im Streit um eine Treue­prämie teilte der für die Entscheidung zuständige Einzel­richter Uwe Bienas mit: Die Kammer diskutiere darüber, ob die Regelung zur Treue­prämie in den Schwäbisch Hall-Bedingungen intrans­parent und damit unwirk­sam sei. Die Bausparkasse schloss darauf hin einen Vergleich mit den Klägern und zahlte einen Teil der Treue­prämie doch noch.

Außerge­richt­liches Einlenken
im Streit um Treue­prämie
Bausparer­anwalt: Simon Bender, Oberursel
Schwäbisch Hall hatte den Bauspar­vertrag gekündigt. Die Kundin habe trotz Aufforderung zur Nach­zahlung ihre Regelsparbeiträge nicht gezahlt, erklärte die Bausparkasse. Dieses Schreiben habe sie nicht erhalten, erklärte die Bausparerin. Die Verbraucherzentrale Baden-Württem­berg forderte Schwäbisch Hall noch ergeb­nislos auf, die Treue­prämie zu zahlen. Das Schreiben mit der Kündigungs­drohung sei nicht zugegangen. Nachdem die Kundin Rechts­anwalt Simon Bender einge­schaltet hatte, zahlte die Kasse die Treue­prämie doch noch.

Außerge­richt­liches Einlenken
im Streit um Kündigung
Bausparer­anwalt: Simon Bender, Ober­ursel
Schwäbisch Hall berief sich zunächst auf die Beendigung des Vertrags nach Kündigung. Die Bausparkasse hatte behauptet, sie habe über das Online-Post­fach des Kunden die Nach­zahlung von Regelsparbeiträgen gefordert. Als die ausblieb, kündigte sie dem Kunden. Nachdem der Bausparer Rechts­anwalt Simon Bender einge­schaltet hatte, schrieb Schwäbisch Hall an den Rechts­anwalt: „In dem besonderen Einzel­fall Ihres Mandanten halten wir an unserer Kündung (...) nicht fest.“ Der Bausparer kann den Vertrag jetzt fortsetzen.

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