
Schulnoten sind ein häufiges Streitthema zwischen Eltern und Lehrern – vor allem, wenn Sie über den Übergang auf eine bestimmte Schulform entscheiden. Was Eltern tun können, wenn sie eine Schulnote für nicht gerechtfertigt halten, erklärt die auf Schulrecht spezialisierte Anwältin Simone Pietsch.
Die Halbjahreszeugnisse stehen an. Was können Eltern machen, wenn sie eine Zensur nicht für gerechtfertigt halten?
Simone Pietsch: Am wichtigsten ist, erst einmal mit dem Lehrer zu reden. Denn eine Zeugnisnote ist eine subjektive Wahrnehmung. Ihre Vergabe ist nicht in jedem Fall eine Einzelbewertung, sondern spiegelt auch einen Vergleich innerhalb der Klasse wider. Viele Kinder verhalten sich außerdem zuhause komplett anders als in der Schule. Nach einem Gespräch mit dem Lehrer klärt sich schon vieles. Eltern sollten auch nur dann gegen Noten vorgehen, wenn das Kind zustimmt. Die gerichtliche Durchsetzung ist immer der letzte Weg.
Lassen sich denn Zeugnisnoten überhaupt anfechten?
Ja, die Bedeutung des Zeugnisses muss aber erheblich für die weitere Schullaufbahn sein. Das Halbjahreszeugnis ist zwar nicht versetzungsrelevant. Trotzdem ist es anfechtbar, weil auch die Halbjahresnoten in die Jahresendzeugnisse, die es im Sommer gibt, einfließen. Wer schon im Halbjahreszeugnis eine Fünf hat, braucht mindestens eine Drei zum Ausgleichen. Grundsätzlich gilt, wenn Noten „Türen“ schließen, ist ihre Bedeutung erheblich. Dies gilt auch für eine Drei, die nach der Grundschule den Wechsel auf das Gymnasium verhindert.
Welches Vorgehen raten Sie Eltern?
Zunächst sollten sie in Erfahrung bringen, wie sich eine Note zusammensetzt. Wie hoch ist der mündliche Anteil bei der Bewertung? In welchem Umfang fließen Referate in die Note ein? Welche Gewichtung haben Tests im Vergleich zu Klassenarbeiten? Die Schulen müssen transparent machen, wie eine Note zustande kommt. Dies müssen sie auch dokumentieren, zum Beispiel in Protokollen der Fachkonferenz oder Zensurenkonferenz. Eltern sollten sich diese Protokolle vom Lehrer aushändigen lassen und auch die Notenaufstellung und Gewichtung im betreffenden Fach. Die Schulen sind übrigens dazu verpflichtet, diese Dokumente auszuhändigen.
Was machen Sie mit diesen Unterlagen?
Ich prüfe sie auf offensichtliche Fehler. Das können Additionsfehler sein oder Fehler bei der Gewichtung einzelner Notenbestandteile. In vielen Fällen haben die Lehrer Leistungen für Referate oder mündliche Mitarbeit nicht dokumentiert oder es gibt keine konkreten Beschlüsse, wie Leistungen bewertet werden. Die Note kann dann rechtswidrig zustande gekommen und anfechtbar sein.
Was passiert, wenn eine Note rechtswidrig zustande kam?
Es besteht ein Anspruch auf Neubewertung, der auch gerichtlich durchgesetzt werden kann. Bei offensichtlichen Fehlern reicht es oft, wenn sich die Eltern oder deren Anwalt mit der Schulleitung oder in manchen Bundesländern mit dem Schulamt in Verbindung setzen.
Wie gehen solche Verfahren aus?
Meistens werden sie außergerichtlich zugunsten der Schüler beigelegt. Bei mir gehen von ungefähr 100 Fällen 10 vor das Gericht.
Muss der Schüler Nachteile befürchten?
So ein Verfahren belastet die Schüler-Lehrer-Beziehung und sollte gut überlegt sein.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
Das Schulrecht unterscheidet sich in den verschiedenen Bundesländern teilweise deutlich. Pauschale Aussagen sind daher sehr problematisch. Z. B. "weil auch die Halbjahresnoten in die Jahresendzeugnisse, die es im Sommer gibt, einfließen. Wer schon im Halbjahreszeugnis eine Fünf hat, braucht mindestens eine Drei zum Ausgleichen." Dies gilt z. B. nicht an den Gymnasien in NRW! Einzige Ausnahme: Fächer, die im zweiten Halbjahr nicht mehr unterrichtet werden.