Schufa

Interview: Schlechtes Score kein Problem?

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Keine Einzelfallprüfung, Eigenauskünfte, die in den Score einfließen ­ das Scoring ist umstritten. Finanztest sprach darüber mit Wulf Bach, Geschäftsführer der Bundes-Schufa.

Typisch am Scoring ist der Rückschluss von einer Vergleichsgruppe auf den Einzelnen. Wie wollen Sie dabei Fehlern im Einzelfall vorbeugen?

Bach:

Das Scoring steht und fällt mit der Verwendung durch die Vertragspartner. Unsere Absprachen mit diesen besagen, dass der Score nie allein einer Kreditentscheidung zugrunde gelegt werden darf. Deshalb schulen wir jede Firma, die von uns Scorewerte beziehen will, zuvor mindestens zwei Tage lang, damit die Scores gewissenhaft ausgewertet und im Kundengespräch überprüft werden.

Stimmt es, dass eingeholte Eigenauskünfte in die Berechnung des jeweiligen Scores mit einfließen?

Bach:

Ja, das ist zum Beispiel bei der Berechnung des Scores für Handel und Versandhandel der Fall. Das hat aber auch seinen Grund (legt eine Statistik vor). Aus dieser Tabelle können Sie ersehen, wie bei den Kunden im Versandhandelsgeschäft mit der Anzahl der Eigenauskünfte auch das Ausfallrisiko erheblich gestiegen ist.

Aber wird mit der Einbeziehung der Eigenauskunft in den Score nicht das Recht auf Eigenauskunft verletzt?

Bach:

Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat wegen des von Ihnen genannten Falles (Michael Waigel* ­ d. R.) unsere Praxis kritisiert. Dieser Kritik würde ich zustimmen, wenn die Eigenauskünfte tatsächlich zum Zweck des Datenschutzes verwendet würden. Umfragen haben jedoch ergeben, dass 80 bis 95 Prozent der Anfragen nur kommerzielle Zwecke verfolgten, zum Beispiel als Sicherheit für Vermieter oder Arbeitgeber. Neue Wohnungen oder Jobs sind nun aber typischerweise mit erhöhten Aufwendungen und damit Risiken verbunden, die der Score richtig vorhersagt.

Was passiert nun aber mit dem, der wirklich nur eine "echte" Eigenauskunft eingeholt hat und dadurch einen schlechten Score erreicht?

Bach:

Wer im Versandhandel einen zu schlechten Score hat, muss nur per Nachnahme statt auf Rechnung zahlen. Bei Banken wird der Verweigerung von Krediten zumindest ein Gespräch vorausgehen, in dem Missverständnisse geklärt werden können.

Und bei Massengeschäften wie im Telekommunikationssektor?

Bach:

Da liegt das wahre Problem, denn dieser Bereich ist auf sehr schnelle Entscheidungen angewiesen und die treffen meist Mitarbeiter, die nicht unbedingt dafür ausgebildet sind, Bonitätsprognosen zu stellen.

Was raten Sie den Personen, die mit ihrem Score Probleme haben?

Bach:

Zunächst sollten sie von den jeweiligen Firmen den verwendeten Score verlangen. Dann sollten sie versuchen, die für sie sprechenden Fakten anzubringen, um so die negative Gruppenprognose des Scores zu entkräften. Nützt das auch nichts, können sich diese an die Schufa wenden, damit sie die der Scoreberechnung zugrunde liegenden Daten eventuell korrigiert und dann den Score neu berechnet. Oder der Score wird im Gespräch mit der jeweiligen Firma so erläutert, dass sich der Fehlschluss aufklärt.

Datenschützer zweifeln, ob das Scoring mit der bevorstehenden Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes vereinbar ist, weil Kreditentscheidungen daraufhin automatisch ergingen. Sehen Sie das auch so?

Bach:

Nein. Da das beschriebene Verfahren dem Bürger ein Widerspruchsrecht gegen automatisierte Entscheidungen gibt, steht es meines Erachtens im Einklang mit der EU-Datenschutzrichtlinie, die durch das Bundesdatenschutzgesetz umgesetzt wird.

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  • financeguru am 24.05.2013 um 19:10 Uhr

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