
Partner der DKB haben Anlegern Schrottimmobilien verkauft. Die Bank verspricht Hilfe für Härtefälle – doch einige müssen jahrelang kämpfen.
Heike und Wieland Tammer (Name von der Redaktion geändert) wissen nicht, wie sie von ihrem Schuldenberg herunterkommen sollen. Sie haben im Jahr 2009 eine Wohnung in Chemnitz gekauft. Die Kaufsumme in Höhe von 97 000 Euro haben sich die Tammers komplett bei der Deutschen Kreditbank (DKB) geliehen.
Als das Ehepaar aus Brandenburg merkte, dass es für die 67 Quadratmeter große Wohnung viel zu viel bezahlt hatte, war es zu spät. Der Kaufvertrag war vom Notar beurkundet und der Darlehensvertrag mit der DKB unterschrieben.
Die Mieteinnahmen betragen gerade einmal 223 Euro im Monat. Das reicht längst nicht für Zins und Tilgung, wie die Vermittler der Ortus AG versprochen hatten.
Das Ehepaar muss monatlich 394 Euro zuschießen. Inzwischen können die beiden das nicht mehr. Der Mann ist krank und hat nur noch einen kleinen Job.
DKB spricht von vielen Einigungen
Als Vermittler waren rund 90 Firmen unterwegs, die sich seit 2008 „Partner der DKB“ nennen durften und in Zusammenarbeit mit der Bank tausenden von Anlegern Immobilien weit über Wert verkauften – häufig als Steuersparmodell. Viele der Käufer stehen wie die Tammers vor dem Ruin, vor allem wenn zur Belastung durch die Schrottimmobilie noch Krankheit, Scheidung oder Arbeitslosigkeit kamen.
Die DKB hat besonders in solchen Härtefällen ausdrücklich Hilfe zugesagt: Die Bank strebe eine individuelle Lösung an, wenn ein Kunde in eine wirtschaftliche Notsituation gerät. „In mehr als 95 Prozent der Fälle, bei denen ein Vergleich angestrebt wurde, gelingt eine einvernehmliche Einigung“, sagt DKB-Pressesprecherin Frauke Plaß.
Finanztest kann allerdings nicht nachprüfen, in wie vielen Fällen die Parteien tatsächlich eine Einigung erzielt haben. Denn sobald eine außergerichtliche Einigung gefunden ist, lässt die Bank die Kunden eine Erklärung unterschreiben, die sie zum Schweigen verpflichtet.
Tammers kämpfen schon seit Jahren mit der DKB um einen Schuldennachlass. Im Juni 2010 bitten sie Thomas Kerscher aus Mering bei Augsburg um Hilfe. Er nennt sich „Bankdiplomat“ und spricht für seine Mandanten mit der Bank über Wege zu einer außergerichtlichen Einigung (siehe Kasten „Was Anwalt und Bankdiplomat kosten“). Kerscher ist auf Bankkunden spezialisiert, die eine Schrottimmobilie auf Kredit gekauft haben und nun in einer finanziell ausweglosen Situation sind. In den Gesprächen mit der Bank trägt er die schwierige soziale und menschliche Situation seiner Mandanten vor.
Juristischen Druck im Fall Tammer übt der Dresdner Rechtsanwalt Jörg Siegmund gegenüber der Bank aus. Beide, Bankdiplomat und Anwalt, wollen für das Ehepaar eine außergerichtliche Einigung.
Außergerichtliche Einigung vorteilhaft
Ein außergerichtliches Verfahren hat mehrere Vorteile. Die Lösung ist meist viel früher gefunden, als ein Gericht ein Urteil fällt. Der Schuldner geht mit einem Rabatt aus dem Einigungsverfahren heraus.
Im Gegenzug erhält die Bank Rechtssicherheit. Denn die Einigung hat bindende Wirkung und ist vor Gerichten im Nachhinein nicht anfechtbar. Wie die Richter entschieden hätten, ist auch für eine Bank ungewiss.
Bankmitarbeiter macht Kunden runter
Im Fall Tammer zeigt die DKB kein Entgegenkommen. Daraufhin vereinbaren Kerscher und Siegmund einen Termin mit der Bank, an dem das Ehepaar teilnimmt.
Das Gespräch läuft gegen die Wand. „Wie herablassend, entwürdigend und arrogant Menschen einem anderen gegenübertreten können, erlebten wir im Verhalten des Bankmitarbeiters“, sagt Heike Tammer.
„Wir bedauern sehr, dass die Gespräche bei dem Ehepaar zu einem solchen Eindruck geführt haben. Dies war zu keinem Zeitpunkt gewollt oder geplant. Uns ist bewusst, dass Vergleichsgespräche dieser Art oft äußerst schwierige Situationen für Kunden darstellen“, lässt die DKB über ihre Pressesprecherin Plaß ausrichten. Das Ehepaar will nun nicht mehr persönlich über einen Schuldenrabatt verhandeln.
Um ihren Mann macht sich Heike Tammer seitdem zunehmend Sorgen: „Er wurde depressiver, zog sich zurück, ging nur noch seiner Arbeit nach.“ Seit Mitte 2012 ist er wegen Herzproblemen, einem Schlaganfall und Depressionen zu 40 Prozent behindert.
Wegen krankheitsbedingter Verdienstausfälle können Tammers die Monatsraten an die DKB nicht mehr zahlen. Sie widerrufen die Einzugsermächtigung. Seitdem reichen sie nur noch die Mieteinnahmen aus ihrer Schrottimmobilie an die Bank weiter.
Spätestens als die Behinderung attestiert ist, muss auch der Bank klar sein, dass Tammers in eine wirtschaftliche Notsituation geraten sind. Doch die DKB bewegt sich nur in winzigen Schritten. Für Bankdiplomat Kerscher sind die bisherigen Vergleichsangebote auch nach zwei Jahren Verhandlungen nicht annehmbar. Die DKB kommt Tammers nicht einmal so weit entgegen, dass sie bereit wäre, auf ein Viertel ihrer Forderungen zu verzichten. Tammers warten weiter auf einen akzeptablen Einigungsvorschlag.
Weiterer Fall bisher ohne Ergebnis
Auch die Verhandlungen für eine Anlegerin aus Mahlberg ziehen sich seit 2012 hin. Sie hat im Jahr 2008 mit ihrem damaligen Freund ein DKB-Darlehen von rund 129 000 Euro für eine völlig überteuerte Wohnung aufgenommen. Verkauft hatte ihnen die Schrottimmobilie die U. Bagge GmbH & Co. KG, die inzwischen pleite ist.
Das Paar lebt inzwischen getrennt. Die Frau erwartet ein Kind. „Meine Mandantin steht durch den Schuldenberg stark unter Druck. Sie hat sogar schon Frühwehen“, sagt der Berliner Anwalt für Kapitalmarktrecht, Norbert Hache. Seither konnten er und Bankdiplomat Kerscher noch keine außergerichtliche Lösung mit der DKB finden.
-
- Mit Summen ab 10 000 Euro können sich Anleger an Büro- und Geschäftsgebäuden, Hotels, Sozialimmobilien oder Wohnungen in Deutschland beteiligen. Sie können von Mieten...
-
- Wer in eine unternehmerische Beteiligung investiert hat, fragt sich: Wie viel ist die Immobilie, der Solarpark oder das Flugzeug wert, in das mein Unternehmen investiert...
-
- Der Verdacht auf Untreue, Insolvenzverschleppung und gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrug bei der Geno Wohnbaugenossenschaft eG aus Ludwigsburg scheint sich zu...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.