Schorn­steinfeger Warum nur wenige Haus­eigentümer ihr Wahl­recht nutzen

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Schorn­steinfeger - Warum nur wenige Haus­eigentümer ihr Wahl­recht nutzen

Welcher Kamin­kehrer kommt, entscheidet der Eigentümer. © mauritius images / Westend61 / Lisa und Wilfried Bahnmüller

Mehr Auswahl und sinkende Preise – das war die Hoff­nung vieler Immobilien­besitzer, als vor sechs Jahren der freie Wett­bewerb unter den Schorn­steinfegern einge­führt wurde. Doch wirk­lich verändert hat sich wenig. Kaum einer macht von dem neu einge­führten Wahl­recht Gebrauch. Ist es fehlendes Wissen, Angst vor Konflikten – oder schlicht die Zufriedenheit mit dem bisherigen Kamin­kehrer?

Kaum einer wechselt den Kamin­kehrer

„98 Prozent der Kunden sind mit ihrem Schorn­steinfeger zufrieden“, sagt Alexis Gula vom Bundes­verband des Schorn­steinfeger­hand­werks, in dem gut 7 500 Innungs­betriebe organisiert sind. „Das ist eine Frage des Vertrauens. Man kennt sich eben seit vielen Jahren.“ Andere sehen die mangelnde Wechsel­bereitschaft kritischer: „Die Leute wissen gar nichts von ihrem Wahl­recht“, so Schorn­steinfeger Sven Blank aus Neubrandenburg in Meck­lenburg-Vorpommern. „Oder sie haben Angst vor Konflikten mit dem zuständigen Bezirks­schorn­steinfeger.“

Unser Rat

Nach­fragen. Prüfen Sie die Rechnung des Schorn­steinfegers und fragen Sie, wenn Sie Abkür­zungen nicht verstehen. Vergleichen Sie die Prüf­intervalle mit denen in der Tabelle. Lassen Sie sich Abweichungen erklären.

Angebot. Bitten Sie den Schorn­steinfeger um ein Angebot für die freien Tätig­keiten. Achten Sie darauf, dass er keine Neben­tätig­keiten anbietet, die Sie leicht selbst erledigen können.

Wechsel. Suchen Sie sich einen anderen Schorn­steinfeger, wenn Sie nicht zufrieden sind. Eine Suche nach Post­leitzahlen ist über die Daten­bank schornsteinfegernetzwerk.de möglich. Unter energieverbraucher.de finden Sie freie Schorn­steinfeger.

Steuern. Setzen Sie die Kosten für die Schorn­steinfe­gerreinigung von der Steuer ab. Sie gelten beim Finanz­amt als absetz­bare Hand­werk­erleistung.

Bezirks­schorn­steinfeger weiter für hoheitliche Aufgaben zuständig

Denn auch wenn Haus­eigentümer jetzt selbst entscheiden können, wer bei ihnen den Kamin kehrt: Der Bezirks­schorn­steinfeger bleibt weiter für sie zuständig und kommt alle paar Jahre zur sogenannten Feuer­stättenschau. So will es das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz. Es unterscheidet zwischen „freien“ und „hoheitlichen“ Aufgaben. Die Feuer­stättenschau gehört zu den „hoheitlichen“ Arbeiten, die nur der bevoll­mächtigte Bezirks­schorn­steinfeger durch­führen darf. Im Schnitt alle drei­einhalb Jahre kommt dafür der Meister persönlich vorbei und begut­achtet alle Feuer­stätten und Abgas­anlagen im Haus und über­prüft ihre Betriebs- und Brandsicherheit. Anschließend stellt er den Feuer­stätten­bescheid aus. Darin steht, welche Arbeiten der Schorn­steinfeger wann durch­führen muss. Diese im Feuer­stätten­bescheid genannten Aufgaben sind die „freien“ Tätig­keiten, für die der Kunde einen eigenen Kamin­kehrer suchen darf.

Rechnung ist kein Gebühren­bescheid

Was vielen Haus­eigentümern nicht bewusst ist: Auch wer sich keinen anderen Kamin­kehrer sucht und alle Arbeiten weiterhin vom zuständigen Bezirks­schorn­steinfeger erledigen lässt, kann mit ihm über die Kosten verhandeln. Einheitlich geregelt sind nur die Gebühren für die hoheitlichen Aufgaben wie den Feuer­stätten­bescheid. Doch viele Schorn­steinfeger gestalten auch ihre Rechnungen für die freien Tätig­keiten wie einen Gebühren­bescheid. Statt die Leistung zu beschreiben, sind Kürzel aufgelistet oder sogenannte Arbeits­werte angegeben. Auf die Idee, die Rechnung zu hinterfragen, kommen da nur wenige Kunden.

Verbraucherzentrale fordert mehr Trans­parenz

Hans Weinreuter, Energiereferent bei der Verbraucherzentrale Rhein­land-Pfalz, fordert daher mehr Trans­parenz bei den Rechnungen: „Der Schorn­steinfeger sollte genau aufschlüsseln, was er getan hat. Einfach Rechnungen nach dem alten Gebühren­system auszustellen, geht nicht.“ Aufmerk­sam sollten Haus­eigentümer werden, wenn der Bezirks­schorn­steinfeger versucht, ungefragt zusätzliche Leistungen zu verkaufen. Weinreuter: „Das war zum Beispiel der Fall, als der Einbau von Rauchmeldern Pflicht wurde.“ Auch die sogenannte Gashausschau bietet manch ein Schorn­steinfeger gern an. „Da wird geprüft, ob die im Haus vorhandenen Gasleitungen sicht­bare Mängel haben. Das kann im Prinzip auch jeder Haus­besitzer selbst tun.“

Wenig Spielraum beim Preis

Den Spielraum für Preis­verhand­lungen halten viele Experten für begrenzt. Zwar werben freie Schorn­steinfeger gern, dass sie ihre Leistungen 20 bis 30 Prozent güns­tiger anbieten. Zusätzliche Anfahrt­wege und Formalitäten verringern den Preis­vorteil jedoch oft.

Streit ist häufigster Wechsel­grund

Grund für einen Wechsel des Schorn­steinfegers ist daher selten ein güns­tigerer Preis. „Meist stecken zwischen­menschliche Probleme dahinter“, beob­achtet Alexis Gula vom Schorn­steinfeger­verband. Typische Streit­punkte seien etwa Verbote oder Auflagen, die der bevoll­mächtigte Bezirks­schorn­steinfeger aussprechen muss.

Es gibt kaum freie Schorn­steinfeger

Doch Haus­besitzer, die nach einem Streit mit dem Kamin­kehrer einen neuen Vertreter der Zunft suchen, haben es nicht leicht. Daten­banken mit freien Schorn­steinfegern gibt es kaum oder sie listen nur einige wenige Anbieter auf. Einer der wenigen Freien ist Sven Blank. Er begründet die kleine Zahl der freien Kollegen so: „Die zuständigen Bezirks­schorn­steinfeger ziehen alle Register, um uns das Leben schwer zu machen. Sie finden plötzlich Mängel, wo vorher keine waren oder setzen Fristen, die von uns nicht zu schaffen sind.“

Kehr­buch enthält Daten aller Heizungen und Haus­besitzer

Kritiker bemängeln auch, dass der Bezirks­schorn­steinfeger das sogenannte Kehr­buch führt und damit die Daten aller Heizungen und Haus­besitzer kennt. Nutzen darf er sie für seine Tätig­keiten als freier Unternehmer zwar eigentlich nicht. „Wir müssen unsere freien und hoheitlichen Tätig­keiten klar trennen“, betont Gula. „Wir müssen ja die Daten­schutz­grund­ver­ordnung beachten.“ Dass das geschieht, bezweifelt der Bund der Energieverbraucher. „Die Vermischung beider Bereiche ist unzu­lässig und verboten, wogegen natürlich millionenfach verstoßen wird“, sagt der stell­vertretende Vorsitzende Aribert Peters. „Das ist aber schwer zu beweisen.“

Trotzdem hat sich der Markt verändert

Haus­eigentümern, die den Schorn­steinfeger wechseln wollen, bleibt da meist nur, den Kollegen aus dem Nach­barkehr­bezirk zu beauftragen. Aber schon das habe für positive Veränderung gesorgt, meint Verbands­sprecher Alexis Gula. „Der Markt hat sich verändert. Heute ist der Kunde König. Das haben einige erst lernen müssen.“

Nutzer­kommentare, die vor dem 22. Januar 2019 gepostet wurden, beziehen sich auf eine frühere Veröffent­lichung (test 4/2012).

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OlleP0207 am 25.05.2023 um 22:15 Uhr
Wahlfreiheit ist eine Farce

Laut dem Gesetz haben Sie die Wahl zwischen „freien“ und „bevollmächtigten“. Das ist eine reine Farce; wie sollen sich „freie“ gegen das Monopol der „bevollmächtigten“ halten können?! Wenn es Ihnen gelänge, einen „freien“ zu finden, haben Sie immer noch den „bevollmächtigten“ am Hals, der Sie zur „Feuerstättenschau“ aufsucht, wenn er denn überhaupt kommt. Ich habe gelernt, dass die „bevollmächtigten“ in der Regel einen bemitleidenswerten Kaminkehrer beschäftigen, der Ihnen auf´s Dach steigt. Der arme Mann hier bei uns im Ort muss sogar noch die Rechnungen ausfahren, weil der Boss jeden Cent sparen will und mit Rechnungen schreiben sowie „Feuerstättenschauen“ voll ausgelastet ist. Die Berechnung der Gebühren für diese „Dienstleistung“ steigt ständig und ist völlig undurchsichtig. In diesem Land gibt es circa 30 Millionen Haushalte, dividiert durch 6.000„Kehrbezirke“, multipliziert mit den 80€, die ich inzwischen abdrücken muss. Was für eine fantastische Summe, eine Lizenz zum....!

hdspot am 31.01.2023 um 10:56 Uhr
Vergleich durchführen, andere Betroffene befragen

Einige der Regelungen des Schornsteinfegergesetzes sind widersprüchlich oder unsinnig.
Die Wechselregelung macht keinen Sinn wenn der ursprünglich verantwortliche Schornsteinfeger weiterhin seine hoheitlichen Pflichten behält.
Die Regelung zur rückstandsarmen Verbrennung eliminiert sich mit dem enthaltenen "kann", selbst.
Der Staat ist direkter Auftraggeber und hält eine Gebührenordnung für das Tagesgeschäft der Schornsteinfegergewerbes für unnötig. Aufgrund der in diesem Gewerbe herrschenden Strukturen sind Gebührenspreizungen von bis zu mehr als 300% bei identischem Zeit - und Arbeitsaufwand keine Seltenheit.
Das Schornsteinfegergewerbe darf sich als "Handwerk" bezeichnen, damit wird die fehlende Gebührenordnung begründet. Sind die überwiegend ausgeführten Arbeiten eines Schornsteinfegers wirklich mit denen eines Handwerkers gleichzusetzen?
Folgender Tipp: befragen Sie bei Ihnen vom Schornsteinfeger zugefügtem Unrecht andere Betroffene, §7 des Grundgesetzes wird mehrmals verletzt.

Ricarda717171 am 10.05.2021 um 21:27 Uhr

Kommentar vom Autor gelöscht.

Profilbild Stiftung_Warentest am 12.04.2021 um 12:24 Uhr
KÜO Prüfung wie oft?

@Bob39: Wir können Ihnen nicht sagen, welche Fabrikate wie oft zu prüfen sind, das war nicht Bestandteil der Untersuchung. Ganz sicher kann Ihnen das aber zum Beispiel der Betrieb sagen, der Ihre Anlage wartet. (PH)

Bob39 am 08.04.2021 um 20:18 Uhr
KÜO Prüfung wie oft?

Hallo zusammen,
ich habe eine Frage zu der Tabelle:
https://www.test.de/Schornsteinfeger-Warum-nur-wenige-Hauseigentuemer-ihr-Wahlrecht-nutzen-4347908-5425594/
Mein Brenner ist der Typ: Sieger, TT 11 BE, 2004 mit Brennergebläse (Nennleistung 21,0 kW)
Muss dieser Brenner gemäß der KÜO jährlich oder alle zwei Jahre geprüft werden.
Vielen Dank.