
Welcher Kaminkehrer kommt, entscheidet der Eigentümer.
Mehr Auswahl und sinkende Preise – das war die Hoffnung vieler Immobilienbesitzer, als vor sechs Jahren der freie Wettbewerb unter den Schornsteinfegern eingeführt wurde. Doch wirklich verändert hat sich wenig. Kaum einer macht von dem neu eingeführten Wahlrecht Gebrauch. Ist es fehlendes Wissen, Angst vor Konflikten – oder schlicht die Zufriedenheit mit dem bisherigen Kaminkehrer?
Kaum einer wechselt den Kaminkehrer
„98 Prozent der Kunden sind mit ihrem Schornsteinfeger zufrieden“, sagt Alexis Gula vom Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks, in dem gut 7 500 Innungsbetriebe organisiert sind. „Das ist eine Frage des Vertrauens. Man kennt sich eben seit vielen Jahren.“ Andere sehen die mangelnde Wechselbereitschaft kritischer: „Die Leute wissen gar nichts von ihrem Wahlrecht“, so Schornsteinfeger Sven Blank aus Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern. „Oder sie haben Angst vor Konflikten mit dem zuständigen Bezirksschornsteinfeger.“
Unser Rat
Nachfragen. Prüfen Sie die Rechnung des Schornsteinfegers und fragen Sie, wenn Sie Abkürzungen nicht verstehen. Vergleichen Sie die Prüfintervalle mit denen in der Tabelle. Lassen Sie sich Abweichungen erklären.
Angebot. Bitten Sie den Schornsteinfeger um ein Angebot für die freien Tätigkeiten. Achten Sie darauf, dass er keine Nebentätigkeiten anbietet, die Sie leicht selbst erledigen können.
Wechsel. Suchen Sie sich einen anderen Schornsteinfeger, wenn Sie nicht zufrieden sind. Eine Suche nach Postleitzahlen ist über die Datenbank schornsteinfegernetzwerk.de möglich. Unter energieverbraucher.de finden Sie freie Schornsteinfeger.
Steuern. Setzen Sie die Kosten für die Schornsteinfegerreinigung von der Steuer ab. Sie gelten beim Finanzamt als absetzbare Handwerkerleistung.
Bezirksschornsteinfeger weiter für hoheitliche Aufgaben zuständig
Denn auch wenn Hauseigentümer jetzt selbst entscheiden können, wer bei ihnen den Kamin kehrt: Der Bezirksschornsteinfeger bleibt weiter für sie zuständig und kommt alle paar Jahre zur sogenannten Feuerstättenschau. So will es das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz. Es unterscheidet zwischen „freien“ und „hoheitlichen“ Aufgaben. Die Feuerstättenschau gehört zu den „hoheitlichen“ Arbeiten, die nur der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger durchführen darf. Im Schnitt alle dreieinhalb Jahre kommt dafür der Meister persönlich vorbei und begutachtet alle Feuerstätten und Abgasanlagen im Haus und überprüft ihre Betriebs- und Brandsicherheit. Anschließend stellt er den Feuerstättenbescheid aus. Darin steht, welche Arbeiten der Schornsteinfeger wann durchführen muss. Diese im Feuerstättenbescheid genannten Aufgaben sind die „freien“ Tätigkeiten, für die der Kunde einen eigenen Kaminkehrer suchen darf.
Rechnung ist kein Gebührenbescheid
Was vielen Hauseigentümern nicht bewusst ist: Auch wer sich keinen anderen Kaminkehrer sucht und alle Arbeiten weiterhin vom zuständigen Bezirksschornsteinfeger erledigen lässt, kann mit ihm über die Kosten verhandeln. Einheitlich geregelt sind nur die Gebühren für die hoheitlichen Aufgaben wie den Feuerstättenbescheid. Doch viele Schornsteinfeger gestalten auch ihre Rechnungen für die freien Tätigkeiten wie einen Gebührenbescheid. Statt die Leistung zu beschreiben, sind Kürzel aufgelistet oder sogenannte Arbeitswerte angegeben. Auf die Idee, die Rechnung zu hinterfragen, kommen da nur wenige Kunden.
Verbraucherzentrale fordert mehr Transparenz
Hans Weinreuter, Energiereferent bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, fordert daher mehr Transparenz bei den Rechnungen: „Der Schornsteinfeger sollte genau aufschlüsseln, was er getan hat. Einfach Rechnungen nach dem alten Gebührensystem auszustellen, geht nicht.“ Aufmerksam sollten Hauseigentümer werden, wenn der Bezirksschornsteinfeger versucht, ungefragt zusätzliche Leistungen zu verkaufen. Weinreuter: „Das war zum Beispiel der Fall, als der Einbau von Rauchmeldern Pflicht wurde.“ Auch die sogenannte Gashausschau bietet manch ein Schornsteinfeger gern an. „Da wird geprüft, ob die im Haus vorhandenen Gasleitungen sichtbare Mängel haben. Das kann im Prinzip auch jeder Hausbesitzer selbst tun.“
Wenig Spielraum beim Preis
Den Spielraum für Preisverhandlungen halten viele Experten für begrenzt. Zwar werben freie Schornsteinfeger gern, dass sie ihre Leistungen 20 bis 30 Prozent günstiger anbieten. Zusätzliche Anfahrtwege und Formalitäten verringern den Preisvorteil jedoch oft.
Streit ist häufigster Wechselgrund
Grund für einen Wechsel des Schornsteinfegers ist daher selten ein günstigerer Preis. „Meist stecken zwischenmenschliche Probleme dahinter“, beobachtet Alexis Gula vom Schornsteinfegerverband. Typische Streitpunkte seien etwa Verbote oder Auflagen, die der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger aussprechen muss.
Es gibt kaum freie Schornsteinfeger
Doch Hausbesitzer, die nach einem Streit mit dem Kaminkehrer einen neuen Vertreter der Zunft suchen, haben es nicht leicht. Datenbanken mit freien Schornsteinfegern gibt es kaum oder sie listen nur einige wenige Anbieter auf. Einer der wenigen Freien ist Sven Blank. Er begründet die kleine Zahl der freien Kollegen so: „Die zuständigen Bezirksschornsteinfeger ziehen alle Register, um uns das Leben schwer zu machen. Sie finden plötzlich Mängel, wo vorher keine waren oder setzen Fristen, die von uns nicht zu schaffen sind.“
Kehrbuch enthält Daten aller Heizungen und Hausbesitzer
Kritiker bemängeln auch, dass der Bezirksschornsteinfeger das sogenannte Kehrbuch führt und damit die Daten aller Heizungen und Hausbesitzer kennt. Nutzen darf er sie für seine Tätigkeiten als freier Unternehmer zwar eigentlich nicht. „Wir müssen unsere freien und hoheitlichen Tätigkeiten klar trennen“, betont Gula. „Wir müssen ja die Datenschutzgrundverordnung beachten.“ Dass das geschieht, bezweifelt der Bund der Energieverbraucher. „Die Vermischung beider Bereiche ist unzulässig und verboten, wogegen natürlich millionenfach verstoßen wird“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Aribert Peters. „Das ist aber schwer zu beweisen.“
Trotzdem hat sich der Markt verändert
Hauseigentümern, die den Schornsteinfeger wechseln wollen, bleibt da meist nur, den Kollegen aus dem Nachbarkehrbezirk zu beauftragen. Aber schon das habe für positive Veränderung gesorgt, meint Verbandssprecher Alexis Gula. „Der Markt hat sich verändert. Heute ist der Kunde König. Das haben einige erst lernen müssen.“
Nutzerkommentare, die vor dem 22. Januar 2019 gepostet wurden, beziehen sich auf eine frühere Veröffentlichung (test 4/2012).