Schöffe werden Laien­richter mit Einfluss

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Schöffe werden - Laien­richter mit Einfluss

Berufs­richter und Schöffin. Richte­rinnen und Richter müssen Robe tragen, Schöffinnen und Schöffen treten dagegen in den meisten Bundes­ländern in Zivil auf. Ihre Kleidung muss allerdings „angemessen“ sein. © picture alliance / dpa / Friso Gentsch

Bis Früh­jahr 2023 haben Kommunen Zeit, geeignete Bewerber und Bewerbe­rinnen für die neue Schöffen­wahl zu finden. Gibt es zu wenige Freiwil­lige, werden Schöffen berufen.

Mord und Totschlag, Fahrerflucht, Raub und Diebstahl, Steuer­betrug: Bei Strafsachen entscheiden Schöffen gemein­sam mit Berufs­richtern über Schuld und Strafhöhe – und ihre Stimme zählt genau so viel wie die der Berufs­richter. Sind die Schöffen sich einig, geht nichts gegen sie. Wir erklären, wie man Schöffe wird – und was passiert, wenn es zu wenige Bewerbe­rinnen und Bewerber gibt.

Das Wichtigste in Kürze

Wenn Sie sich als Schöffin oder Schöffe bewerben wollen, müssen Sie unter anderem folgende Voraus­setzungen erfüllen:

  • bewerben kann sich jeder, der einen deutschen Pass hat, und die deutsche Sprache beherrscht,
  • zwischen 25 und unter 70 Jahre alt ist,
  • gesundheitlich für das Amt geeignet ist,
  • nicht vorbestraft ist.

Interes­sierte müssen sich in dem Bezirk bewerben, in dem sie ihren Wohn­sitz haben. Nicht zugelassen sind bestimmte Berufs­gruppen, wie Rechts­anwälte, Pfarrer, Polizisten oder Notare.

Laien­richter in Straf­verfahren

Schöffen sind ehren­amtliche Laien­richter in Straf­verfahren. Sie arbeiten für fünf Jahre bei Amts- und Land­gerichten, urteilen über Schuld oder Unschuld eines Angeklagten und haben das gleiche Stimm­recht wie die Berufs­richte­rinnen und -richter. Beim Amts­gericht stehen einem Richter zwei Schöffen zur Seite, beim Land­gericht werden die drei Berufs­richter von zwei Schöffen flankiert. Für das Urteil, die Art und das Maß der Strafe ist jeweils eine Zwei-Drittel-Mehr­heit erforderlich. Das heißt: Gegen die Stimmen beider Schöffen kann niemand verurteilt werden.

Unterschied zu ehren­amtlichen Richtern

Schöffen gibt es nur im Strafrecht. Doch auch in anderen Rechts­gebieten sind Laien­richter tätig, etwa im Arbeits-, Verwaltungs-, Handels- und Land­wirt­schafts­recht. Anders als Schöffen müssen sie aber besondere Kennt­nisse mitbringen. So werden zum Beispiel Handels­richter von der Industrie- und Handels­kammer vorgeschlagen. Bei Arbeits­gerichten schi­cken Arbeit­geber und Arbeitnehmer jeweils einen ehren­amtlichen Richter ins Verfahren.

Antworten für Interes­sierte im Über­blick

Wie bewerbe ich mich?

Wer Schöffe werden will, muss sich bei seiner Gemeinde- oder Stadt­verwaltung melden. In Berlin und Hamburg sind die Bezirks­ämter zuständig, in Bremen das Landes­wahl­amt und für Jugend­schöffen das zentrale Jugend­amt. Die Kandidaten müssen ein Bewerbungs­formular ausfüllen, das meist auf der Webseite des zuständigen Amtes herunter­geladen werden kann, oder auf Anfrage per Post zugesandt wird.

Tipp: Die Landesverbände der Schöffen (DVS) informieren Sie über das Bewerbungs­verfahren und wo Sie sich bewerben müssen. Informationen finden Sie auch auf der extra für diese Wahl einge­richteten Internetseite. Die Volks­hoch­schulen bieten Veranstaltungen für Interes­sierte an und informieren über das Amt.

Wer kann sich bewerben?

Bewerben kann sich jeder, der einen deutschen Pass hat und zwischen 25 und jünger als 70 Jahre alt ist. Außerdem muss der Bewerber und die Bewerberin gesundheitlich für das Amt geeignet sein und zum Zeit­punkt der Berufung seinen oder ihren Wohn­sitz im jeweiligen Gerichts­bezirk haben. Wer in den letzten zehn Jahren aufgrund einer Straftat schon mal für mehr als sechs Monate verurteilt wurde, ist als Schöffe nicht geeignet. Auch bestimmte Berufs­gruppen dürfen nicht berufen werden, etwa Polizei­beamte, Rechts­anwälte und Notare, aber ebenso wenig Pfarrer und Mitglieder von Bundes- und Landes­regierungen. Ausgeschlossen sind außerdem Menschen, gegen die wegen eines Verbrechens oder sonst einer Straftat ermittelt wird, wegen der ihnen die Amts­fähig­keit entzogen werden kann.

Wie lange dauert die Amts­zeit?

Eine Amts­periode dauert fünf volle Jahre. Bei der aktuellen Wahl werden Schöffen für die Kalender­jahre 2024 bis 2028 gewählt.

Wie werden die Schöffen gewählt?

Die Kommunen stellen Vorschlags­listen auf. Sie werden beim jeweiligen Bürger­amt eine Woche öffent­lich ausgelegt. Jeder kann sie einsehen und bei Bedenken zu einem Bewerber – etwa wegen einer Mitgliedschaft in einer rechts­extremen Gruppe – Einspruch einlegen. Denn Personen, die das Grund­gesetz ablehnen, dürfen dieses Amt nicht ausüben.

Wer am Ende als Schöffe berufen wird, entscheidet der Wahl­ausschuss beim jeweiligen Gericht. Die ausgewählten Schöffen werden per Post informiert. Das geschieht am Ende des Jahres.

Was passiert, wenn sich nicht genügend Schöffen bewerben?

Bewerben sich zu wenige Menschen als Schöffen, wählen die Kommunen nach dem Zufalls­prinzip aus ihrer Sicht geeignete Kandidatinnen und Kandidaten aus. Die Ausgewählten können sich nur schwer gegen das Ehren­amt wehren. Denn jeder Staats­bürger ist zur Über­nahme verpflichtet. Verschont werden kann, wer schon 65 Jahre alt ist oder dieses Alter bis Ende der Wahl­periode erreicht, im Gesund­heits­wesen arbeitet, wer durch die Ausübung des Amts seine wirt­schaftliche Existenz aufs Spiel setzt oder sich wegen der besonderen persönlichen Fürsorge für seine Familie in der Ausübung des Amts beein­trächtigt sieht. Dies kann der Fall sein, wenn jemand Angehörige pflegt.

Wie lassen sich Beruf und Schöffen­amt vereinbaren?

Arbeit­geber sind verpflichtet, Schöffinnen und Schöffen für ihre Tätig­keit von der Arbeit frei­zustellen. Urlaubs­tage dürfen nicht gekürzt werden.

Erhalten Schöffen und Schöffinnen Geld für ihre Tätig­keit?

Nein, für ihre Tätig­keit direkt erhalten sie nichts. Sie müssen aber zum Beispiel für Verdienst­ausfall, Fahrt­kosten und sons­tige Aufwendungen im Zusammen­hang mit ihrer Schöffen­tätig­keit entschädigt werden. Nähres regelt das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Viele Bezirks­ämter oder Kommunen haben Merk­blätter zum Thema auf ihrer Internetseite einge­richtet.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • WB1450 am 05.03.2023 um 12:51 Uhr
    So wollen Rechte das Schöffen-Amt kapern

    https://www.zdf.de/nachrichten/politik/schoeffen-wahl-rechtsextreme-richter-ehrenamt-100.html

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 17.02.2023 um 13:28 Uhr
    Weitere Voraussetzungen

    @DerLangeFrank: Danke für die ergänzende Aufzählung, Sie haben natürlich Recht.

  • DerLangeFrank am 17.02.2023 um 10:30 Uhr
    Einige Voraussetzungen fehlen noch

    Ich verfüge über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache.
    Ich war nie hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der DDR.
    Ich befinde mich nicht in der Insolvenz und habe auch keine Vermögensauskunft (früher: eidesstattliche Versicherung) über mein Vermögen abgegeben.

  • Gelöschter Nutzer am 10.03.2018 um 12:19 Uhr
    @halsbandschnaepper

    Also ich war noch nie Schöffe, habe jedoch in meinem Bekanntenkreis zwei Schöffen. Die Aussagen von @Remember_Carthage sind grundsätzlich richtig. Prozessbeteilgte erfahren natürlich die Namen der über sie zu Gericht Sitzenden und damit auch der Schöffen. Das sollte einem Rechtsstaat auch so sein. Und dann die Adresse herauszufinden ist schlimmstenfalls eine Sache von wenigen Minuten.
    Ob in der Praxis Schöffen tatsächlich bedroht werden, weiß ich nicht. Ich glaube nicht, dass es Statistiken darüber gibt. Aber die von @Remember_Carthage aufgezeigte Gefahr ist natürlich zumindest theoretisch absolut gegeben.
    Die vom Kommentator angesprochen Anschläge auf Fahrzeuge (und Wohnungen sowie Abgeordnetenbüros) von AfD-Politikern (und auch Politiker anderer Parteien übrigens) sind Tatsachen und haben nichts mit Fake News zu tun.
    Jedes öffentliche Amt ist mit einem Risiko verbunden. Dies aufzuzeigen ist wichtig, damit der jeweilige Interessent eine fundierte Entscheidung treffen kann.

  • halsbandschnaepper am 10.03.2018 um 09:39 Uhr
    @Remember_Carthage: Unsinn!

    Danke an Stiftung Warentest für ihren Kommentar, da erspare ich mir einige Worte. Ich glaube jetzt weniger dass der User wirklich ein Schöffe war. Erst behauptet er "Die Namen der Schöffen und damit auch ihre Anschrift sind für Angeklagte (und ggf. Verurteilte) natürlich einzusehen." Als Stiftung Warentest das widerlegt, bezieht er sich darauf dass der Anwalt die Adresse erfahren kann. Das hat er aber erst durch Stiftung Warentest erfahren. Dann noch lauter wage Kommentare zur theoretischen Gefahr der Rache von Verurteilten. Nur nirgends sagt er dass er selbst betroffen war oder einen Betroffenen kennt. Ich bezweifle daher stark dass er Schöffe war. Zur Sache: Die hauptamtlichen Richter sollten wohl eher so einer Gefahr ausgesetzt sein. Und dann noch irgendwas von Afd-Poltiikern. Naja klingt für mich alles nach "alternativen Fakten" aus einer bestimmten politischen Ecke.