Schmerztherapie bei Krebs Schmerzen wirksam lindern

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Neben dem eigentlichen Tumor können Schmerzen Krebspatienten zusätzlich körperlich und seelisch belasten. Doch sie können meist gut behandelt werden.

Eine Krebserkrankung verändert das ganze Leben. Erst kommt der Schock, danach häufig eine belastende Behandlung und dann die Auseinandersetzung mit den Folgen für das weitere Leben. Nicht alle Tumorpatienten leiden unter Schmerzen, doch wenn im Verlauf der Erkrankung Schmerzen auftreten, belasten sie die Kranken zusätzlich – körperlich und seelisch. Sie können nicht schlafen, schränken ihre Alltagsaktivitäten ein, ziehen sich von ihren Mitmenschen zurück.

Unabhängig vom Krebsstadium

Häufig lösen die Schmerzen zusätzliche Ängste aus, wenn die Patienten die genauen Ursachen nicht kennen und sie als Fortschreiten der Krebserkrankung deuten. Doch Tumorschmerzen können unabhängig vom Krebsstadium auftreten und sind nicht zwangsläufig ein Zeichen für das Endstadium der Erkrankung.

Krebsschmerzen können und müssen behandelt werden. „Die Schmerztherapie ist nicht besonders kompliziert, und jeder gut ausgebildete Arzt kann den Tumorpatienten helfen“, erklärt Dr. Andreas Kopf von der Berliner Universitätsklinik Charité . Er leitet dort das Schmerz- und Palliativzentrum.

Bevor der Arzt über die Art der Behandlung entscheidet, muss er durch eine gründliche Untersuchung und ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten erst einmal die Ursache der Schmerzen herausfinden. Der Tumor oder seine Tochtergeschwülste können die Schmerzen direkt auslösen, aber auch die Krebstherapie kann schmerzhafte Nebenwirkungen haben, die zum Beispiel nach einer Operation, einer Strahlen- oder Chemo­therapie auftreten können. Der Tumor kann außerdem auf die umliegenden Nerven drücken oder ins Nervengewebe hineinwachsen.

Ängste können Schmerzen steigern

Die psychische Belastung durch die Krebserkrankung und Ängste des Patienten können die Schmerzempfindung zusätzlich steigern. Auch diese Aspekte muss der Arzt bei der Therapie berücksichtigen. Jeder Patient und jede Schmerzart brauchen ein individuelles Behandlungskonzept. Hierbei hilft es, wenn Patienten ihre Schmerzen genau beschreiben können: Wo tut es weh? Wie stark ist der Schmerz? Seit wann und bei welcher Gelegenheit schmerzt es? Ist der Schmerz am Tag und in der Nacht unterschiedlich stark?

Schmerzmittel dauerhaft einnehmen

Die Therapie von Tumorschmerzen beruht auf den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Unter anderem sollen die Patienten Schmerzmittel nicht nur sporadisch, sondern dauerhaft und zu festen Zeiten einnehmen. Auf diese Weise bleibt der Wirkstoffpegel im Blut annähernd gleich. Der Arzt muss eine Behandlungsmöglichkeit finden, die die Schmerzen dau­erhaft so weit zurückdrängt, dass das­Leben für die Patienten erträglich bleibt, sie durch die Medikation aber keinen Schaden nehmen. Dazu gehört das richtige Medikament, die richtige Dosis und das rich­tige Zeitintervall.

Die WHO hat für die Behandlung von Schmerzen ein dreistufiges Schema entwickelt, von einfachen Schmerzmitteln bis hin zu starken Opiaten und vergleichbaren Mitteln . Es orientiert sich daran, wie stark die Schmerzen sind und die einzelnen Substanzen sie dämpfen. Bei sehr starken Schmerzen müssen die Patienten nicht zwangsläufig alle Stufen durchlaufen, der Arzt kann sofort Medikamente der dritten Stufe verordnen.

Opiate dämpfen Schmerzempfindung

Opiate sind Medikamente, die aus Opium, dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns, gewonnen werden. Am bekanntesten ist Morphin, das schon seit 1824 verfügbar ist. Synthetisch hergestellte Wirkstoffe, die morphinartig wirken, werden als Opioide bezeichnet. Opiate und vergleichbare Medikamente verhindern, dass die Schmerzen ins Gehirn weitergeleitet werden, sie dämpfen dort die Schmerzempfindung und beeinflussen, wie das Gehirn die Schmerzen bewertet. Im Ergebnis weiß der Kranke zwar, dass er Schmerzen hat, empfindet sie aber nicht als belastend oder quälend. Meist werden die Mittel mit einem einfachen Schmerzmittel kombiniert.

Anhaltende Schmerzzustände erfordern oft zusätzliche Medikamente, die nicht eigentlich schmerzstillend wirken, aber die Schmerzwahrnehmung verringern. Dazu gehören beispielsweise Antidepressiva. Um einen anhaltend hohen Arzneistoffspiegel im Blut zu sichern, werden die Schmerzmittel meist in lang wirksamer Form verabreicht, zum Beispiel als Retardtabletten, die bis zu zwölf Stunden wirken.

Ein paar Tage lang sehr müde

Patienten sollten die Medikamente nach einem individuell festgelegten Zeitschema regelmäßig einnehmen. Für akute Schmerz­attacken, Durchbruchschmerzen genannt, brauchen sie außerdem ein schnell wirkendes Medikament.

„Was ganz wichtig ist“, erklärt Dr. Andreas Kopf, „am Anfang müssen die Patienten etwas Geduld haben bei morphin ähnlichen Schmerzmitteln. Ein paar Tage lang sind sie sehr müde, danach bessert sich das.“ Gegen andere Nebenwirkungen, wie Verstopfung oder Übelkeit, helfen Medikamente.

Zum Schmerzspezialisten überweisen

Es gibt auch Schmerzarten, die einer speziellen Behandlung bedürfen, beispielsweise Nervenschmerzen. Sie werden als attackenförmig einschießend oder brennend empfunden. Da Nervenschmerzen sich mit den üblichen Schmerzmedikamenten oft nicht behandeln lassen, kann eine Überweisung zum Schmerzspezialisten sinnvoll sein. Zum Beispiel gibt es Ärzte, die eine Zusatzausbildung in „spezieller Schmerztherapie“ gemacht haben. Fachleute finden sich auch in Kliniken mit einer Schmerzambulanz oder Palliativstation. Dort nehmen sich dann meist Neurologen, Anästhesisten und Psychologen der Schmerzen an.

Patienten mit Knochenschmerzen, die durch Metastasen hervorgerufen werden, kann eine Strahlentherapie helfen. Schmerzen durch einen schnell wachsenden Tumor können mit einer Chemotherapie behandelt werden. Niedrig dosiert, sind diese Therapien relativ gut verträglich. Sie können die Beschwerden deutlich vermindern, weil die Knochenfestigkeit zum Beispiel zunimmt oder die Schwellung um den Tumor deutlich kleiner wird.

Mehr Lebensfreude

Von ergänzenden Verfahren, zum Beispiel physiotherapeutischen und psychologischen Methoden, profitieren alle Krebspatienten. Massagen, Krankengymnastik, Kälte- oder Wärmeanwendungen können schmerzlindernd wirken. Entspannungsübungen oder Techniken der Aufmerksamkeitslenkung können Schmerzwahrnehmung und Schmerzerleben verändern.

Die tragende Säule der Behandlung von Tumorschmerzen bleiben jedoch Morphin und ähnliche Schmerzmittel. Entgegen landläufiger Meinung machen sie nicht süchtig – also psychisch abhängig – und verändern nicht das Bewusstsein. Sie verkürzen auch nicht das Leben. Sie können sogar das Gegenteil bewirken, erläutert Dr. Kopf, auf jeden Fall verbessern sie die Lebensqualität. Denn Schmerzen belasten den Körper sehr und versetzen ihn in einen Alarmzustand: Der Herzschlag wird schneller, der Blutdruck steigt an. Schmerzmittel können den Stress vermindern und einem Tumorpatienten erlauben, sich besser bewegen zu können, so Dr. Kopf. „Wer sich besser bewegen kann, erhält seine Muskelkraft, nimmt aktiver am Leben teil und hat mehr Lebensfreude.“

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  • Gwenni am 06.07.2013 um 22:56 Uhr

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