Die folgenden Gerichtsurteile aus den letzten zehn Jahren zeigen beispielhaft, welche Schmerzensgeldsummen in der Vergangenheit für verschiedene Verletzungen und Vorfälle gezahlt wurden.
Wichtig dabei: Jedes Schmerzensgeldurteil ist ein Einzelfall, neben der eigentlichen Verletzung spielen viele weitere Faktoren wie etwa das Alter des Geschädigten und die Schuldschwere des Schädigers eine Rolle. So kann es bei ähnlichen Verletzungen trotzdem deutliche Unterschiede bei den Beträgen geben.
Verkehrsunfälle
Oberlandesgericht München, Urteil vom 06.03.2015
Aktenzeichen: 10 U 824/14
Sachverhalt: Eine Frau fuhr als Beifahrerin im Pkw ihres Ehemannes mit, als an einer roten Ampel das Fahrzeug dahinter auf den Wagen auffuhr.
Verletzungen: Leichte HWS-Distorsion / Schleudertrauma (Verspannungen / Beschwerden in Nacken und Kopf)
Besonderheiten: Für Folgeschäden aufgrund fehlerhafter ärztlicher Behandlung im Anschluss an den Unfall haftet der Unfallverursacher nicht.
Schmerzensgeldsumme: 300 Euro
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 09.08.2013
Aktenzeichen: 19 U 137/09
Sachverhalt: Ein 22-jähriger Motorradfahrer kollidierte auf dem Weg zur Universität mit einem Pkw, dessen Fahrer ihm die Vorfahrt genommen hatte. Im Anschluss an den Unfall konnte der Student wegen seiner Verletzung ein geplantes Forstdienstreferendariat nicht absolvieren.
Verletzungen: Oberschenkelbruch, schwere Verletzung des Sprunggelenks, Einschränkung der Bewegungsfähigkeit für mehrere Jahre, Berufswunschvereitelung
Besonderheiten: Das junge Alter des Geschädigten und die Vereitelung des Berufswunsches wirkten sich erhöhend auf die Schmerzensgeldsumme aus.
Schmerzensgeldsumme: 42 000 Euro
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.12.2021
Aktenzeichen: 2 U 28/21
Sachverhalt: Eine Frau fuhr mit einem Mietwagen von Berlin nach Frankfurt. Aufgrund eines technischen Mangels im Getriebe, der schon bei der Fertigung entstand, geriet der Wagen ins Schleudern und überschlug sich.
Verletzungen: Verlust des linken Arms, schwerste Verletzungen
Besonderheiten: Durch eine Klausel im Mietvertrag schloss das Mietwagenunternehmen die Haftung bei unverschuldeten Schäden aus – vor Gericht hatte die Klausel allerdings keinen Bestand. Die Vermietung eines verkehrssicheren Fahrzeugs sei eine Kardinalspflicht.
Schmerzensgeldsumme: 90 000 Euro + 120 Euro monatliche Schmerzensgeldrente
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.06.2021
Aktenzeichen: 22 U 181/20
Sachverhalt: Ein 24-jähriger Rettungsassistent wurde bei einem Einsatz auf der Autobahn von einem LKW gerammt und unter dem Rettungswagen eingeklemmt.
Verletzungen: Schwere Hüft- und Beckenverletzungen, Posttraumatische Belastungsstörung, dauerhafte Einschränkung des Bewegungsvermögens, dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit (50%)
Schmerzensgeldsumme: 100 000 Euro
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.02.2022
Aktenzeichen: VI ZR 937/20
Sachverhalt: Ein 54-jähriger Mann wurde Zeuge eines Verkehrsunfalls und sicherte gerade die Unfallstelle, als er von einem Pkw erfasst wurde.
Verletzungen: Schwere Verletzungen an beiden Beinen, Amputation des linken Unterschenkels.
Besonderheit: In diesem Urteil spricht sich der Bundesgerichtshof gegen die Methode der taggenauen Schmerzensgeldberechnung aus, die in diesem Fall zuvor vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main angewandt worden war (Az. 22 U 244/19).
Schmerzensgeldsumme: 200 000 Euro
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28.09.2021
Aktenzeichen: 7 U 29/16
Sachverhalt: Ein 35-Jähriger stürzte mit seinem Mountainbike über eine schlecht sichtbare Ziehharmonika-Absperrung eines Feldwegs, die dort von Jagdpächtern aufgestellt wurde.
Verletzungen: Querschnittslähmung ab dem 4. Halswirbel, Depressionen, lebenslanger Pflegebedarf
Schmerzensgeldsumme: 800 000 Euro
Behandlungsfehler
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 24.10.2018
Aktenzeichen: 5 U 102/18
Sachverhalt: Bei einer Operation am Kniegelenk löste sich eine Nadelspitze und verblieb im Kniegelenk des 46-jährigen Patienten. Dem Arzt fiel das Fehlen der Nadel zwar noch am selben Tag auf, er informierte den Mann jedoch nicht über seinen Verdacht. Erst als der Mann über starke Schmerzen im Knie klagte, wurde die Spitze in einer weiteren Operation entfernt.
Verletzungen: Knieverletzung, erhebliche Schmerzen bis zur Revisionsoperation, dauerhaft Schmerzen bei Sport und Bewegung
Besonderheiten: Das schwere Verschulden des Arztes an der Grenze zum bedingten Vorsatz wirkt sich erhöhend auf die Schmerzensgeldsumme aus.
Schmerzensgeldsumme: 20 000 Euro
Oberlandesgericht Rostock, Urteil vom 05.11.2021
Aktenzeichen: 5 U 119/13
Sachverhalt: Eine schwangere Frau kam nachts mit starken Blutungen ins Krankenhaus. Die behandelnde Hebamme untersuchte die Frau, rief aber angesichts der Lage zu spät die diensthabende Gynäkologin hinzu. Der folgende Notkaiserschnitt konnte somit erst mit einigen Minuten Verspätung durchgeführt werden und das Kind erlitt bei der Geburt einen Sauerstoffmangel.
Verletzungen: Schwere Hirnschädigung, Einschränkung der geistigen, motorischen, sprachlichen und seelisch-psychischen Fähigkeiten, Krampfanfälle
Schmerzensgeldsumme: 300 000 Euro
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 10.12.2014
Aktenzeichen: 5 U 75/14
Sachverhalt: Ein zweijähriger Junge wurde nach einem schweren Verkehrsunfall im Krankenhaus behandelt. Dem Krankenhauspersonal unterliefen dabei mehrere Behandlungsfehler, etwa die unterbliebene Korrektur der falschen Lage eines Katheters.
Verletzungen: schwere Hirnschädigung, Verlust des Sprach- und Bewegungsvermögens, lebenslanger Pflegebedarf
Schmerzensgeldsumme: 450 000 Euro + 550 Euro monatliche Schmerzensgeldrente
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2022
Aktenzeichen: VI ZR 16/21
Sachverhalt: Eine Frau wurde vor der Geburt ihres Kindes nicht ausreichend über ein erhöhtes Risiko bei der Geburtseinleitung aufgeklärt. Nach einer Uterusruptur bei der Geburt erlitt ihr Kind eine schwere Hirnschädigung.
Verletzungen: Cerebralparese, Epilepsie, Verlust des Seh-, Sprach- und Bewegungsvermögens, lebenslanger Pflegebedarf
Besonderheiten: Die Frau war gegen das vorherige Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz (Az. 5 U 836/18) mit Verweis auf die taggenaue Schmerzensgeldberechnung in Revision gegangen. Der BGH sprach sich jedoch erneut gegen diese Bemessungsmethode aus und bestätigte das Urteil des OLG.
Schmerzensgeldsumme: 500 000 Euro
Landgericht Limburg, Urteil vom 28.06.2021
Aktenzeichen: 1 O 45/15
Sachverhalt: Ein Einjähriger wurde wegen einer Lungenentzündung im Krankenhaus behandelt. Von einer Pflegerin bekam er während des Essens eine Injektion, schrie und verschluckte sich deshalb. Aufgrund des falschen Verhaltens der Pflegerin erlitt der Junge einen Sauerstoffmangel.
Verletzungen: Schwere Hirnschädigung, Epilepsie, Verlust des Seh-, Sprach- und Bewegungsvermögens, lebenslanger Pflegebedarf
Besonderheiten: Dies ist die höchste Schmerzensgeldsumme, die jemals in Deutschland ausgesprochen wurde.
Schmerzensgeldsumme: 1 000 000 Euro
Andere körperliche Schäden
Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 18.10.2011
Aktenzeichen: 230 C 2126/11
Sachverhalt: Eine 15-Jährige ging mit ihrer Freundin in ein Sonnenstudio, ohne dass der Betreiber sie nach ihrem Alter fragte. Die Nutzung von Solarien ist für Minderjährige in Deutschland verboten. Sie nutzte die Sonnenbank für 30 Minuten und zog sich dabei Verbrennungen zu.
Verletzungen: Verbrennungen ersten Grades auf 20% der Hautoberfläche.
Besonderheiten: 2/3 Mitverschulden der Klägerin.
Schmerzensgeldsumme: 500 Euro
Amtsgericht Frankfurt, Urteil vom 21.10.2021
Aktenzeichen: 32 C 105/21
Sachverhalt: Ein 71-jähriger Mann fühlte sich vom Lärm der Holzarbeiten seines 88-jährigen Nachbarn belästigt und griff ihn auf dem Hof des Hauses mit einem Holzknüppel an.
Verletzungen: Prellung der Hüfte, Abschürfungen und Hämatome
Schmerzensgeldsumme: 800 Euro
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 26.03.2015
Aktenzeichen: 11 U 249/14
Sachverhalt: Eine Frau war zusammen mit ihrem Ehemann im Urlaub. In ihrer Unterkunft wurden sie über mehrere Nächte von Insekten – wahrscheinlich Bettwanzen oder Flöhen – gebissen, was die Reise erheblich beeinträchtigte. Die Frau reagierte überdurchschnittlich stark auf die Bisse.
Verletzungen: Über hundert juckende, unangenehme Bisse von Insekten.
Besonderheiten: Die Frau bekam doppelt so viel Schmerzensgeld wie ihr Ehemann (500 Euro), da dieser weniger stark auf die Bisse reagierte
Schmerzensgeldsumme: 1000 Euro
Amtsgericht Rheine, Urteil vom 01.07.2021
Aktenzeichen: 4 C 92/20
Sachverhalt: Eine Taxifahrerin wollte den Hund einer Passagierin streicheln, der ihr daraufhin in die Hand biss.
Verletzungen: Bisswunden und Narben an der rechten Hand, Hundephobie
Besonderheiten: 1/3 Mitverschulden der Klägerin wegen des Streichelns eines fremden Hundes.
Schmerzensgeldsumme: 1190 Euro
Oberlandesgericht München, Urteil vom 22.11.2012
Aktenzeichen: 23 U 3830/12
Sachverhalt: Bei einem Spielkampf mit Holzstöcken zwischen zwei Jungen schlug ein Zwölfjähriger einem Dreizehnjährigen einen Schneidezahn aus.
Verletzungen: Verlust eines Schneidezahns
Besonderheiten: 1/2 Mitverschulden des Klägers, da sich beide gleichermaßen auf den Kampf eingelassen hatten.
Schmerzensgeldsumme: 1 500 Euro
Landgericht Aachen, Urteil vom 14.09.2021
Aktenzeichen: 12 O 559/19
Sachverhalt: Ein Polizeibeamter riss bei einem Einsatz im Hambacher Forst einen Mann zu Boden und fixierte ihn. Das stellt eine Verletzung der Amtspflicht dar.
Verletzungen: Verschiedene Prellungen und Stauchungen, Angst- und Schlafstörungen
Besonderheiten: Provozierendes Verhalten des Geschädigten (u.a. Titulierung der Polizei als „RWE-Werkschutz) wirkte sich schmerzensgeldmindernd aus.
Schmerzensgeldsumme: 3000 Euro
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 26.07.2016
Aktenzeichen: 9 U 133/15
Sachverhalt: Eine Frau stürzte wegen Glatteis vor einem Bekleidungsgeschäft, der Betreiber verletzte die Streu- und Räumpflicht.
Verletzungen: Mehrere Verrenkungen des Hüftgelenks, Einsatz zwei künstlicher Hüftgelenke, Einschränkung des Bewegungsvermögens für 3 Monate
Schmerzensgeldsumme: 22 500 Euro
Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Arbeitsgericht Münster, Urteil vom 25.03.2021
Aktenzeichen: 3 Ca 391/20
Sachverhalt: Ein Arbeitgeber verwendete Fotos einer Mitarbeiterin ohne deren schriftliche Einwilligung in einer Broschüre. Die Mitarbeiterin hatte explizit erklärt, sie wolle nicht, dass die Fotos von ihr nur wegen ihrer ethnischen Herkunft verwendet werden. In der Broschüre waren sie mit „Internationalisation“ unterschrieben, der Text nahm Bezug auf ausländische Studenten.
Verletzungen: Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung, Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Schmerzensgeldsumme: 5 000 Euro
Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 30.01.2020
Aktenzeichen: 10 Sa 933/19
Sachverhalt: Nachdem ihre betriebsbedingte Kündigung für unwirksam erklärt worden war, wurde eine Angestellte von ihren Vorgesetzten schikaniert. Dazu gehörte die Versetzung in ein Einzelbüro ohne Telefonanschluss, das Kontaktverbot zu anderen Mitarbeitenden sowie der Ausschluss von Betriebsfeiern und gemeinsamen Aktivitäten.
Verletzungen: Mobbing, Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Schmerzensgeldsumme: 10 000 Euro
Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2019
Aktenzeichen: 12 O 168/18
Sachverhalt: Ein Mitarbeiter eines Bekleidungsgeschäfts wurde von einer Influencerin mit mehr als 600 000 Followern auf verschiedenen Social-Media-Plattformen angeprangert, beleidigt und bedroht.
Verletzungen: Beleidigung, Drohung, Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Schmerzensgeldsumme: 10 000 Euro
Andere psychische Schäden
Landgericht Bielefeld, Urteil vom 06.10.2021
Aktenzeichen: 5 O 170/17
Sachverhalt: Ein verstorbener Mann wurde von einem Bestattungsunternehmen fälschlicherweise in der Ost- statt in der Nordsee bestattet. Seine Witwe wurde durch das Ereignis traumatisiert und forderte vom Unternehmen Schmerzensgeld.
Verletzungen: Depression, Schlafstörungen, Bluthochdruck
Schmerzensgeldsumme: 2 500 Euro
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Wie ärgerlich, der Verlag hat die Seite zum Buch offenbar entfernt... Ich habe jetzt einen Link zu Informationen über das Buch auf den Seiten der Rechtsanwälte gesetzt, die es gemeinsam mit Professor Schwintowski erarbeitet haben.
Guten Tag,
der Link ( https://shop.bundesanzeiger-verlag.de/kfz-unfall-verkehr/handbuch-schmerzensgeld/ ) vom Absatz „Vorschlag eines Rechtsgelehrten“ funktioniert nicht.
Könnten Sie das bitten einmal überprüfen?
Mit freundlichen Grüßen...