Schlüsselqualifikationen

Porträt Mitarbeiterführung: Offenes Ohr unterm Helm

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Schlüsselqualifikationen - Noch besser im Job

Die Ingenieurin Ulrike Scharwächter ist heute Führungskraft in einem Mineralölkonzern. Ihr Tipp lautet: Auf jeden Mitarbeiter eingehen und die Unterschiede von Männern und Frauen beachten.

Vielleicht fing alles mit den Matchbox-Autos an, die Ulrike Scharwächter als Kind genauso liebte wie ihre Barbie-Puppen. „Die meisten entscheiden sich für Autos oder Puppen. Ich aber wollte beides“, sagt sie. Der Mut zu Unkonventionellem zieht sich durch den Lebensweg der heute 48-jährigen Ingenieurin. Die Entscheidung, Maschinenbau zu studieren, traf sie bewusst. „Meine Stärken liegen eher in den Naturwissenschaften“, sagt sie. „Mathematik als Studienfach kam dennoch nicht in Frage, da ich kein zurückgezogenes Dasein als Forscherin führen wollte. Ich wollte einen Beruf ergreifen, in dem ich mit Menschen kommunizieren kann.“

Gut verhandeln und viel wissen

Der Plan ist aufgegangen. In ihrer Funktion beim Mineralölkonzern BP ist sie heute verantwortlich für die Einführung eines „Operating Management System“. Dieses neue System soll sämtliche Prozessabläufe der Geschäftsbereiche des Energieunternehmens in einem einheitlichen System miteinander verbinden.

Verhandlungsgeschick und ein offenes Ohr für die Bedürfnisse von mehreren Tausend Mitarbeitern in West-Europa sind dabei genauso gefragt wie technisches Detailwissen. „Als Führungsaufgabe ist es eine echte Herausforderung, die Mitarbeiter für eine solche Veränderungssituation zu begeistern und zu motivieren“, sagt die Ingenieurin. Zuvor hatte sie als Bereichsleiterin Logistik die Verantwortung für 16 firmeneigene Mineralöllager und insgesamt 160 meist männliche Angestellte. Helm und Sicherheitsschuhe, die ständigen Begleiter der Ingenieure in der Mineralölbranche, bewahrt sie vorsorglich in ihrem Auto auf. Besuche in den Firmenstandorten gehören schließlich zum Tagesgeschäft.

Die Mineralölbranche ist eine klassische Männerdomäne, in der viele Ingenieure, Raffineriemitarbeiter und Techniker beschäftigt sind. Wie behauptet man sich da als Frau? „In einem stark männlich geprägten Umfeld ist es schwieriger, Vorurteile gegenüber Frauen zu erkennen und abzubauen“, erklärt sie. „Es ist noch immer so, dass Frauen sich stärker als Männer beweisen müssen. Außerdem werden Frauen eher nach ihren Leistungen beurteilt und Männer nach ihrem Potenzial.“

Ihre Studienjahre in Aachen hat sie nicht in bester Erinnerung. Der Frauenanteil an ihrem Fachbereich lag bei nur zwei bis drei Prozent. Ging eine der wenigen Studentinnen durch den Hörsaal, dann ertönte sofort ein Pfeifkonzert, das den Exoten-Status der angehenden Maschinenbau-Spezialistinnen zementierte. Eine völlig andere Welt erlebte sie in ihrem letzten Studienjahr während eines Forschungsaufenthalts in den USA. „Dort war man als Ingenieurin selbstverständlicher Teil des Teams“, erinnert sie sich. „Nur die Leistung zählte. Das war eine sehr positive Erfahrung, die den Beruf für mich erst greifbar gemacht hat.“

Plötzlich 20 Mitarbeiter führen

Ihren ersten Job hatte Ulrike Scharwächter beim amerikanischen Mineralölkonzern Exxon Chemical. Schon bald wurde sie Führungskraft in der Kundenbetreuung mit 20 Mitarbeitern. Eine Aufgabe, auf die sie sich während ihres eher technisch ausgerichteten Studiums kaum vorbereiten konnte. Das nötige Know-how lernte sie auf dem „klassischen Weg“, durch Seminare und interne Weiterbildung.

„Eine gute Führungskraft geht auf jeden Einzelnen ein und weiß, dass man mit Männern anders kommunizieren muss als mit Frauen“, resümiert sie. Ein Beispiel: „Vor einer Besprechung haben Männer oft bereits eine Entscheidung getroffen. Frauen dagegen wollen in einem Gespräch eine Lösung erarbeiten. Wenn man solche Eigenheiten kennt und beachtet, fällt vieles leichter.“

Mit dem Wechsel zu BP wuchsen als Bereichsleiterin Personalverantwortung und Einfluss. Besonders geholfen haben der Maschinenbauingenieurin in dieser Zeit die Gespräche mit einer Mentorin, die damals eine der ranghöchsten Managerinnen bei BP in Europa war. „Sie hat mir den Blick für die Politik im Unternehmen geöffnet“, erinnert sich Ulrike Scharwächter.

Sich selbst keine Grenzen setzen

Als sie vor zehn Jahren bei dem Energieunternehmen durchstartete, lag der Anteil der weiblichen Führungskräfte bei 5 Prozent, mittlerweile ist er auf 11,2 Prozent angestiegen. Damit es in Zukunft noch mehr Frauen auf einen Chefsessel schaffen, hat das Unternehmen von Männern und Frauen besetzte Entscheidungsgremien eingeführt, die über die Vergabe von Führungsjobs entscheiden. „Wenn eine Frau sich beruflich weiterentwickeln möchte, sollte das Unternehmen das auch fördern“, findet Ulrike Scharwächter. „Deshalb sollte man sich gleich von vornherein einen Arbeitgeber suchen, der Männern und Frauen die gleichen Chancen einräumt.“

In einem Punkt ist sich die Ingenieurin ganz sicher. Um als Frau beruflich erfolgreich zu sein, darf man keine gläsernen Decken über sich akzeptieren und sich keine Grenzen setzen. Die wichtigsten Schlüssel zum Erfolg sind ihrer Meinung nach Kompetenz, Professionalität und ein gewisses Durchhaltevermögen. Hier räumt sie ein: „Das sind natürlich Eigenschaften, die auch Männern gut zu Gesicht stehen.“

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