
Die Schlichtungsstelle Energie ist furios gestartet: 14 000 Anfragen landeten schon im ersten Jahr bei Schlichter Dieter Wolst und seinen Mitarbeitern. Gerechnet hatte der Verein mit rund 1 000 Fällen. Trotz des Ansturms: 90 Prozent der Schlichtungsverfahren endeten mit einer Lösung, die alle Betroffenen akzeptierten.
Schlichtung für unzufriedene Kunden
Seit November 2011 arbeitet die Schlichtungsstelle Energie. Kunden können sie anrufen, wenn sie im Streit mit ihrem Energieversorger nicht weiter kommen. Themen der Beschwerden bei der Schlichtungsstelle waren mögliche Fehler der Abrechnung (45 Prozent), Vertragsstreitigkeiten um Laufzeit, Kündigung oder Bonus (39 Prozent) und Schwierigkeiten beim Anbieterwechsel (10 Prozent). Das Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet die Versorger zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren. Die Schlichter sprechen am Ende eine Empfehlung aus. Weder Versorger noch Kunde sind an sie gebunden.
Oft kommt es zur Einigung
Doch in den meisten Fällen akzeptieren die Beteiligten den Vorschlag der Schlichter. Eine ganze Reihe von Energieversorgern sind inzwischen sogar Mitglied im Trägerverein, berichtet Schlichtungsstellen-Geschäftsführer Thomas Kunde in der Presseerklärung zum ersten Gründungstag der Schlichtungsstelle.
Zwei Anbieter im Brennpunkt
Auffällig: Mehr als die Hälfte aller Kundenbeschwerden galten allein zwei Anbietern. Welche das sind, wollte die Schlichtungsstelle nicht sagen. „Das Verfahren ist vertraulich“, erklärte Schlichtungsstellen-Geschäftsführer Thomas Kunde. Aus der Pressemitteilung ergibt sich nur: Es handelt sich um Unternehmen, die Strom- und Gaslieferverträge fast ausschließlich übers Internet anbieten. Auch test.de kennt die Beschwerde-Spitzenreiter bei der Schlichtungsstelle nicht. Viele Kundenbeschwerden, die bei der Stiftung Warentest eingehen, drehen sich um Marken hitstrom und prioenergie der Extra-Energie GmbH sowie Angebote des Unternehmen Flexstrom.
Streit um Kosten
Ärgerlich: Betroffene Anbieter können das Schlichtungsverfahren hintertreiben. Es wird nämlich unzulässig, wenn der Streit vor Gericht geht. Der Billig-Anbieter Flexstrom verklagte deshalb nach eigener Darstellung bereits über 100 Kunden, die sich bei der Schlichtungsstelle über das Unternehmen beschwert hatten (Flexstrom verklagt ehemalige Kunden). Hintergrund: Zahlen für die Schlichtung müssen die Energieversorger. So sieht es das Energiewirtschaftsgesetz vor. 416,50 Euro pro Fall sind fällig, wenn – wie in bisher rund 1 700 Fällen – ein förmliches Schlichtungsverfahren in Gang kommt. Bei einem Streitwert von 100 Euro liegen Gerichtskosten und Anwaltshonorare dagegen bei insgesamt nur rund 255 Euro. Ob Flexstrom vor Gericht besser abschneidet als im Schlichtungsverfahren, ist allerdings zweifelhaft. Betroffene können nämlich stets Widerklage erheben oder womöglich erneut die Schlichtungsstelle anrufen, sobald das zuständige Gericht die Flexstrom-Klage gegen sie abgewiesen hat.