Fast jeder vierte Beschäftigte in Deutschland arbeitet mehr als 45 Stunden, jeder sechste sogar mehr als 48 Stunden. Das ist das Ergebnis einer jüngst veröffentlichten Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Allzu lange Arbeitszeiten können das Schlaganfallrisiko erhöhen, wie eine Gruppe europäischer Forscher jetzt anhand einer großangelegten Analyse herausgefunden hat. Doch womöglich sind es nicht nur die vielen Überstunden, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken.
Daten von mehr als einer halben Million Menschen erfasst
Schon länger bringen Experten lange Arbeitszeiten mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung. Um diese Zusammenhänge nun genauer zu untersuchen, analysierten Forscher aus mehreren europäischen Ländern verschiedene Studien, darunter auch bislang unveröffentlichte Daten – und legten dabei ihr Augenmerk vor allem auf das Schlaganfallrisiko. In die Meta-Studie, die kürzlich im Fachjournal Lancet erschienen ist, flossen Daten von mehr als 500 000 Menschen aus Europa, den USA und Australien ein. Die Probanden hatten ihre Arbeitszeit per Selbstauskunft angegeben, teils über mehrere Jahre hinweg.
Ab mehr als 55 Stunden wird es kritisch
Die Analyse zeigt, dass Menschen, die mehr als 55 Stunden in der Woche arbeiten, ein um 33 Prozent höheres Schlaganfallrisiko haben – im Vergleich zu Beschäftigten, deren Wochenarbeitszeit zwischen 35 und 40 Stunden liegt. Das heißt: Von 1 000 Arbeitnehmern mit einem „normalen“ Wochenpensum erleiden 12 einen Schlaganfall, von 1 000 mit einer 55-Stunden-plus-Woche sind es 18.
Geschlecht und Wohnort spielen keine Rolle
Das Geschlecht der Studienteilnehmer spielt für das Ergebnis keine Rolle, auch nicht, aus welcher Region sie stammen, und ob sie auf dem Land leben oder in der Stadt. Beschäftigte mit einer Wochenarbeitszeit zwischen 49 und 54 Stunden haben der Studie zufolge ebenfalls ein leicht erhöhtes Schlaganfallrisiko. Kaum messbar war der Unterschied zwischen jenen mit normaler Arbeitszeit und Menschen, die 41 bis 48 Stunden pro Woche am Arbeitsplatz verbrachten. Die Meta-Analyse gibt keine Antwort auf die Frage, über welchen Zeitraum ein Wochenpensum von mehr als 55 Stunden durchgehalten werden kann, bis sich das Schlaganfallrisiko erhöht. Denn nicht alle Studien, die in die Auswertung eingingen, wurden über einen längeren Zeitraum fortgeführt.
Auch Arbeitsbedingungen können eine Rolle spielen
Die Forscher untersuchten für die Meta-Studie auch, ob Überstunden das Herz belasten. Von Herzleiden sind insgesamt deutlich mehr Menschen im arbeitsfähigen Alter betroffen. Allerdings ist der Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Erkrankungsrisiko nach Ansicht der Wissenschaftler weniger eindeutig als im Fall von Schlaganfällen. Offenbar sind hier andere Einflüsse relevanter als die Länge der Arbeitszeit. Einfluss auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben vermutlich auch ungünstige Arbeitsbedingungen, die sich aus langen Arbeitszeiten ergeben können.
Stress, langes Sitzen, körperliche Inaktivität
Dazu zählen beispielsweise eine allgemeine berufliche Belastung, wiederholte Stress-Situationen oder auch langes Sitzen beziehungsweise körperliche Inaktivität. Diese Faktoren konnten in der vorliegenden Analyse zwar nicht berücksichtigt werden, die Forscher halten es aber für möglich, dass sie eine Rolle spielen könnten.
Weniger arbeiten nützt nichts
Die Untersuchungen ergaben zudem etwas Bemerkenswertes: Wer weniger als 35 Stunden in der Woche arbeitet, hat kein geringeres Schlaganfallrisiko als jemand mit einem 35-bis-40-Stunden-Pensum.
Wie lässt sich Schlaganfällen vorbeugen?
- Risiken reduzieren. Achten Sie bei hoher Arbeitsbelastung darauf, typische Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie etwa Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Rauchen und körperliche Inaktivität möglichst zu minimieren. Insbesondere langes Sitzen schadet der Gesundheit − dafür gibt es immer mehr Hinweise.
- Regelmäßig bewegen. Versuchen Sie, ungefähr jede halbe Stunde einmal aufzustehen und sich zu bewegen. Laufen Sie im Büro umher, strecken sie die Arme nach oben oder führen Sie Telefonate im Stehen. Ideal sind Schreibtische, die sich zum Stehpult hochdrehen lassen. Dann müssen Sie Ihre Arbeit nicht unterbrechen.
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bestätigt was seit Jahrzehnten bekannt ist, dass es vermutlich genau so ungesund ist ständig zu viel zu arbeiten wie ständig träge und antriebslos herumzusitzen. Ein ausgewogenes Mittelmaß aus altersgerechter Aktivität und ausreichenden Erholungszeiten wird sich langfristig vermutlich positiv auf das körperliche und seelische Befinden auswirken. Leider werden die bekanntermaßen negativen Auswirkungen von Schichtarbeit, Stress während der Arbeitszeit und Schlafunterbrechungen, z.B. im Gesundheitswesen, bei Polizei und Feuerwehr, auf die Gesundheit der Arbeitnehmer über viele Berufsjahre hinweg immer noch viel zu wenig gewürdigt. Auch dort gibt es immer noch sehr viel Verbesserungs- und Nachholbedarf.