Wasser hat keine Balken. Bei rauer See können Schiffsfonds rasch in Schieflage geraten. Manchmal fallen die Erträge auch ganz ins Wasser. Anleger sollten vor dem Einstieg ihre Seefestigkeit prüfen.
Der Trieb zum Steuernsparen, behaupten böse Zungen, sei hierzulande so ausgeprägt wie kaum ein anderer. Die Werbung mit Steuervorteilen beschert Anbietern von Schiffsfonds so viel Zulauf wie nie zuvor. Zehntausende Kapitalanleger beteiligten sich im vergangenen Jahr mit rund 2,3 Milliarden Euro an 273 Containerschiffen, Mehrzweckfrachtern oder Spezialschiffen.
Sogar Banken und Sparkassen verkaufen die Fonds inzwischen am Schalter. Und auch Finanzvertriebe wie der Allgemeine Wirtschaftsdienst (AWD) in Hannover haben die Vermittlung der Fonds als lukrative Provisionsquelle ausgemacht. Doch Schiffsfonds sind riskant. Anleger können baden gehen.
Auch wenn derzeit auf den meisten Schifffahrtsmärkten viel Geld verdient wird und der Seetransport weltweit zunimmt, sollte kein Anleger sein gesamtes Geld in Schiffsbeteiligungen investieren. Denn die Schifffahrtsmärkte machen immer wieder rasante Berg-und-Tal-Fahrten durch.
Schiffsfonds taugen allenfalls als Beimischung im Portfolio. Wenn alles nach Plan liefe, wären steuerfreie Renditen zwischen 5 und 8 Prozent für den Anleger realistisch. Aber sie sind genauso unsicher wie weitere Steuervorteile.
Viele unternehmerische Risiken
Schiffsbeteiligungen sind geschlossene Fonds mit vielen unternehmerischen Risiken. Haben die Anbieter genug Geld für das Schiff eingeworben, verkaufen sie keine weiteren Anteile mehr und schließen den Fonds. Die Anleger werden als Kommanditisten zu Anteilseignern einer Schiffskommanditgesellschaft (KG), die in der Regel ein Schiff betreibt. Bei Flotten- und Dachfonds sind es mehrere Schiffe.
Als „Mitreeder“ sind die Anleger sowohl an Gewinnen als auch an Verlusten beteiligt. Wirtschaftet der Fonds schlecht, können die Renditen kippen oder ausfallen. Im schlimmsten Fall geht das investierte Kapital baden.
Deshalb ist es unseriös, wenn die Vertreiber der Fonds zunehmend Kleinanleger werben. Für sie sind Schiffsfonds völlig ungeeignet.
Nur für betuchte Anleger
Schiffsfonds kommen also nur für spekulativ eingestellte, betuchte Anleger infrage, die auf ihre Einkünfte auch nach Abzug der Beteiligungssumme noch den höchsten Steuersatz bezahlen. Denn sie können zum einen mit den so genannten Kombimodellen (siehe „Tonnagesteuer pur oder Kombimodell?“) eventuelle Steuervorteile im vollen Umfang ausnutzen und sie können zum anderen zur Not auch Verluste ertragen.
Warnsignale im Fonds-Dschungel
Die größte Hürde für schifffahrtsfremde Investoren ist die Auswahl des richtigen Objekts. Denn neben seriösen Anbietern gibt es auch schwarze Schafe.
Die Anbieter, die Emissionshäuser, legen Leistungsbilanzen vor. Sie sind die wichtigste Orientierungshilfe bei der Auswahl eines Fonds. Diese Bilanzen sind zwar keine Qualitätsgarantie für die Zukunft, geben aber Auskunft über die Zuverlässigkeit der Fondsanbieter in der Vergangenheit. Legt ein Emissionshaus keine oder nur eine unvollständige Leistungsbilanz vor, sollten Anleger dort keinen Fonds zeichnen.
Sehr hohe Nebenkosten
Läuft der Fonds schlecht, fallen meist allein die Anleger ins kalte Wasser. Zwar sitzen sie bei Schiffsfonds mit Reedern, Fondsinitiatoren und manchmal auch Vermittlern im gleichen Boot. Doch diese sind selbst meist nur mit einer – gemessen am gesamten Kapital der Anleger – bescheidenen Summe beteiligt. Ihre Beteiligung wird oft durch sichere Provisionen, Gebühren oder andere Vergütungen aus der Fondskasse mehr als ausgeglichen. Im Unterschied zum Anleger verdienen sie deshalb auch an schlecht laufenden Schiffsfonds ganz hervorragend.
Allein 20 bis 35 Prozent des Anlegergeldes gehen für Kosten drauf, die für Konzeption und Vertrieb berechnet werden. Manche Gebühren fallen für überwiegend fiktive Leistungen an – im Branchenjargon „blaue Luft“ genannt.
Dubiose Köder für Anleger
Zusätzlich zu seiner Anlagesumme zahlt der Anleger noch ein Agio, eine Art Beitrittsgeld in Höhe von 5 Prozent. Offiziell gilt das Agio als Vergütung für den Vermittler. In Wahrheit erhält er für seine Dienste jedoch zirka 12 bis 25 Prozent des Anlegerkapitals. Das ist ein Hauptgrund dafür, dass Vermittler die Fonds so gerne verkaufen.
Um möglichst erfolgreich zu sein, greifen sie häufig zu fragwürdigen Verkaufsmethoden. Manche Vertriebe ködern Kunden damit, dass sie die 5 Prozent Agio ganz oder teilweise verdeckt an sie zurückzahlen. Dem Vermittler bleibt ja immer noch genug.
Doch solche „Kickbacks“ sind rechtlich und steuerlich problematisch und müssen vom Anleger auf jeden Fall als Sondereinnahme versteuert werden.
Werbung mit „Renditefonds“
Im Gegensatz zu den Abschreibungsmodellen früherer Jahre werden Schiffsfonds der neuen Generation in der Werbung gern als „Renditefonds“ bezeichnet. Statt mit steuerlichen Verlustzuweisungen versuchen die Anbieter sich nun mit möglichst hohen Ausschüttungen zu übertrumpfen – und das oft schon vom zweiten Jahr der Beteiligung an.
Sie erwecken damit den Eindruck, als gebe es nach so kurzer Zeit bereits echte Gewinne. Doch Gewinne machen Schiffsfonds in der Regel erst nach vielen Jahren. In Wahrheit handelt es sich bei den Ausschüttungen um vorgezogene steuerfreie Entnahmen.
Am Anfang stammen sie oft aus überschüssigem Geld, das nicht investiert wurde. Denn trickreich halten sich Anbieter mit Klauseln im Gesellschaftervertrag Hintertüren offen, um mehr Kapital einwerben zu können, als in der Kalkulation des Prospekts ausgewiesen wird. Mit diesem beliebten Trick verhelfen sie Fonds bereits in der Startphase zu finanziellen Reserven.
Für die beteiligten Gesellschafter ist dies ebenso unsinnig wie nachteilig. Zum einen mindert das Verfahren die Rentabilität der Investition dauerhaft, zum anderen bezahlen sich die Anleger so ihre ersten Ausschüttungen quasi aus eigener Tasche.
Alle Ausschüttungen können bis zum Ende der Fondslaufzeit jederzeit zurückgefordert werden, wenn das Fondsschiff wirtschaftlich in Schieflage gerät.
Zudem fallen die Ausschüttungen häufig viel geringer aus als im Prospekt angegeben, wie eine Auswertung von 816 Schiffsfonds zum 31. Dezember 2001 ergab. Über 60 Prozent der Schiffe blieben hinter den Prognosen zurück (siehe „Viele Fonds waren wirtschaftlich erfolglos“).
Über echte Überschüsse können sich private Investoren bei Schiffen erst nach rund zwölf Jahren freuen. So lange dauert es meist, bis das eingesetzte Kapital über Ausschüttungen an den Anleger zurückfließt. Erst danach beginnt die Beteiligung allmählich Früchte zu tragen, wie das Beispiel für eine Beteiligung über 100 000 Euro an einem reinen Tonnagesteuer-Modell zeigt.
1. Investitionsphase
105 000 Euro Beteiligungssumme + 5% Agio
– 20 000–35 000 Euro Nebenkosten
= 70 000–85 000 Euro Investition in Schiffe
2. Rückflussphase (1. bis ca. 12. Jahr)
105 000 Euro Kapitaleinsatz fließt über Ausschüttungen zurück
3. Gewinnphase (ca. 13. bis 17. Jahr)
+ insges. ca. 50 000 Euro Prospektprognose 11–13% Ausschüttung pro Jahr
+ ca. 30 000–70 000 Euro Endausschüttung aus Verkauf des Schiffes
= 185 000–225 000 Euro alle Ausschüttungen
– ca. 2 000 Euro Tonnagesteuer ges. Laufzeit
= 183 000–223 000 Euro Auszahl. lt. Prognose
– 105 000 Euro Beteiligungssumme
ca. 78 000–118 000 Euro Kapitalzuwachs laut Prognose nach 15–17 Jahren
Entspricht einer Rendite von 5–8 % pro Jahr
Sowohl bei reinen Tonnagesteuer- als auch bei Kombimodellen bleiben die Ausschüttungen nahezu steuerfrei. Das Kombimodell bringt zwar zu Beginn auch noch hohe Steuerrückflüsse vom Finanzamt, hat aber den Nachteil, dass am Ende erhebliche Steuerzahlungen anfallen (siehe „Tonnagesteuer pur oder Kombimodell?“).
Wackelige Renditeprognosen
Auch die Renditeprognosen der Anbieter stehen überwiegend auf fragwürdigen Füßen. So kalkulieren manche Anbieter die Fondsergebnisse finanzmathematisch nach dem so genannten internen Zinsfuß. Sie werben dann mit scheinbar attraktiven „IRR-Renditen“ von jährlich 7,5 bis 13 Prozent. Diese Angaben sind für Laien irreführend, da sie nicht mit den Renditen anderer Anlagen vergleichbar sind.
Vielen Anlegern ist nicht klar, dass sich IRR-Renditen niemals auf die gesamte Einlage beziehen. Wer sich mit 25 000 Euro an einem Fonds beteiligt und dem der Prospekt eine IRR-Rendite von 9 Prozent in Aussicht stellt, erhält nicht etwa eine durchschnittliche Rendite von 9 Prozent pro Jahr auf seine 25 000 Euro.
Vielmehr werden zunächst alle Steuerrückflüsse und Ausschüttungen abgezogen. Die IRR-Rendite bezeichnet nur die interne Verzinsung des jeweils noch gebundenen Kapitals.
Sicherheit von Chartergarantien
Schiffe bringen nur dann Rendite, wenn sie auf den internationalen Chartermärkten regelmäßig beschäftigt sind und Ladung transportieren. Bei der Auswahl eines geeigneten Fonds sollten Anleger darum auf einen gesicherten Chartervertrag für die ersten Jahre achten. Nicht jeder im Prospekt ausgewiesene Chartervertrag bedeutet auch echte Beschäftigung. Anleger sollten sich bestätigen lassen, dass der angegebene Charterer tatsächlich selbst Ladung und Beschäftigung für das Schiff hat. Muss er es stattdessen erst noch an Dritte weiterverchartern, sollte er durch bankverbürgte Garantien nachweisen, dass er auch in Krisenzeiten zu seinen vertraglichen Verpflichtungen stehen kann.
Chartergarantien geben zwar eine gewisse Sicherheit, ersetzen aber keine echte Charter. Dasselbe gilt für Charteroptionen und den Einsatz eines Schiffes in einem Beschäftigungspool.
Lange Zeit auf See
Wer sich an Seeschiffen beteiligt, legt sein Geld für viele Jahre fest an den Anker. Die geplante Laufzeit der Fonds beträgt meist 14 oder 15 Jahre, bei Gebrauchtschiffen um die zehn Jahre.
Lassen sich die Schiffe danach nicht Gewinn bringend verkaufen und sind die Kredite der Banken oder die Einlagen der Anleger bis dahin nicht zurückgezahlt, wird sich die Dauer einer Beteiligung um weitere Jahre in die Länge ziehen. Selbst wirtschaftlich erfolgreiche Fonds können länger laufen als geplant, weil ein schuldenfreies Schiff den Anlegern insbesondere in den letzten Jahren attraktive Ausschüttungen bescheren kann.
Vorteile von längeren Laufzeiten haben in jedem Fall die Reedereien und die den Emissionshäusern nahe stehenden Treuhänder. Für sie sind die Gebühren aus dem Fondsbetrieb eine willkommene Einnahmequelle. Anleger sollten deshalb gut überlegen, ob sie einer Verlängerung der Laufzeit des Schiffsfonds auf der Gesellschafterversammlung zustimmen wollen.
Nachschüsse im Krisenfall
Läuft ein Fonds nicht gut, kann es passieren, dass Anleger noch Geld nachschießen müssen. Zwar verharmlosen die Anbieter die Risiken der KG-Beteiligungen mit dem Hinweis darauf, dass es keine Nachschusspflicht für Anleger gebe. Gerät der Fondsfrachter jedoch wirtschaftlich ins Schlingern, sieht die Realität meist anders aus.
Fährt die KG so wenig ein, dass nicht einmal die Rückzahlung der Schiffskredite sichergestellt ist, werden Banken auf einem Sanierungsnachschuss der beteiligten Kommanditisten bestehen.
Verweigern Anleger diesen, riskieren sie, dass ihr Schiff zwangsversteigert wird und ihr investiertes Kapital ganz über Bord geht. Sie müssen zudem damit rechnen, bei der Verteilung später doch noch erwirtschafteter Überschüsse hinter den Ansprüchen der Mitgesellschafter zurückzustehen, die zur Sanierung des Fonds beigetragen haben.
Ausstieg nur mit Verlust
Ein vorzeitiger Ausstieg aus einer Schiffsbeteiligung ist in der Regel nur mit gravierenden finanziellen Verlusten möglich. Nicht einmal der Verkauf von Anteilen wirtschaftlich erfolgreicher Schiffsbeteiligungen ist einfach. Denn es gibt bisher keinen unabhängigen geregelten Zweitmarkt für Beteiligungen an geschlossenen Schiffsfonds.
Anteile erfolgloser Schiffe, von denen es eine ganze Menge gibt, lassen sich – wenn überhaupt – nur zu einem Bruchteil der Zeichnungssumme wieder losschlagen. Manchmal fällt das Geld aber auch ganz ins Wasser.
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