
Etliche krisengeschüttelte Schiffsfondsgesellschaften fordern Ausschüttungen von ihren Anlegern zurück. Hunderte Anleger wehrten sich mit rechtlichen Schritten, blitzten bei Gerichten damit jedoch fast immer ab. Der Bundesgerichtshof gab ihnen jetzt aber in zwei Fällen Recht: Fondsgesellschaften dürfen Ausschüttungen nur dann zurückfordern, wenn das im Gesellschaftsvertrag eindeutig so vorgesehen ist.
Gericht befasste sich mit Schiffsfonds von Dr. Peters
Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich mit den Rückforderungen der beiden angeschlagenen Schiffsfonds DS-Fonds Nr. 38 MS Cape Hatteras und DS-Fonds Nr. 39 MS Cape Horn des Dortmunder Emissionshauses Dr. Peters. Die Schiffe rutschten 2009 in eine Krise. Die Gesellschafter stimmten auf Versammlungen einem Restrukturierungskonzept zu, das eine Rückzahlung von Ausschüttungen vorsah.
Rückforderung von mehr als 60 000 Euro
Die Fonds verklagten Gesellschafter, die nicht zahlten. Dazu gehörte eine Anlegerin, deren Ehemann sich 1994 beteiligt und ihr den Anteil übertragen hatte. Sie sollten die 61 335 Euro beziehungsweise 30 677 Euro zurückzahlen, die sie über die Jahre bekommen hatten. Die Fondsgesellschaft argumentierte, die Zahlungen seien wie Darlehen zu behandeln, weil das Geld gar nicht aus erwirtschafteten Gewinnen stammte. Das Landgericht Dortmund gab der Gesellschaft im Juli 2010 Recht, das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung im März 2011.
Übliche Praxis
Was die Fondsgesellschaft vortrug, entsprach einer üblichen Praxis bei Schiffsfonds: Früher schütteten sie regelmäßig Geld an die Anleger aus, egal ob sie im operativen Geschäft Gewinne oder Verluste machten. Vom Auf und Ab an den Weltschifffahrtsmärkten bekamen die Investoren daher wenig mit. Übersteigen die Ausschüttungen die erwirtschafteten Gewinne – ein häufiger Fall – können Anleger im Krisenfall Ärger bekommen, denn dann haften sie in gewissem Umfang gegenüber Dritten für Verbindlichkeiten ihres Fonds. Insolvenzverwalter oder etwa Gläubigerbanken haben im Prinzip Zugriff auf das Geld. Betroffene haben wenig Chancen, sich dagegen zu wehren.
Bisher 450 Urteile zugunsten der Fonds
Auch bei den Rückforderungen der Fondsgesellschaften sah es jahrelang so aus. Allein 22 Schiffsfonds der Dr. Peters-Gruppe verlangten 75,2 Millionen Euro bei gut 6 600 Anlegern zurück und sammelten auf diese Weise 62,2 Millionen Euro wieder ein. Amts- und Landgerichte fällten 450 Urteile zugunsten der Fonds. Die Oberlandesgerichte Hamm, Celle und München folgten dieser Auffassung in bislang 40 Entscheidungen ebenfalls. In einem einzigen Fall scheiterten die Fonds. Das habe an den besonderen Umständen dieses Einzelfalls gelegen, sagt ein Sprecher der Gruppe.
BGH legt Verträge anders aus
Der Bundesgerichtshof legte die Gesellschaftsverträge in den ihm vorliegenden Fällen aber anders aus. Es sei zwar von „Darlehenskonto“ und „Darlehensverbindlichkeit“ die Rede. Aus der Gesamtschau der Regelungen ergebe sich aber nicht eindeutig, dass die Fonds das Geld zurückholen dürften. Daher entschied er zugunsten der beklagten Gesellschafterin.
Urteil wirkt über Einzelfall hinaus
Nach Ansicht von Rechtsanwalt Ralph Veil von der Kanzlei Mattil & Kollegen in München, der zahlreiche Gesellschafter vertreten hat, wirkt das Urteil über den Einzelfall hinaus: „Wer die Ausschüttungen bei diesen beiden Fonds noch nicht zurückgezahlt hat, braucht das nun nicht mehr zu tun.“ Wer das Geld schon überwiesen habe, könne es mit Verweis auf die Entscheidung zurückholen. Pech haben aber die Anleger, die bereits rechtskräftig zu einer Zahlung verurteilt wurden.
Anleger sollten Regelungen genau prüfen
„Die Entscheidung könnte auch weitere Fonds der Dr. Peters-Gruppe aber auch anderer Emissionshäuser betreffen“, sagt der Anlegeranwalt Mathias Nittel aus Heidelberg. In der Branche seien oft ähnliche Formulierungen verwendet worden. So hatten andere Emissionshäuser bei Rückforderungen auch auf die Entscheidungen der Gerichte im Fall Dr. Peters verwiesen. Wenn Anleger mit Rückforderungen jeglicher Art konfrontiert werden, sollten sie die Regelungen bei ihren speziellen Fonds genau prüfen.
„Pyrrhus-Sieg“
Das Urteil bezieht sich allerdings nur auf das Innenverhältnis zwischen Gesellschaftern und Fonds. Es erlaubt Anlegern nur, sich Rückzahlungsforderungen der Fondsgesellschaften zu entziehen, wenn die Regelungen dazu uneindeutig sind. Das gilt nicht im Außenverhältnis, also etwa gegenüber Gläubigerbanken oder Insolvenzverwaltern. Sollten Fondsgesellschaften zum Beispiel insolvent werden, müssten Anleger die Ausschüttungen doch zurückzahlen, wenn sie dazu aufgefordert werden. Anselm Gehling, Chef der Dr. Peters-Gruppe, spricht gar von einem „Pyrrhus-Sieg“. Die Fonds hätten mit dieser Maßnahme versucht, die Schiffe weiter zu betreiben und damit zu verhindern, dass die betreffenden Kapitalanleger durch Gläubiger oder durch einen Insolvenzverwalter zur Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen gezwungen werden können. Dies sei nun nicht mehr möglich. Die Fonds hätten auch kein Geld, um rücküberwiesene Mittel wieder an die Gesellschafter auszukehren.
Bundesgerichtshof, Urteile vom 12. März 2013,
Aktenzeichen II ZR 73/11 und II ZR 74/11
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