
Nach einem Verkehrsunfall ist richtiges Handeln gefragt. Verletzten muss geholfen werden. Und dann Frage: Wann die Polizei holen? Und wie die Schäden regulieren?
Sichern. Oberste Priorität haben das Absichern der Unfallstelle und die Versorgung von Verletzten. Also Warnblinklicht einschalten und Warndreieck aufstellen. In der Stadt reichen 50 Meter Abstand, auf Bundesstraßen 100 Meter, auf Autobahnen 200 Meter. Zur Sicherheit die Warnweste anziehen.
Notruf. Bei schweren Unfällen und wenn es Verletzte gibt, empfiehlt sich die Notrufnummer 110 der Polizei oder die Notfallnummer 112. Das ist auch ohne Guthaben auf dem Handy möglich. An Autobahnen kann man die Notrufsäulen nutzen. Sie stehen alle zwei Kilometer. Ein schwarzer Pfeil an den Leitpfosten zeigt die Richtung zur nächsten Säule. Anrufer sollten mitteilen: Wo ist der Unfall passiert? Was ist passiert? Gibt es Verletzte? Welche Verletzungen? Wer meldet den Unfall?
Verletzte. Bei Unfällen mit Toten oder Verletzten sollte man die Polizei unbedingt holen. Das empfiehlt sich auch bei Sachschäden über 1 000 Euro, bei unklarer Schuldfrage, wenn der Unfallgegner keine Papiere hat, wenn er unter Alkohol oder Drogen steht, bei Unfällen mit Wild, wenn Öl oder Treibstoff auslaufen, wenn der fremde Pkw im Ausland zugelassen ist oder der Fahrer dort lebt. Bei Mietautos und Firmenwagen gibt es oft Vorschriften, die Polizei zu rufen.
Kleinschäden. Bei kleinen Blechschäden ist die Polizei zwar nicht unbedingt nötig. Aber wer sie ruft, muss nichts dafür bezahlen. Die Beamten machen dann eine „vereinfachte Sachverhaltsfeststellung“: keine ausführliche Dokumentation, keine Zeugenbefragungen, keine Fotos, keine Skizze, schon gar keine Prüfung technischer Sachverhalte. Ihre Aufgabe ist nicht die abschließende Klärung der Schuldfrage. Die Polizei klärt Verkehrsverstöße, nicht Schadenersatzansprüche. Das regeln die Versicherer.
Personalien. Unfallbeteiligte müssen am Ort bleiben und ihre Personalien nennen, auch wenn sie es eilig haben. Laut Strafgesetzbuch haben Unfallbeteiligte Anspruch, die Identität des jeweils anderen zu erfahren. Weigert sich der andere, rufen Sie die Polizei. Er muss dann warten, bis sie eintrifft.
Bußgeld. Der Fahrer, den die Polizei für den wahrscheinlichen Unfallverursacher hält, muss ein Verwarnungsgeld zahlen. Akzeptiert er es, bedeutet das kein Schuldanerkenntnis. Vorsicht mit ausführlichen Erklärungen. Unfallbeteiligte sind nur zu Angaben über Person und Fahrzeug verpflichtet. Wer mehr sagt, muss damit rechnen, dass dies später gegen ihn verwendet wird.
Beweise. Es ist gut, Beweise zu sichern: also Zeugen zu suchen und Fotos zu machen, zuerst Übersichtsbilder aus verschiedenen Blickwinkeln. Dabei sollte man feste Punkte wie Laternen mitablichten, ebenso Details wie Knicke in der Bremsspur. Mit Kreide lassen sich die Fahrzeugecken auf dem Asphalt kennzeichnen, ebenso Radpositionen und Lenkeinschlag. Wenn es geht, sollte man die Autos erst danach zur Seite fahren. Dort ist Zeit, die Schäden an den Autos im Detail zu fotografieren. Es kommt nicht auf jeden Kratzer an. Die kann ein Sachverständiger auch später sehen. Die Fotos sollten zeigen, was demoliert ist: Front, Seite, Heck? Wichtig ist ein Protokoll wie der Europäische Unfallbericht. Ein Ausdruck sollte vorsorglich im Auto liegen. Alle Beteiligten sollten unterschreiben.
Versicherung. Nennt der Unfallgegner seine Versicherung nicht, hilft der Zentralruf der Autoversicherer (Tel. 0 800/2 50 26 00). Dann meldet sich die Versicherung oft schon am Unfallort. Doch niemand sollte vor Ort verbindliche Zusagen abgeben. Ist die Schuldfrage strittig, ist oft der Gang zum Anwalt nötig. Wer eine Verkehrsrechtsschutzversicherung hat, erhält dort häufig gratis eine telefonische Erstberatung.
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- Nach dem Unfall zahlt der Kfz-Versicherer erst für den Schaden, stuft aber dann den Schadenfreiheitsrabatt des Versicherten zurück – wie weit zurück, hängt vom Tarif ab.
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- In vielen Städten fahren nicht nur Taxis. Einen Fahrservice vermitteln auch die Apps von Uber oder Free Now. Aber: Trotz gleicher Dienstleistung gibt es Unterschiede.
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Bei der Aufzählung der typischen Positionen, an denen die Versicherer gerne kürzen, wird unter dem Punkt "Werkstatt" missverständlich bzw. falsch formuliert.
Hier wird die Rechtsprechung des BGH zur fiktiven Abrechnung zitiert, also die Form der Abrechnung, bei der gerade keine Werkstattrechnung vorgelegt wird.
Nur in diesen Fällen ist unter den skizzierten Umständen eine Kürzung einzelner Positionen ggf. möglich.
Dies gilt aber nicht, wenn der Geschädigte eine Reparaturrechnung einer Werkstatt vorlegt, und sei es auch eine Rechnung einer etwas teureren Markenwerkstatt. Der Geschädigte hat nach wie vor freie Werkstattwahl.
In diesem Teil des Beitrags wird mE nicht ausreichend deutlich, dass sich der Geschädigte seine Werkstatt selbst aussuchen und dann darauf vertrauen kann, dass er einen Erstattungsanspruch hat.
Selbstverständlich gibt es Interessenskonflikte zwischen Kunde-Versicherer-Werkstatt-Sachverständige-Rechtsanwälte. Jeder versucht das maximale rauszuholen. Das trifft auch auf Kunden zu, die Vorschäden mitreparieren wollen. Werkstätten die absolut unverhältnismäßige Konditionen und Positionen aufrufen, ebenso wie Anwälte und Sachverständige die zusätzlich mitverdienen wollen. Eine pauschale Aussage über alle Versicherungen zu treffen und hier Tricksereien unterstellen zu wollen wäre zu einfach. Auf jeder Seite gibt es die "schwarzen Schafe". Als Verbraucher möchte ich gerne noch eines anmerken: Die Versicherer stehen untereinander im Preis-Wettkampf. Bei einfach gelagerten Reparaturschäden verdoppelt ein Sachverständigen-Gutachten und der Rechtsanwalt schnell die Schadensumme und liefern keinen Mehrwert. Wer glauben Sie zahlt die zusätzlichen Euros am Ende? Natürlich der Verbraucher über seine Versicherungsprämie. Bei Problemfällen wie o.g., mach der Anwalt sinn. Aber eben nicht immer
Zunächst ist festzustellen, dass das Vers.-unternehmen ein Wirtschaftsunternehmen ist, mit einer entsprechenden Denkweise. Das der Zustand in der Schadenregulierung mittlerweile Dimensionen angenommen hat, wie diese heute vorherrschen, hat natürlich immer zwei Seiten. Wenn man heute die Anzahl der vermeintlichen Sachverständigen sieht, kann es kein Wunder sein, dass wir diesen mittlerweile armseligen Zustand in der Schadenregulierung haben. Jeder kann, unabhängig seiner Qualifikation, sich als Sachverständiger bezeichnen. Die Anforderungen und das Betriebsrisiko liegen heutzutage im „Schnäppchenpreis“-Bereich, d.h. Sie können heute für unter € 300,00 sich eine Software zulegen, so dass Sie in der Lage sind Gutachten zu erstellen. Nachdem das Honorar nach der Schadenhöhe abgerechnet wird, wird dies natürlich auch schamlos ausgenutzt. Weiterhin gibt es immer mehr SV’s, d.h. auch Werkstätten haben dies zwischenzeitlich erkannt, um sich dieser „Gelddruckmaschine“ Gutachten zu bedienen.
@j-m.s: So steht es im BGB. Bei der Anwendung von Gesetzen ist es oft notwendig, deren Inhalte weiter zu entwickeln und sachgerecht anzuwenden. Das machen Gerichte. So auch bei der Regulierung von Schäden. Die im Text zitierte 130-Prozent-Grenze ist mehrfach durch BGH-Urteile bestätigt worden.
Lesen sie mal §249 BGB:
"Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand (wieder)herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre."
Also: jemand fährt mein Auto zu Schrott, es ist Totalschaden. Dann kann ich verlangen, dass das Auto so wiederhergestellt wird, wie es vorher war. Egal was das kostet. Und wenn dazu Teile aus Brasilien eingeflogen werden müssen.