Grundsätzlich darf der Geschädigte gleich nach dem Unfall einen Mietwagen nehmen. Das gilt auch für die Zeit, in der Werkstatt oder Gutachter die Schadenhöhe feststellen, sowie für den Fall, dass er verletzt ist und nicht fahren kann. Dann kann jemand anders ihn fahren (OLG Düsseldorf, Az. 1 U 220/10). Ist das Gutachten da, darf man ein bis zwei Tage überlegen, ob das Auto repariert werden oder ob ein neues her soll.
Teure Unfallersatzwagen
Viele Verleiher haben für Unfallersatzwagen sehr teure Tarife, Versicherer erstatten aber oft nur den Normaltarif. Man sollte mindestens drei Angebote einholen. Ist ein Preisvergleich nicht möglich, etwa bei einem Unfall nachts, darf man das erste Angebot nehmen, muss aber später ein günstigeres wählen. Orientierung gibt die Schwackeliste für Mietwagen oder die Fraunhoferliste. Der Preis sollte nicht mehr als 50 Prozent höher liegen.
Wer Porsche fährt, darf auch einen Porsche mieten
Wer vorsichtig ist, wählt den Mietwagen eine Klasse kleiner als den eigenen Pkw. Doch viele Gerichte meinen, man dürfe die gleiche Klasse nehmen, wenn man den Wagen maximal für 1 000 Kilometer braucht. Ein Porsche-Fahrer darf sich also einen Porsche mieten (Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 29 C 937/16 [44]). Ebenso muss der Versicherer den Zuschlag für eine Vollkasko tragen, auch wenn das kaputte Auto nicht vollkaskoversichert war (BGH, Az. VI ZR 74/04).
Was ist eine Nutzungsausfallentschädigung?
Wer keinen Mietwagen nimmt, erhält eine Nutzungsausfallentschädigung. Sie liegt je nach Modell meist zwischen etwa 25 und 170 Euro pro Tag.
Wann dürfen Versicherer kürzen?
Verschleiß. Einige Versicherer kürzen die Rechnung für einen Mietwagen um 10 bis 20 Prozent, weil der Geschädigte Verschleiß am eigenen Auto eingespart habe. Das lehnen Gerichte ab: Es liege keine relevante Ersparnis vor, schon gar nicht dieser Höhe. Anders kann es sein, wenn Geschädigte mit dem Mietwagen außergewöhnlich viel fahren.
Liebhaberfahrzeug. Der gegnerische Versicherer muss den Leihwagen für die Dauer der Reparatur bezahlen, notfalls sogar ein ganzes Jahr lang. Das Risiko, dass die Werkstatt lange braucht, trägt der Versicherer. Bei einem Liebhaberfahrzeug dauerte die Beschaffung der Ersatzteile Monate. Außerdem wurde ein Monteur krank. Darüber hinaus verzögerte der Versicherer Vorschusszahlungen an die Werkstatt. Die Besitzerin brauchte das Auto für den Weg zu Arbeit. Einen Kredit aufzunehmen, um ein anderes zu kaufen, war nicht zumutbar. Deshalb musste der Versicherer für die gesamte einjährige Reparaturzeit die Kosten für den Mietwagen bezahlen, urteilte das Landgericht Bielefeld (Az. 2 O 85/16).
Bedarf muss vorhanden sein. Man muss den Mietwagen tatsächlich brauchen. Als Faustregel gilt: Der Wagen sollte pro Tag für mindestens 20 Kilometer benötigt werden. Sind es weniger, wäre ein Taxi oft billiger. Ähnlich ist es, wenn der Geschädigte einen Zweitwagen hat und auf den Mietwagen nicht angewiesen ist. Wird der zweite Pkw jedoch zum Beispiel ständig von Sohn oder Tochter genutzt, muss man ihn nicht den Kindern entziehen (Amtsgericht Miesbach, Az. 1 C 1077/08).
Ansprüche zügig anmelden. Wer Nutzungsausfall vom gegnerischen Versicherer möchte, sollte nach einem Totalschaden nicht monatelang warten, bis er ihn verlangt. Diese Entschädigung in Geld wird nur gezahlt, wenn jemand grundsätzlich ein Auto nutzen will. Das erlebte ein Mann aus Sachsen. Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall, bei dem sein Wagen einen Totalschaden erlitt, hatte er weder einen Mietwagen genommen, noch sich ein Ersatzauto beschafft. Die Regulierung des Unfalls durch den Versicherer zog sich monatelang hin. Am Ende verlangte der Mann eine Nutzungsausfallentschädigung für 156 Tage, insgesamt 9 204 Euro. Doch vorm Oberlandesgericht Dresden blitzte er ab. Er hätte den Versicherer frühzeitig darauf aufmerksam müssen, dass er nicht über die finanziellen Mittel verfügte, ein Ersatzauto zu beschaffen, und dass deshalb eine hohe Nutzungsausfallentschädigung drohe. Außerdem hatte der Mann sich inzwischen für die tägliche Fahrt zur Arbeit ein Fahrrad nebst Wetterschutzausrüstung gekauft. Das, fanden die Richter, zeige, dass er gar nicht den ernsthaften Willen hatte, ein Auto zu nutzen (Az. 4 U 382/21).
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- Nach dem Unfall zahlt der Kfz-Versicherer erst für den Schaden, stuft aber dann den Schadenfreiheitsrabatt des Versicherten zurück – wie weit zurück, hängt vom Tarif ab.
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- In vielen Städten fahren nicht nur Taxis. Einen Fahrservice vermitteln auch die Apps von Uber oder Free Now. Aber: Trotz gleicher Dienstleistung gibt es Unterschiede.
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Bei der Aufzählung der typischen Positionen, an denen die Versicherer gerne kürzen, wird unter dem Punkt "Werkstatt" missverständlich bzw. falsch formuliert.
Hier wird die Rechtsprechung des BGH zur fiktiven Abrechnung zitiert, also die Form der Abrechnung, bei der gerade keine Werkstattrechnung vorgelegt wird.
Nur in diesen Fällen ist unter den skizzierten Umständen eine Kürzung einzelner Positionen ggf. möglich.
Dies gilt aber nicht, wenn der Geschädigte eine Reparaturrechnung einer Werkstatt vorlegt, und sei es auch eine Rechnung einer etwas teureren Markenwerkstatt. Der Geschädigte hat nach wie vor freie Werkstattwahl.
In diesem Teil des Beitrags wird mE nicht ausreichend deutlich, dass sich der Geschädigte seine Werkstatt selbst aussuchen und dann darauf vertrauen kann, dass er einen Erstattungsanspruch hat.
Selbstverständlich gibt es Interessenskonflikte zwischen Kunde-Versicherer-Werkstatt-Sachverständige-Rechtsanwälte. Jeder versucht das maximale rauszuholen. Das trifft auch auf Kunden zu, die Vorschäden mitreparieren wollen. Werkstätten die absolut unverhältnismäßige Konditionen und Positionen aufrufen, ebenso wie Anwälte und Sachverständige die zusätzlich mitverdienen wollen. Eine pauschale Aussage über alle Versicherungen zu treffen und hier Tricksereien unterstellen zu wollen wäre zu einfach. Auf jeder Seite gibt es die "schwarzen Schafe". Als Verbraucher möchte ich gerne noch eines anmerken: Die Versicherer stehen untereinander im Preis-Wettkampf. Bei einfach gelagerten Reparaturschäden verdoppelt ein Sachverständigen-Gutachten und der Rechtsanwalt schnell die Schadensumme und liefern keinen Mehrwert. Wer glauben Sie zahlt die zusätzlichen Euros am Ende? Natürlich der Verbraucher über seine Versicherungsprämie. Bei Problemfällen wie o.g., mach der Anwalt sinn. Aber eben nicht immer
Zunächst ist festzustellen, dass das Vers.-unternehmen ein Wirtschaftsunternehmen ist, mit einer entsprechenden Denkweise. Das der Zustand in der Schadenregulierung mittlerweile Dimensionen angenommen hat, wie diese heute vorherrschen, hat natürlich immer zwei Seiten. Wenn man heute die Anzahl der vermeintlichen Sachverständigen sieht, kann es kein Wunder sein, dass wir diesen mittlerweile armseligen Zustand in der Schadenregulierung haben. Jeder kann, unabhängig seiner Qualifikation, sich als Sachverständiger bezeichnen. Die Anforderungen und das Betriebsrisiko liegen heutzutage im „Schnäppchenpreis“-Bereich, d.h. Sie können heute für unter € 300,00 sich eine Software zulegen, so dass Sie in der Lage sind Gutachten zu erstellen. Nachdem das Honorar nach der Schadenhöhe abgerechnet wird, wird dies natürlich auch schamlos ausgenutzt. Weiterhin gibt es immer mehr SV’s, d.h. auch Werkstätten haben dies zwischenzeitlich erkannt, um sich dieser „Gelddruckmaschine“ Gutachten zu bedienen.
@j-m.s: So steht es im BGB. Bei der Anwendung von Gesetzen ist es oft notwendig, deren Inhalte weiter zu entwickeln und sachgerecht anzuwenden. Das machen Gerichte. So auch bei der Regulierung von Schäden. Die im Text zitierte 130-Prozent-Grenze ist mehrfach durch BGH-Urteile bestätigt worden.
Lesen sie mal §249 BGB:
"Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand (wieder)herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre."
Also: jemand fährt mein Auto zu Schrott, es ist Totalschaden. Dann kann ich verlangen, dass das Auto so wiederhergestellt wird, wie es vorher war. Egal was das kostet. Und wenn dazu Teile aus Brasilien eingeflogen werden müssen.