
Nach einem Unfall kürzen viele Versicherer dreist die Erstattung. Die Stiftung Warentest zeigt, welche Tricks sie nutzen und gibt Hinweise, wie Betroffene mehr bekommen.
„Der Alfa ist Schrott“
Zuerst war der Schreck groß: Eine Studentin war Ulrich Seilkan ins Auto gefahren. Das Heck seines schwarzen Alfa sah übel verbeult aus. Doch wenig später meldete sich die Kfz-Versicherung der Frau: „Keine Sorge, wir regeln alles.“ Gutachten, Werkstatt, Mietwagen – er brauche sich um nichts zu kümmern: „Wir stellen Ihnen Ihr Auto repariert und frisch gewaschen wieder vor die Tür.“ Das klang super. Doch repariert und gewaschen wurde nichts. Der Alfa sei Schrott, meinte die Versicherung. Eine Gutachterin schätzte die Reparatur auf 4 340 Euro. Der Wagen sei aber nur 3 900 Euro wert. Die Versicherung zahlte 2 350 Euro, weitere 1 550 Euro sollte Seilkan von einem Schrotthandel erhalten.
Ein Anwalt holt die geforderte Summe
Damit war er nicht einverstanden. Sein Verdacht: Die Versicherung setzte den Wert des Alfa extra niedrig an. Seilkan ging zu einer Fachanwältin für Verkehrsrecht. Das war richtig. Juristische Fachleute wissen, welche Ansprüche Geschädigte haben – sie kennen sich mit Haushaltsführungsschäden und dem „merkantilen Minderwert“ ebenso aus wie mit der Reparatur in der Markenwerkstatt.
Vor allem kennen diese Experten die Tricks der Versicherer. So war es auch bei Seilkan. Er durfte doch eine Reparatur verlangen. Denn deren Kosten lagen nicht über 130 Prozent des Fahrzeugwerts. Erst darüber gilt eine Reparatur als unwirtschaftlich. Die Anwältin holte für den Berliner die vollen 4 350 Euro heraus.
Unser Rat
- Anruf.
- Sie sind schuldlos in einen Unfall verwickelt? Lassen Sie sich auf nichts ein, wenn die gegnerische Versicherung schon am Unfallort anruft. Sie ist nicht interessiert, Ihnen zu helfen, sondern will die Erstattung gering halten.
- Anwalt.
- Regeln Sie nicht alles selbst. Gehen Sie auch beim Blechschaden besser in eine Anwaltskanzlei. Trifft Sie keine Schuld, muss der gegnerische Versicherer das Honorar zahlen. Wenden Sie sich an einen Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Verkehrsrecht. Das Portal anwalt-suchservice.de ist bei der Suche hilfreich.
- Gutachter.
- Nehmen Sie nicht die Sachverständigen der gegnerischen Versicherung. Beauftragen Sie selbst einen – außer bei Bagatellen unter 1 000 Euro. Achtung: „Kfz-Sachverständiger“ kann sich jeder nennen. Der Titel ist nicht gesetzlich geschützt. Fragen Sie den Sachverständigen-Bundesverband BVSK. Dessen Mitglieder sind Ingenieure oder Kfz-Meister.
- Werkstatt.
- Einige Werkstätten bieten „Rundum-Sorglos-Pakete“ einschließlich Mietwagen, bei denen sie die Regulierung erledigen. Doch auch Werkstätten verfolgen ihre eigenen Interessen, nicht Ihre.
Die 130-Prozent-Grenze mit Gebrauchtteilen umgehen
Die 130-Prozent-Grenze sollte auch in einem vorm Bundesgerichtshof verhandelten Fall die Übernahme von Reparaturkosten verhindern. Ein Gutachter hatte die Kosten für das kaputte Auto des Klägers auf über 150 Prozent veranschlagt. Der Mann brachte seinen Wagen trotzdem in die Werkstatt. Der Mechaniker baute Gebrauchtteile ein und präsentierte am Ende eine Rechnung, die unter der 130-Prozent-Grenze blieb. Die Versicherung des Unfallverursachers wollte nicht zahlen. Der Mann klagte und bekam schließlich vor dem Bundesgerichtshof Recht (Az. VI ZR 100/20). Entscheidend war, dass die Reparaturkosten durch die Gebrauchtteile unter 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes des beschädigten Pkws blieben und die Reparatur fachgerecht in dem Umfang durchgeführt wurde, der im Gutachten stand.
Nicht auf das Bequemlichkeits-Versprechen reinfallen
Nach einem Verkehrsunfall versuchen Versicherer mit vielen Tricks, die Entschädigung möglichst niedrig zu halten. Erste Maßnahme: Sie wollen schnell Zugriff auf die Geschädigten bekommen. Mitunter rufen sie noch direkt am Unfallort an und versprechen: „Wir zahlen alles, übernehmen die komplette Abwicklung, ersparen Ihnen Stress.“
Doch das kann teuer werden. Versicherer wollen schnell an die Geschädigten heran, damit sie sich gar nicht erst über seine Rechte informieren. So können sie viele Ansprüche unter den Tisch fallen lassen. Regelt die gegnerische Versicherung alles, bleibt für Unfallopfer ungewiss, ob die Werkstatt neue Teile einbaut oder gebrauchte oder das verbogene Teil wieder zurechtdengelt.
Vorsicht mit fremdem Versicherer
Deshalb lautet die oberste Regel nach einem unverschuldeten Unfall: nicht den gegnerischen Versicherer kontaktieren. Sie ist nicht interessiert, Ihnen zu helfen, sondern will die maximal mögliche Ersparnis für sich selbst herausholen. Auch keine gute Idee ist es, einer Werkstatt die Schadenabwicklung zu überlassen. Viele bieten Rundum-Sorglos-Pakete inklusive Mietwagen. Doch auch die Werkstatt verfolgt ihre eigenen Interessen.
Ein Anwalt auch für kleine Schäden
Besser geht man in eine Anwaltskanzlei – selbst wenn die Schuldfrage klar ist und der Versicherer erklärt, er werde alles bezahlen. Jeder Geschädigte hat das Recht, sich auf Kosten des Gegners einen Anwalt zu nehmen. Es kommt nicht auf die Schadenhöhe an. Das Amtsgericht Dortmund erklärte: „Jeder Geschädigte ist gut beraten, selbst bei kleinen Schäden einen Anwalt zu nehmen“. Es ging um 645 Euro (Az. 431 C 2044/09). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main nannte es sogar fahrlässig, keine Kanzlei einzuschalten (Az. 22 U 171/13).
Der juristische Beistand kostet Geschädigte nichts, sofern sie keine Teilschuld trifft. Wer hingegen den Unfall mitverursacht hat, muss sich an den Anwaltskosten beteiligen. Aber gerade wenn die Schuldfrage strittig ist, wird man kaum ohne Anwalt auskommen.
Viele Unfallopfer wollen die Sache selbst regeln und wegen Kleinigkeiten keine Juristen hinzuziehen. Doch die gegnerische Versicherung ist ihnen weit überlegen. Ihre Experten sind geschult, bei der Entschädigung zu sparen. Die Versicherer kürzen systematisch, auch bei Kleinigkeiten.
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An der Autowäsche gespart
Ein Fall in Düsseldorf: Nach einem heftigen Parkrempler belief sich der Schaden laut Gutachten auf 5 731 Euro. Doch die Versicherung kürzte 175 Euro fürs Lackieren der Türgriffe, 242 Euro für ein Plastikteil am Radhaus, 192 Euro für die Achsvermessung, 44 Euro für die Autowäsche – alles angeblich unnötig. Dasselbe mit einer Dichtung, einer Chromleiste und Kleinteilen. Zusätzlich kürzte sie 343 Euro am Mietwagen, 57 Euro am Anwaltshonorar – alles in allem 1 335 Euro. Das war rechtswidrig. Sie musste alle Beträge nachzahlen (Amtsgericht Düsseldorf, Az. 37 C 11789/11).
Computer spuckt Kürzungen aus
Für den Berliner Fachanwalt für Verkehrsrecht Marcus Gülpen sind solche Probleme Alltag: „Reichen Geschädigte ein Gutachten ein, geben die Versicherer es an externe Firmen weiter, die es durch eine Spezialsoftware laufen lassen.“ Die spuckt zahlreiche Kürzungen aus, oft ohne jede Rechtsgrundlage.
Grundsätzlich gilt: Geschädigte dürfen sich auf das verlassen, was in dem Gutachten steht. Als technische Laien können sie nicht beurteilen, welche Reparaturen nötig sind. Die Werkstattrechnung reicht als Indiz, meint das Oberlandesgericht (OLG) Celle. Das Risiko einer überhöhten Rechnung trägt nicht das Unfallopfer, sondern die Versicherung (Az. 14 U 37/17). Angesichts ihrer Methoden warf das Amtsgericht Eisenach den Versicherungsgesellschaften sogar eine „Nichtregulierungspraxis“ vor (Az. 57 C 175/16).
Eigenen Gutachter nehmen
Weitere wichtige Regel: nicht Sachverständige des gegnerischen Versicherers einladen. Stattdessen dürfen Geschädigte auf Kosten des Versicherers selbst ein Gutachten beauftragen. Nur bei Teilschuld müssen sie einen Anteil selbst zahlen.
Anders als bei den Anwaltskosten kommt es beim Gutachten aber auf die Schadenhöhe an. Voraussetzung dafür, dass die gegnerische Versicherung zahlen muss, ist ein Schaden von mindestens 1 000 Euro. Darunter reicht ein Kostenvoranschlag der Werkstatt. Einige Gerichte sehen die Grenze bei 1 500 Euro.
Wenn der Versicherer aber einzelne Positionen im Voranschlag kürzt, dürfen Geschädigte ein eigenes Gutachten in Auftrag geben. Dann gilt die Bagatellgrenze nicht mehr (Amtsgericht Bamberg, Az. 0102 C 569/14).
Geschädigte müsse auch nicht Preise vergleichen, um einen besonders günstigen Gutachter zu finden. Der Preis darf nur nicht offensichtlich überhöht sein (Bundesgerichtshof [BGH], Az. VI ZR 61/17).
Wer der Versicherung erlaubt, ihre Gutachter zu schicken, bekommt oft ein Problem. Viele Gerichte meinen, man dürfe dann nicht zusätzlich selbst Experten beauftragen (Amtsgericht Wuppertal, Az. 32 C 8/14).
Anders ist das, wenn das Versicherungsgutachten klare Fehler enthält: Ein Münchener hatte sich gewundert, dass der Sachverständige einige Schäden gar nicht berücksichtigt hatte, und beauftragte einen zweiten Experten. Der fand weitere Schäden. Die Versicherung musste auch das zweite Gutachten bezahlen (Amtsgericht München, Az. 335 C 7525/17).
Sachverständiger knausert: Anspruch auf vollständige Reparatur
Es kann auch passieren, dass der Sachverständige der Versicherung in seiner Absicht, die Kosten gering zu halten, eine sachgerechte Reparatur verweigert. Das passierte einer Frau, die an einer Tankstelle einen Motorcheck machen ließ. Der Monteur vergaß jedoch, den Kühlwasserdeckel wieder zuzuschrauben. Deshalb nahm ein paar Tage später der Zylinderkopf Schaden. Er musste in einer Werkstatt repariert werden. Die Kosten musste die Versicherung der Tankstelle bezahlen. Doch als die Werkstatt meinte, man müsse im Zuge der Reparatur auch den Zahnriemen und weitere Zusatzriemen wechseln, lehnte der Sachverständige der Versicherung dies ab. Das würde nur die Kosten in die Höhe treiben. Die Werkstatt tauschte die Zusatzriemen daher nicht aus. Wenige Tage darauf gab es einen kapitalen Motorschaden. Die Schuld trifft den Sachverständigen, urteilte der Bundesgerichtshof (Az. VI ZR 308/19). Die Frau hatte Anspruch auf eine vollständige, sachgemäße und fachmännische Reparatur.
Vorsicht bei der Nachbesichtigung
Begründen. Es ist nicht nötig, der Versicherung den Gutachtertermin zu nennen, damit sie teilnehmen kann. Als Ersatz will sie dann gern ihre Sachverständigen zur Nachbesichtigung schicken. Das geht aber nur, wenn sie einen konkreten Grund hat. Der Hinweis, das fremde Gutachten sei unklar, reicht nicht, so das Landgericht (LG) Berlin (Az. 42 0 22/10).
Beschleunigen. Das Ganze kann einige Zeit dauern. Meist darf der Versicherer sich vier bis sechs Wochen Zeit lassen für die Schadenregulierung. Nach Erstellen des Gutachtens darf man das Auto reparieren lassen. Weil eine Nachbesichtigung dann unmöglich ist, sehen einige Versicherer das als Beweisvereitelung. Da sind Gerichte anderer Ansicht: „Dem Geschädigten ist nicht vorzuwerfen, dass er die Reparatur unverzüglich beauftragt hat – schon weil so Mietwagenkosten verringert wurden“ (LG Ellwangen, Az. 3 O 439/12).
Bei diesen Posten kürzen Versicherer gerne

Weitere typische Positionen, an denen die Versicherer gern kürzen:
Abschleppen. Die Versicherung muss die Kosten tragen. Geschädigte brauchen in der Regel keine Preisvergleiche anzustellen, da meist Eile geboten ist. Man darf es auch die Heimatwerkstatt abschleppen lassen, wenn sie nicht allzu weit entfernt liegt und man bisher immer dorthin ging. 120 Kilometer Strecke bis dort sind noch okay, urteilte das Amtsgericht Rosenheim (Az. 8 C 90/17).
Werkstatt. Markenwerkstätten sind oft teurer als freie Werkstätten. Solche Kosten müssen Versicherer nur zahlen, wenn der Wagen nicht älter als drei Jahre ist (BGH, Az. VI ZR 267/14) oder wenn das Unfallopfer das Auto bisher stets in eine Markenwerkstatt brachte. Es reicht nicht, wenn man ihn dort nur reparieren ließ, Wartungen aber eine freie Werkstatt gemacht hat (BGH, Az. VI ZR 182/16).
Verlangt der Versicherer die Reparatur in einer freien Werkstatt, muss sie nah genug sein, 21 Kilometer sind zu weit (BGH, Az. VI ZR 91/09). Zu weit ist es auch, wenn der Versicherer den Wagen abholt und in eine 130 Kilometer entfernte Werkstatt bringt. Denn Geschädigte müssten dann in einem Gewährleistungsfall dorthin hinfahren (BGH, Az. VI ZR 267/14).
Anmeldekosten. Kaufen Geschädigte sich nach einem Totalschaden ein neues Auto, dürfen sie das Autohaus mit der Anmeldung beauftragen. Vor dem Amtsgericht Biberach ging es um 45 Euro (Az. 8 C 921/16).
Beilackierung. Muss ein Fahrzeugteil neu lackiert werden, trifft der Farbton oft nicht exakt den der Karosserieteile daneben, weil sie altersbedingt ein wenig ausgeblichen sind. Dann lackieren Werkstätten deren Ränder mit, sodass der optische Übergang nicht auffällt. Diese Beilackierung muss der Versicherer bezahlen (Amtsgericht Meiningen, Az. 13 C 861/14).
Haushaltsführungsschaden. Wurde ein Unfallopfer verletzt und braucht im Haushalt Hilfe, muss die Versicherung dies ersetzen – auch wenn niemand eingestellt wurde, sondern Familienmitglieder oder Bekannte aushelfen (BGH, Az. VI ZR 183/08).
Kostenvoranschlag. Verlangt die Werkstatt dafür Geld, muss der Versicherer es erstatten (Landgericht Hildesheim, Az. 7 S 107/09).
Kleinteile. Sieht das Gutachten eine Pauschale vor, muss der Versicherer zahlen (LG München I, Az. 19 S 1991/16). Das gilt auch für die oft 10-prozentigen Aufschläge, die Werkstätten gern für Ersatzteile nehmen, um so ihre Lagerkosten zu decken (Oberlandesgericht Düsseldorf, Az. I-1 U 108/11).
Merkantiler Minderwert. Nach einem Unfall ist das reparierte Fahrzeug weniger wert als ein unfallfreies. Diesen Wertverlust muss die Versicherung ausgleichen.
Neu für Alt. Werden Verschleißteile ersetzt, die eine Wertverbesserung des Pkw bringen, darf der Versicherer einen Teil der Rechnung abziehen. Beispiel: Ein alter Reifen, den der Besitzer ohnehin bald hätte wechseln müssen, wird beim Unfall aufgeschlitzt, ein neuer aufgezogen. Die Versicherung darf einen Abzug vornehmen. Wird aber ein alter Stoßfänger ersetzt, ist das keine Wertverbesserung (Amtsgericht Darmstadt, Az. 308 C 52/14).
Restwert. Nach einem Totalschaden zahlt die Versicherung zunächst nur die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und dem Wert, zu dem sich der Schrott noch verkaufen lässt. Dann müssen Geschädigte aber nicht nach Aufkäufern mit besonders hohen Preisen suchen. Sie dürfen den Schrott zu dem Preis im Gutachten verkaufen (BGH, Az. VI ZR 132/04) und müssen nicht auf ein Gegenangebot des Versicherers warten. Die Versicherung, auch nicht die eigene Vollkasko, darf nicht verlangen, den Schrott an einen Autohandel in Osteuropa zu verkaufen. Ein Volvofahrer bekam von der Vollkasko einen Teil des Schadens ersetzt, den noch fehlenden Anteil sollte ein Aufkäufer aus Litauen für den Schrott bezahlen. Aber mit einem Händler ins Geschäft zu kommen, der womöglich kaum Deutsch spricht und dessen Angebot man nicht auf seine Seriosität hin prüfen kann, ist nicht zumutbar, urteilte das Landgericht Stuttgart (Az. 4 S 76/19). Es sei höchstrichterlich noch nicht einmal entschieden, ob nur örtliche Angebote zu berücksichtigen sind oder auch überregionale. Der internationale Markt in weit entfernten Ländern bleibe aber außen vor.
Standgeld. Bei Totalschaden verlangen viele Werkstätten ein Standgeld, wenn das Auto dort steht, oft 10 Euro pro Tag. Dies muss die Versicherung ersetzen – auch wenn es 38 Tage sind, weil die Leasinggesellschaft die Zulassungsbescheinigung nicht eher herausgab (Amtsgericht Cuxhaven, Az. 5 C 538/16).
Verbringungskosten. Nicht jede Werkstatt hat eine eigene Lackiererei. Muss sie den Wagen zum Lackierer wegbringen, hat der Versicherer die Transportkosten zu erstatten (OLG Düsseldorf, Az. I-1 U 140/09).
Rechnung von der Feuerwehr
Ein Pkw-Unfall mit Totalschaden ist schon schlimm genug. Aber danach auch noch die Rechnung der Feuerwehr bezahlen? Viele Betroffene bekommen Wochen nach dem Schaden Post von der Feuerwehr mit einer Rechnung für die Kosten des Einsatzes. Das sehen die Feuerwehrgesetze vieler Bundesländer so vor. Teils liegt ein fertig ausgefüllter Überweisungsträger gleich bei. Das erweckt den Anschein, man sei verpflichtet zu zahlen.
Gefahrenabwehr. Das ist aber nicht so. Vielmehr muss die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung auch diese Kosten übernehmen. Wenn ein Feuerwehreinsatz zur Gefahrenabwehr nötig ist, muss in aller Regel der Versicherer zahlen. Das gilt zum Beispiel, wenn die Feuerwehr ausgelaufenes Öl abbinden oder verseuchtes Erdreich beseitigen muss oder wenn sie die Verkehrslenkung übernimmt, urteilte der Bundesgerichtshof (Az. IV ZR 325/05).
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- Nach dem Unfall zahlt der Kfz-Versicherer erst für den Schaden, stuft aber dann den Schadenfreiheitsrabatt des Versicherten zurück – wie weit zurück, hängt vom Tarif ab.
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- In vielen Städten fahren nicht nur Taxis. Einen Fahrservice vermitteln auch die Apps von Uber oder Free Now. Aber: Trotz gleicher Dienstleistung gibt es Unterschiede.
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Bei der Aufzählung der typischen Positionen, an denen die Versicherer gerne kürzen, wird unter dem Punkt "Werkstatt" missverständlich bzw. falsch formuliert.
Hier wird die Rechtsprechung des BGH zur fiktiven Abrechnung zitiert, also die Form der Abrechnung, bei der gerade keine Werkstattrechnung vorgelegt wird.
Nur in diesen Fällen ist unter den skizzierten Umständen eine Kürzung einzelner Positionen ggf. möglich.
Dies gilt aber nicht, wenn der Geschädigte eine Reparaturrechnung einer Werkstatt vorlegt, und sei es auch eine Rechnung einer etwas teureren Markenwerkstatt. Der Geschädigte hat nach wie vor freie Werkstattwahl.
In diesem Teil des Beitrags wird mE nicht ausreichend deutlich, dass sich der Geschädigte seine Werkstatt selbst aussuchen und dann darauf vertrauen kann, dass er einen Erstattungsanspruch hat.
Selbstverständlich gibt es Interessenskonflikte zwischen Kunde-Versicherer-Werkstatt-Sachverständige-Rechtsanwälte. Jeder versucht das maximale rauszuholen. Das trifft auch auf Kunden zu, die Vorschäden mitreparieren wollen. Werkstätten die absolut unverhältnismäßige Konditionen und Positionen aufrufen, ebenso wie Anwälte und Sachverständige die zusätzlich mitverdienen wollen. Eine pauschale Aussage über alle Versicherungen zu treffen und hier Tricksereien unterstellen zu wollen wäre zu einfach. Auf jeder Seite gibt es die "schwarzen Schafe". Als Verbraucher möchte ich gerne noch eines anmerken: Die Versicherer stehen untereinander im Preis-Wettkampf. Bei einfach gelagerten Reparaturschäden verdoppelt ein Sachverständigen-Gutachten und der Rechtsanwalt schnell die Schadensumme und liefern keinen Mehrwert. Wer glauben Sie zahlt die zusätzlichen Euros am Ende? Natürlich der Verbraucher über seine Versicherungsprämie. Bei Problemfällen wie o.g., mach der Anwalt sinn. Aber eben nicht immer
Zunächst ist festzustellen, dass das Vers.-unternehmen ein Wirtschaftsunternehmen ist, mit einer entsprechenden Denkweise. Das der Zustand in der Schadenregulierung mittlerweile Dimensionen angenommen hat, wie diese heute vorherrschen, hat natürlich immer zwei Seiten. Wenn man heute die Anzahl der vermeintlichen Sachverständigen sieht, kann es kein Wunder sein, dass wir diesen mittlerweile armseligen Zustand in der Schadenregulierung haben. Jeder kann, unabhängig seiner Qualifikation, sich als Sachverständiger bezeichnen. Die Anforderungen und das Betriebsrisiko liegen heutzutage im „Schnäppchenpreis“-Bereich, d.h. Sie können heute für unter € 300,00 sich eine Software zulegen, so dass Sie in der Lage sind Gutachten zu erstellen. Nachdem das Honorar nach der Schadenhöhe abgerechnet wird, wird dies natürlich auch schamlos ausgenutzt. Weiterhin gibt es immer mehr SV’s, d.h. auch Werkstätten haben dies zwischenzeitlich erkannt, um sich dieser „Gelddruckmaschine“ Gutachten zu bedienen.
@j-m.s: So steht es im BGB. Bei der Anwendung von Gesetzen ist es oft notwendig, deren Inhalte weiter zu entwickeln und sachgerecht anzuwenden. Das machen Gerichte. So auch bei der Regulierung von Schäden. Die im Text zitierte 130-Prozent-Grenze ist mehrfach durch BGH-Urteile bestätigt worden.
Lesen sie mal §249 BGB:
"Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand (wieder)herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre."
Also: jemand fährt mein Auto zu Schrott, es ist Totalschaden. Dann kann ich verlangen, dass das Auto so wiederhergestellt wird, wie es vorher war. Egal was das kostet. Und wenn dazu Teile aus Brasilien eingeflogen werden müssen.