Die Quotenregelung nach grober Fahrlässigkeit gilt auch für Verträge aus der Zeit vor 2008. Die Versicherer durften sie umstellen, mussten das aber bis Ende 2008 tun. Viele haben das versäumt – zum Vorteil für die Kunden.
Es ist nämlich nicht so, dass dann automatisch die Quotelung gilt. Vielmehr entfällt die Klausel, nach der ein Versicherer bei grober Fahrlässigkeit nicht zahlen muss (Bundesgerichtshof, Az. IV ZR 199/10). Die Folge: Der Versicherer muss zahlen, auch wenn der Kunde vertragliche Pflichten grob fahrlässig verletzt hat. In dem Fall vor dem Bundesgerichtshof hatte der Besitzer eines leeren Hauses im Winter die Wasserleitungen nicht entleert.
Selbst wenn der Versicherer den Vertrag umgestellt hat, ist das oft nicht wirksam. Verschickte der Versicherer ein einziges Schreiben für all seine Vertragstypen, sodass der Kunde die ihn betreffenden Klauseln heraussuchen musste, ist das ungültig (OLG Hamm, Az. I-20 U 64/11).
Einige Versicherer verschickten Briefe, die nicht jeder Kunde als weitreichende Umstellung des Vertrags erkennen konnte, sondern eher als Werbung wahrnahm. Die Betroffenen können im Streitfall guten Gewissens behaupten, die Mitteilung nie erhalten zu haben. Der Versicherer steht in der Pflicht zu beweisen, dass ihnen das Schreiben zugegangen ist. In der Praxis wird ihm das kaum möglich sein.
Allerdings: Das alles hilft dem Kunden nur bei Verstoß gegen vertragliche Pflichten, zum Beispiel wenn er Schäden zu spät meldet, Fragebögen falsch ausfüllt oder bei Frost Wasserrohre nicht entleert. Hat er gesetzliche Pflichten verletzt, kann man ihm weiter grobe Fahrlässigkeit vorhalten, etwa wenn er eine rote Ampel missachtet hat oder betrunken gefahren ist.
Einen Vorteil haben nicht umgestellte Verträge auch dann: Der Versicherer muss beweisen, dass die grobe Fahrlässigkeit die Schadenursache war. Das kann im Einzelfall knifflig sein.
-
- Ausgerechnet nach schweren Unfällen gibt es oft Streit mit der Versicherung. test.de dokumentiert Berichte von Lesern und gibt Hinweise zur Rechtslage.
-
- Nach dem Unfall zahlt der Kfz-Versicherer erst für den Schaden, stuft aber dann den Schadenfreiheitsrabatt des Versicherten zurück – wie weit zurück, hängt vom Tarif ab.
-
- Nach einem Unfall kürzen viele Versicherer dreist die Erstattung. Die Stiftung Warentest zeigt, welche Tricks sie nutzen und gibt Hinweise, wie Betroffene mehr bekommen.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.