Schaden­ersatz für Geld­anleger

Schaden­ersatz für Geld­anleger: Hoff­nung für Lehman-Opfer

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Auch wenn sechs Opfer der Lehman-Pleite mit ihren Klagen gegen Hamburger Sparkasse und Commerz­bank vor dem BGH unterlegen sind: Viele Opfer der Lehman-Pleite können weiterhin auf Schaden­ersatz hoffen. test.de erklärt den aktuellen Stand der Dinge.

Kick-Back-Haftung

Abge­wiesen hat der Bundes­gerichts­hof die Klagen von zwei erfahrenen Anlegern, die bei der Hamburger Sparkasse (Haspa) für jeweils 10 000 Euro Lehman-Zertifikate gekauft hatten. Die Bundes­richter ließen den allgemeinen Hinweis der Haspa auf das Total­verlustrisiko bei der Insolvenz des Emittenten ausreichen. Besonderheit bei der Haspa: Sie hatte die Lehman-Zertifikate selbst angekauft und Anlegern etwas teurer weiterverkauft. Das ist aus Sicht der Bundes­gerichts­hof nicht zu bean­standen – auch ohne genaue Information über die Höhe des Aufschlags, den die Haspa kassiert. Aus den gleichen Gründen scheiterten vier Klagen gegen die Commerz­bank. Bei diesen müssen die zuständigen Ober­landes­gerichte aber noch prüfen, ob den Anlegern wegen anderer Beratungs­fehler Schaden­ersatz zusteht.

Handel statt Vermitt­lung

Wie bereits dargestellt: Sehr viel bessere Chancen auf Schaden­ersatz haben Lehman-Opfer, denen die Bank das Zertifikat vermittelt und nicht selbst verkauft hat. Bei ihnen wird der Bundes­gerichts­hof kaum anders entscheiden können als bei Fonds: Soweit eine Bank oder eine Sparkasse bei der Anla­geberatung nicht darüber informiert hat, dass und wie viel von Ausgabe­aufschlag oder sons­tiger Provision sie kassiert hat, wird sie Lehman-Opfer entschädigen müssen.

Mangel an Aufklärung

Die Bundes­richter haben schon in der Verhand­lung der ersten beiden Lehman-Fälle ausdrück­lich betont: Es geht zunächst nur um diese beiden Fälle. Zahlreiche weitere sind noch zu klären und können anders zu entscheiden sein. So verlangen die Gerichte, dass Kredit­institute Anlegern die Risiken einer Geld­anlage genauer zu erklären haben, wenn die Anleger keine oder wenig Erfahrungen haben. Unklar ist auch noch, ab wann die Banken und Sparkassen potenzielle Lehman-Investoren über die wirt­schaftlichen Schwierig­keiten der US-Bank informieren mussten. Wenn Banken und Sparkassen noch Lehman-Anteile verkauft haben, als die prekäre Situation des Unter­nehmens in der Branche schon bekannt war, haben Geschädigte ebenfalls gute Chancen auf Schaden­ersatz.

Suche nach Beweisen

Besonders viele Lehman-Zertifikate hat die Citi­bank verkauft. Opfer der Lehman-Pleite vermuten: Das hatte System. Die Bank habe im eigenen Interesse gezielt Lehman-Zertifikate angepriesen statt fair zu beraten. Die amerikanische Citi­bank war an Lehman Brothers beteiligt. Betroffene Anleger hoffen jetzt, der Bank in den noch ausstehenden Schaden­ersatz­prozessen die systematische Falsch­beratung von Anlegern nach­weisen zu können.

Bundes­gerichts­hof, Urteile vom 27.09.2011
Aktenzeichen: XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10

Bundes­gerichts­hof, Urteile vom 26.06.2012
Aktenzeichen: XI ZR 316/11, XI ZR 259/11, XI ZR 355/10 und XI ZR 356/10

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Profilbild Stiftung_Warentest am 09.10.2017 um 13:29 Uhr
Hemmung der Verjährung

@roch43: Die Frage, ob und wann Verjährung eingetreten ist und wie man den Ablauf der Frist hemmen kann, hängt von vielen Faktoren ab. Durch ein Schreiben an die Bank wird die Verjährung aber ganz sicher nicht gestoppt. Dazu ist es erforderlich, gerichtliche Schritte einzuleiten oder aber - sofern zuständig - eine Schlichtungsstelle korrekt anzurufen. In der Regel beginnt die Verjährung überhaupt erst, sobald der Betroffene von allen wesentlichen Umständen der Falschberatung Kenntnis bekommt. Die Frage, ob in Ihrem konkreten Fall die Ansprüche schon verjährt sein könnten, bitten wir Sie, im Rahmen einer individuellen Rechtsberatung zu klären. Wenden Sie sich dafür zum Beispiel an die Verbraucherzentrale Ihres Bundeslandes, wo man Ihren Fall individuell prüfen kann. www.verbraucherzentrale.de (PH)

roch43 am 09.10.2017 um 12:52 Uhr
Hemmung der Verjährung

Nach 10 Jahren verjähren Ansprüche aus"falscher Beratung".
Wenn ich der Bank schreibe, und Schadenersatz fordere, ist dies schon die Hemmung der Verjährung?

observator2 am 10.05.2013 um 13:57 Uhr
Die b�sen b�sen

Vermittler, Berater, Strukkis, und wie sie alle hei�en. Schwatzen den Kunden immer erfolgreich etwas auf, das der Kunde gar nicht braucht. Und auch nicht will. Aber trotzdem kauft. Warum eigentlich? Wenn ich etwas nicht will, es nicht brauche, es nicht verstehe, ich mich nicht damit befasse - warum kaufe ich es dann? Nur weil der Verk�ufer mich "bedr�ngt" hat? Mit gro�en Renditeversprechen, die so gar nicht im Prospekt stehen? Warum ist der Verk�ufer immer der "Gewinner"? Warum kann ein Kunde niemals sagen: sorry, verstehe ich nicht, will ich nicht, brauche ich nicht, kauf ich nicht. Dann aber, nachdem das Kind im Brunnen liegt, folgt meistens ein gro�es Geschrei: wollte ich nicht, brauchte ich nicht, verstand es nicht, kaufte es aber trotzdem, weil mir der Verk�ufer sonstwas versprochen hat. Wie bescheuert ist das eigentlich? Daf�r gibt es nur eine Erkl�rung: Gier frisst Hirn. Wer haftet daf�r eigentlich?

April-Hope am 11.09.2012 um 17:59 Uhr
Dreiländerfonds DLF

Mir wurde leider auch so ein Fonds aufgeschwätzt! Ich dachte es sei etwas Gutes zusätzlich zur Rente, da ich alleinerziehend war. Seit Jahren versuche ich, über den AWD, wie es von Herrn Maschmeier persönlich zugesagt war, den Fonds zu verkaufen. Leider hat sich der Berater, als ich ihn bat mir zu sagen, was ich machenk kann, aus dem Staub gemacht.
Ein Kredit in Höhe von DM 50.000 wurde mir aufgebrummt! Eine Beratung durch Nassauische Sparkasse in Taunusstein habe ich nie erhalten. Ich habe lediglich durch deren Forderung erfahren, dass das über diese Bank lief. Der Berater (ein ehem. Lufthanseat, der dann wieder zurück zur Lufthansa ging oder das nebenberuflich gemacht hat) hat mich bis in die Nacht hinein bequatscht! Alle meine Rückfragen wurden runtergespielt. Da ich als Alleinerziehende damals bei der US Army gearbeitet habe und mich nicht soviel darum kümmern konnte, hat man meine Lebensversicherungen kassiert. Ich habe jetzt nichts mehr und möchte den Fonds unbedingt verkaufen.

RA-Jens-Schneider am 26.01.2012 um 11:00 Uhr
Rechtsschutzdeckung

Nach Ablehnung einer Rechtsschutzdeckung sollte man als Versicherter die Flinte nicht ins Korn werfen. Für die Frage, ob Deckungsschutz besteht, kommt es immer auf den exakten Wortlaut der vereinbarten Versicherungsbedingungen an. Für den Laien ist es in der Regel nicht möglich, einzuschätzen, ob die Ablehnung zu Recht erfolgt ist. Ein Großteil der Anwaltschaft ist (noch) bereit, als Service kostenfrei zu prüfen, ob Chancen auf Deckungsschutz bestehen. RA Jens Schneider, Frankfurt am Main