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In noch mehr Fällen als bisher können sich Käufer von Verlust-Fonds nach zwei aktuellen Urteilen den Schaden von ihrer Bank ersetzen lassen: Zum einen führen danach Provisionen auch dann zur Haftung der Bank, wenn sie aus dem Fondsvermögen gezahlt werden. Zum anderen sind Kick-Back-Klagen auch dann noch möglich, wenn Anleger wegen anderer Beratungsfehler bereits einmal erfolglos vor Gericht gezogen sind.
Ersatz für 400 000 Euro Verlust
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die zur Landesbank gehörende Baden-Württembergische Bank verurteilt, einem Unternehmer 400 000 Euro Schadenersatz zu zahlen. Er hatte sein Labortechnik-Unternehmen für über vier Millionen Euro verkauft. Die Bank beriet ihn bei der Anlage des Geldes und empfahl auch Anteile am Medienfonds MFP Munich Film Partners New Century Gmbh & Co. HAM Productions KG (MPF 131) und eine Beteiligung an der Fondsgesellschaft MAT Movies & Television Pruduction GmbH & Co. Projekt IV KG (MAT IV 139). Er investierte insgesamt 606 000 Euro. Rund 200 000 Euro schütten die Fonds im Lauf der Jahre an ihn aus. Inzwischen sind die Anteile praktisch wertlos.
Streit um Beratungsfehler
Die Rechtsanwälte der Kanzlei Pongratz und Kollegen aus Würzburg warfen der Bank im Auftrag des Unternehmerns massive Beratungsfehler vor. Ihr Klient habe das Geld sicher anlegen wollen und stattdessen riskante Beteiligungen erhalten. Das wies das Gericht zurück: Wer durch unternehmerische Beteiligungen etwa an Medienfonds Steuern sparen wolle, müsse auch das dazugehörige Risiko akzeptieren, argumentierten die Richter. Trotzdem muss die Bank den Unternehmer voll entschädigen. Sie hatte ihm Provisionen verschwiegen, die sie für die Vermittlung erhalten hatte. Besonderheit des Falls: Die Bank hatte nicht wie sonst üblich den offen ausgewiesenen Ausgabeaufschlag zurück bekommen, sondern Geld aus dem Fondsvermögen erhalten. Auch das, so die Richter in Stuttgart, sei eine so genannte Kick-Back-Zahlung, über die die Bank ihren Kunden informieren muss. Ein Kunde muss wissen, wenn die Bank bei der Anlageberatung auch eigene Interessen verfolgt.
Doppel-Klagen sind möglich
Die zweite anlegerfreundliche Entscheidung: Nach Auffassung des Oberlandesgericht Celle können Anleger in Kick-Back-Fällen erneut Schadenersatz fordern, auch wenn sie bereits mit einer auf andere Beratungsfehler gestützten Schadenersatzklage gescheitert sind. 1994 hatte ein Privatanleger für 100 000 Mark Anteile an einem Immobilienfonds erworben und dafür 60 000 Mark Kredit aufgenommen. 2001 startete er eine erste Klage auf Schadenersatz, weil die Bank ihn nicht korrekt über Chancen und Risiken der kreditfinanzierten Geldanlage aufgeklärt habe. Damit scheiterte er. Später erfuhr er, dass die Bank Kick-Back-Zahlungen erhalten hatte. Gleichzeitig verurteilten die Zivilgerichte in zahlreichen anderen Fällen zu Schadenersatz wegen solcher Rückvergütungen hinter dem Rücken der Anleger. 2010 erhob der Mann daraufhin erneut Klage. Das Landgericht wies die Klage als unzulässig ab. Wegen Fehlern in ein und derselben Beratung könne der Mann seinen Schaden nicht erneut einklagen, argumentierten die Richter in der ersten Instanz. Anders sah es das Oberlandesgericht Celle in der anschließenden Berufungsverhandlung: Die Kick-Back-Klage befasse sich mit einem anderen Beratungsfehler als die erste Klage und sei damit zulässig. Es verurteilte die Bank, an den Kläger 45 000 Euro Schadenersatz zu zahlen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 13. März 2012
Aktenzeichen: 17 U 123/11 ([Update 15.04.2012] rechtskräftig)
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 28.12.2011
Aktenzeichen: 3 U 173/11
(nicht rechtskräftig, Aktenzeichen beim BGH: XI ZR 57/12)
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