Tief durchatmen im Klima künstlicher Salzräume: Das soll gut für Körper und Seele sein. Wissenschaftlich klar bewiesen sind die positiven Effekte allerdings nicht. Salzgrottenbesuche sind zudem keine reguläre Kassenleistung. test.de informiert, was Nutzer des Angebots erwartet – und was sie beachten sollten.
Entschleunigen mit 14 Tonnen Premium-Salz
Schmuddelwetter. Stress. Schnupfensaison. Zeit für etwas Entspannung, dachte sich das Berliner Ehepaar Lindner (Name von der Redaktion geändert) und beschloss, die neu eröffnete Salzgrotte um die Ecke auszuprobieren. Die Werbung verheißt viel. „Abgeschottet von Feierabendverkehr umgeben Sie 14 Tonnen Himalaya- und Totes-Meer-Salz.“ Das biete die Möglichkeit zu 45 Minuten „Entschleunigung“. Im hektischen Alltag kann das nicht schaden. Matthias Lindner verspricht sich von dem Aufenthalt in der Grotte aber vor allem positive Effekte für seine Gesundheit. Schon länger plagen ihn Polypen in der Nase. „Vielleicht bringt die Salzluft ja was und ich kann wieder besser durchatmen.“
Hoffen auf Heilung
Die Idee, salzige Luft für die Gesundheit zu nutzen, ist nicht neu. Seit Jahrhunderten werden Haut- und Lungenkranke sowie Erholungsbedürftige zur Kur ans Meer geschickt, um vom dortigen Reizklima zu profitieren. Außerdem haben Ärzte beobachtet, dass Arbeiter in Salzbergwerken seltener an Atemwegserkrankungen leiden als andere Berufsgruppen. So entstand der Gedanke, künstliche Salzkammern zu bauen und die positiven Wirkungen des Stoffes auch Menschen zugänglich zu machen, die nicht an der Küste oder in der Nähe eines Heilstollens leben.
Deutschlandweit gibt es 300 Salzräume
Die Nachfrage ist groß. Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als 300 solcher Salzgrotten oder -räume. Sie sind auf etwa 22 Grad Celsius temperiert, ihre Wände mit Salzbausteinen ausgekleidet, grobkörnige Kristalle bedecken den Boden. Oft wird zudem feiner Salznebel in den Raum geleitet. Die Besucher können die Räume mit Straßenkleidung betreten, setzen sich auf einen Liegestuhl und entspannen. Meist unterstützen gedimmtes Licht und dezente Musik die gewünschte Erholung.
Festgelegte Standards gibt es nicht
Nicht zu verwechseln ist das Verfahren mit der Sole-Photo-Therapie, bei der etwa Patienten mit Schuppenflechte ein Salzwasserbad nehmen und mit UV-Licht bestrahlt werden. Der Ablauf dafür ist streng reglementiert. Salzgrotten dagegen können sich je nach Anbieter unterscheiden. Festgelegte Standards für die Ausstattung oder zertifizierte Anlagen gibt es nicht, sagen Salzgrotten-Baufirmen auf Anfrage.
Medizinischer Nutzen unklar
Auch was den medizinischen Nutzen angeht, ist vieles unklar: Die bisherigen Studien haben oft methodische Schwächen und können die Wirksamkeit nicht zweifelsfrei belegen. Das hat auch juristische Folgen. So entschied das Oberlandesgericht Hamm: Werbung mit der Heilkraft von Salzgrotten ist wegen unzureichender Belege unzulässig (Az I-4 U 124/12). Auch dürfen die Betreiber den Besuch nicht „mit einem mehrtägigen Aufenthalt am Meer“ gleichsetzen.
Was Salz zum Wirken braucht
„Entscheidend für die heilende Wirkung des Salzes ist eine hohe Luftfeuchtigkeit“, sagt Bernd Salzer vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen. Bei Krankheiten wie Neurodermitis oder Schuppenflechte könne sich feuchter Salznebel positiv auf die trockenen Hautstellen auswirken, so der Hautarzt. Allerdings seien dafür mindestens 80 Prozent Luftfeuchte nötig. Auch müsse die nackte Haut direkt mit dem Nebel in Berührung kommen. Beides trifft auf künstliche Salzgrotten nicht zu: Hier liegt die Luftfeuchtigkeit bei etwa 50 Prozent und Besucher bleiben angezogen.
Salzkonzentration in den Grotten reicht nicht aus
Dr. Michael Barczok vom Bundesverband der Pneumologen ist ebenfalls skeptisch: „Es gibt die sinnvolle Tradition, bei Atemwegserkrankungen Salzlösung zu inhalieren“, sagt der Lungenarzt. Eine so hohe Salzkonzentration sei jedoch in den Grotten nicht erreichbar. Sein Fazit: „Es ist vielleicht angenehm, das zu machen.“ Das bedeute aber noch nicht, dass das Ganze auch therapeutisch etwas bringt.
Krankenversicherungen winken ab
Zudem sollten Salzgrottenbesucher nicht auf eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse spekulieren. „Im Gegensatz zur Sole-Photo-Therapie bei Schuppenflechte sind Sitzungen in der Salzgrotte nicht Bestandteil des Leistungskatalogs“, sagt Anja Gerecke vom Bundesverband der AOK. Auch Privatpatienten zahlen das Eintrittsgeld in der Regel selbst. Zwar können die Leistungen bei Allianz, DKV und Co. je nach Gesellschaft und Tarif variieren. Dirk Lullies vom Verband der Privaten Krankenversicherung geht jedoch davon aus, dass die Kosten eher nicht erstattet werden.
Kleine Auszeit vom Alltagsstress
Wer auf regelmäßige Sitzungen nicht verzichten will, muss daher einiges investieren. Ein 45-minütiger Besuch im Salzzimmer kostet für Erwachsene bis zu 15 Euro. Das lohnt auf Dauer nur, wenn man sich nach dem Besuch wirklich besser fühlt. Im Fall des Berliner Ehepaars trifft das zu: Matthias Lindner hat nach der 45-minütigen Sitzung tatsächlich den Eindruck, leichter durchatmen zu können. Seine Frau fand den Aufenthalt vor allem erholsam. „Ich konnte die Augen zumachen und einfach mal abschalten“ – bei Schmuddelwetter und Weihnachtsstress ist das ja auch schon etwas wert.
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Salzgrotten haben serwohl einen therapeutischen Nutzen. Herkömmliche Salzgrotten haben nur einen Salzgehalt von ca. 2% in der Luft. Das entspricht ungefähr der normalen Luft an der See. Sind jedoch in der Salzgrotte mehrere Gradierwerke vorhanden, erhöht sich die Wirkung um ein Vielfaches. Wenn dazu noch eine Soolenebelkabine vorhanden ist hat man einen Sättigungsgrad von ca. 6%. Hier können die Kunden/Patienten in Einzel,- oder Gruppensitzungen unbekleidet den Soolenebel auf der erkrankte Haut wirken lassen. Dieses hat enorme Vorteile gegeüber der konventionellen Salzgrottentherapie. Viele Patienten mit asthmatischen Erkrankungen sind in den Salzgrotten unabhänging von den Asthmaspray's mit ihren Nebenwirkungen geworden. Neurodermitispatienten sind innerhalb von 7-10 Tagen von ihren unansehnlichen Hautproblemen erlöst gewesen. Dazu gehört natürlich nicht nur das durchschleusen in einer Salzgrotte, sondern eine fachliche, gute Beratung. Bleiben Sie Gesund. (Der Werbelink wurde entfernt.(BP))
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Also, hier ist erstens mal die Haut dem Salznebel ausgesetzt - und vor lauter Salznebel sieht man auch kaum was. Das koennte m.E. durchaus wirksam sein, findet
Testibus
Wer sich für "Salzgrotten" interessiert, sollte sich auch mal Thermen/Thermalbäder anschauen. Da müsste es auch mit der Wirksamkeit besser stehen. Manche haben auch Solebäder und meinetwegen auch "Salzgrotten" inklusive.
Hier gibt es auch Tests dazu: https://www.test.de/suche/?q=Thermalbad