Nachdem bereits für den Zeitraum September - Oktober 2 000 Flüge gecancelt wurden, lässt Ryanair zwischen November und März weitere 18 000 Flüge ausfallen. Der irische Billigflieger bietet eine Umbuchung oder eine Rückerstattung des Ticketpreises an. Wer nicht rechtzeitig von Ryanair über die Annullierung seines Fluges informiert wird, kann zusätzlich eine Entschädigung verlangen. test.de sagt, welche Rechte Passagiere haben.
Weitere 18 000 Ryanair-Flüge gestrichen
Laut Ryanair werden im Winterflugplan 25 Flugzeuge weniger eingesetzt als bislang vorgesehen. Wie Spiegel Online meldet, fallen von November bis März daher etwa 18 000 Flüge aus, darunter die Verbindungen
- Köln/Bonn - Berlin Schönefeld
- Hamburg - Edinburgh
- Hamburg - Kattowitz
- Hamburg - Oslo
- Hamburg - Thessaloniki
- Hamburg - Venedig
- Frankfurt-Hahn - Trapani
- Flüge von und nach Memmingen und Baden-Baden
Die vollständige Liste der gestrichenen Verbindungen hat Ryanair inzwischen auf seiner Website veröffentlicht, ebenso die Änderungen im Winterflugplan.
400 000 Passagiere betroffen
Pro Jahr führt Ryanair rund 800 000 Flüge durch. Von den Änderungen im Flugplan sind nach übereinstimmenden Presseberichten rund 400 000 Passagiere betroffen. Laut Spiegel Online werden ab April dann nur noch insgesamt zehn Flugzeuge weniger eingesetzt. Ryanair hat sich offenbar verkalkuliert, was die Urlaubsplanung seines Flugpersonals angeht. Von der irischen Luftfahrtbehörde ist das Unternehmen verpflichtet worden, bis Ende des Jahres die bestehenden Urlaubsansprüche von Piloten und sonstigem Flugpersonal zu erfüllen.
Rückerstattung oder kostenlose Umbuchung
Betroffene Passagiere können nun kostenfrei auf andere Ryanair-Flüge umbuchen oder sich den Ticketpreis erstatten lassen. Wie man das online tun kann, erklärt Ryanair in seinen FAQ.
Bis zu 600 Euro Entschädigung bei Annullierung
Zusätzlich zu den beiden oben genannten Optionen steht Kunden für die Annullierung unter Umständen eine pauschale Entschädigung („Ausgleichsleistung“) gemäß der europäischen Fluggastrechteverordnung zu – und zwar in Höhe von bis zu 600 Euro pro Passagier. Ein Entschädigungsanspruch ist dem Grunde nach dann gegeben, wenn der Kunde bis zum geplanten Abflugtermin nicht über die Annullierung informiert wird. Die konkrete Höhe der Entschädigung hängt von der Flugentfernung ab. Allgemein gilt: Für die Annullierung eines Kurzstreckenflugs (bis 1 500 Kilometer) erhält ein Fluggast 250 Euro, bei einer Mittelstrecke (bis 3 500 Kilometer) sind es 400 Euro und bei einer Langstrecke (mehr als 3 500 Kilometer) 600 Euro.
Keine Entschädigung bei rechtzeitiger Info über Annullierung
Keine Entschädigung steht Kunden zu, wenn Ryanair sie zwei Wochen vor dem geplanten Abflug oder früher über die Annullierung unterrichtet. Erfolgt die Unterrichtung kurzfristiger, hängt die Entschädigung unter anderem davon ab, ob Ryanair zeitgleich mit der Information über die Annullierung einen Alternativflug anbietet:
- Informiert Ryanair den Passagier über die Flugannullierung im Zeitraum 14 bis 7 Tage vor dem Abflugtermin, muss das Unternehmen dann keine Entschädigung zahlen, wenn es einen Alternativflug anbietet, der nicht mehr als zwei Stunden vor dem geplanten Abflugtermin startet und nicht mehr als vier Stunden nach der ursprünglich vorgesehenen Ankunftszeit ankommt.
- Kommt die Annullierungs-Info weniger als 7 Tage vor dem geplanten Abflug, entkommt Ryanair einer Entschädigungszahlung nur dann, wenn die Airline einen Alternativflug anbietet, der nicht mehr als eine Stunde vor der geplanten Abflugzeit startet und nicht mehr als zwei Stunden nach der ursprünglich geplanten Ankunftszeit landet.
Kommt es zwischen Kunde und Ryanair zum Streit darüber, ob die Unterrichtung rechtzeitig erfolgte, trägt die Airline die Beweislast.
So machen Sie die Entschädigung geltend
Um die Entschädigung geltend zu machen, gibt es mehrere Wege:
- Selbst Ryanair anschreiben. Sie machen Ryanair gegenüber Ihren Entschädigungsanspruch selbst geltend. Der Reiserechtsexperte Ernst Führich bietet dafür auf seiner Internetseite ein Musterformular an. Schicken Sie das ausgefüllte Formular per Einschreiben an:
Ryanair Ltd., Ryanair Customer Service Department, P.O. Box 1145, Irland.
Alternativ können Sie Ihren Anspruch auch über die Internetseite von Ryanair geltend machen. Zahlt die Fluggesellschaft daraufhin nicht, können Passagiere ihren Fall einem Rechtsanwalt mit Erfahrung im Reiserecht übergeben (auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht finden Sie eine Liste von Reiserechtsexperten). Oder Sie beschweren sich über Ryanair bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (Söp) in Berlin (siehe unsere Meldung Streit mit der Fluglinie: Ryanair macht bei Schlichtung mit). - Fluggastportal einschalten. Wer sich nicht selber kümmern möchte, der kann Fluggastportale wie EUclaim, Fairplane oder Flightright mit der Einziehung der Entschädigungsforderung beauftragen (siehe Special Fluggastrechte: Der Weg zur Entschädigung).
Nachteil: Arbeitet das jeweilige Fluggastportal erfolgreich, und die Airline zahlt eine Entschädigung, muss der Passagier rund 30 Prozent davon als Erfolgsprovision an das Portal abgeben.
Tipp: Versuchen Sie es erst selbst und gehen Sie dann – notfalls – den Weg über Anwalt oder Söp. Hat Ryanair nicht rechtzeitig über die Annullierung informiert, sollte der Weg zur Entschädigung so reibungslos verlaufen.
Ersatz von Hotel- und Transferkosten
Passagiere, die erst am Flughafen von der Annullierung ihres Fluges erfahren und dann im Hotel untergebracht werden müssen, bis der Ersatzflug geht, haben gegenüber Ryanair auch Anspruch auf Erstattung von Hotel- und Transferkosten.
Darüber hinaus Schadenersatz möglich
Geht durch die Annullierung eines Fluges ein Urlaubstag verloren, stellt sich die Frage, ob Passagiere dafür Schadenersatz verlangen können. Bei Pauschalreisen – wenn also ein Kunde bei einem Reiseveranstalter Flug plus Hotelunterbringung bucht – können Reisende einen Ersatz für entgangenen Urlaub verlangen. Bei reinen Flugbuchungen gibt es keinen Schadenersatz für solche „immateriellen Schäden“. Schadenersatz können Nur-Flug-Kunden daher nur verlangen, wenn Sie nachweisen können, dass Ihnen durch die Annullierung ein finanzieller Schaden entstanden ist. Ein solcher Schaden könnte etwa dann vorliegen, wenn Geschäftsleute wegen einer Annullierung zum Beispiel einen wichtigen Termin verpassen, der sicher zu einem finanziellen Gewinn für sie geführt hätte. Ein solcher Schadenersatz ist nach dem Montrealer Übereinkommen allerdings auf 5 600 Euro begrenzt.
Diese Meldung ist erstmals am 20. September 2017 auf test.de erschienen. Sie wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 29. September 2017.