
Russland. Wegen des Krieges kommt es zu Einschränkungen des Aktienhandels. © Imago Images / Xinhua
In Folge des Ukraine-Russland-Krieges kommt es zu Einschränkungen des Handels mit russischen Aktien. Inhaber von ADR geraten nun in Schwierigkeiten.
Russische Aktien früher häufig über ADR gehandelt
Für US-amerikanische und europäische Anleger gab es vor dem Ukrainekrieg die Möglichkeit, in russische Aktienunternehmen in Form von sogenannten ADR oder GDR zu investieren. ADR steht für american repository receipts, GDR für global depository receipts; gemeint sind damit Hinterlegungsscheine, also Zertifikate, die sich wie die zugrunde liegenden Aktien entwickeln. Solche Zertifikate wurden von großen westlichen Banken wie der Bank of New York Mellon oder der Citibank herausgegeben. Über diese Bezugsscheine konnten westliche Anleger auch dann ausländische Aktien handeln, wenn diese selbst nicht an der inländischen Börse gelistet waren. In Folge des Ukraine-Russland-Krieges geraten Inhaber von ADR nun in Schwierigkeiten.
Einschränkungen im Handel für Ausländer an Moskauer Börse
Am 25. Februar 2022 wurde der Handel an der Moskauer Börse ausgesetzt, um den Kursverfall russischer Aktien zu stoppen. Am 24. März 2022 öffnete der Handel wieder – aber nur für 33 Titel aus dem Moex Russia Index, und auch nicht für Ausländer. Der Verkauf russischer Aktien durch ausländische Investoren sowie Leerverkäufe, ursprünglich bis zum 1. April 2022 verboten, ist weiterhin untersagt. Auch der Anleihenhandel mit, sowie die Auszahlung von Kupons und Dividenden an Ausländer ist nicht erlaubt. Zumindest der Rubel-Aktienkurs von Gazprom, dem größten russischen Erdgasproduzenten, stabilisierte sich in der Folge, wie der folgende Wertentwicklungschart mit den sechs größten russischen Aktienunternehmen seit Jahresbeginn zeigt. Wohlgemerkt, die Wertentwicklung ist in Rubel. In gemischten Indizes von westlichen Indexanbietern sind russische Aktien weiterhin mit einem Wert nahe Null abgeschrieben.
{{data.error}}
{{col.comment.i}} {{comment.i}} |
---|
{{col.comment.i}} {{comment.i}} |
---|
- {{item.i}}
- {{item.text}}
Russische ADR werden eingestellt
Am 16. April 2022 wurde in Russland ein Gesetz zur Beendigung von ADR und GDR verabschiedet (Gesetzesnummer 114-FZ). Dieses weist russische Aktienunternehmen an, die bestehenden Verträge mit ausländischen Banken hinsichtlich ADR zu beenden. Seit dem 27. April 2022 ist die Neuemission von Hinterlegungsscheinen für russische Aktien verboten. Anleger, die die Hinterlegungsscheine vor dem 27. April erworben haben, haben ein Recht auf einen Umtausch in Stammaktien. Bis zum Umtausch bekommen Inhaber der Hinterlegungsscheine weder Dividenden, noch haben sie ein Stimmrecht. Die westlichen Banken, welche bisher die ADR angeboten haben, werden ihrerseits die russischen ADR mit unterschiedlichen Fristen einstellen.
Umtausch russischer ADR in Stammaktien schwierig
Der Umtausch der ADR in Stammaktien scheint noch freiwillig zu sein und passiert nicht automatisch. Anleger müssen dazu aktiv werden und einigen Aufwand in Kauf nehmen. Wir haben beispielhaft auf den Internetseiten von Lukoil und von Gazprom nachgeschaut und Anleitungen in englischer Sprache dazu gefunden, wie man seine ADR umtauschen kann. Ob die dort angegebenen Schritte tatsächlich auch für deutsche Anleger funktionieren, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.
Lukoil ADR
- Isin US69343P1057
- WKN A1420E
- Emittent: Citibank
- Umtauschverhältnis (ADR zu Aktie): 1:1
- Frist für Umtausch: 30. Dezember 2022
- Umtauschgebühr seitens der Citibank: 0,05 US-Dollar pro ADR
- Anleitung zum Umtausch: https://www.lukoil.com/InvestorAndShareholderCenter/Securities/InformationForDRHolders
Gazprom ADR
- Isin US3682872078
- WKN 903276
- Emittent: Bank of New York Mellon
- Umtauschverhältnis (ADR zu Aktie): 1:2
- Anleitung zum Umtausch: https://www.gazprombank.ru/docs/drcancellationeng/
{{data.error}}
{{col.comment.i}} {{comment.i}} |
---|
{{col.comment.i}} {{comment.i}} |
---|
- {{item.i}}
- {{item.text}}
Abwarten und die ADR behalten?
Was passiert, wenn Anleger ihre ADR nicht umtauschen? Laut Lukoil verbleiben die ADR im Besitz des Anlegers, bis die Emissionsbank die zugrunde liegenden Aktien verkaufen kann und die Anleger auszahlt. Allerdings ist ungewiss, wann der Verkauf russischer Aktien durch „unfreundliche“ Ausländer möglich ist.
Das gleiche Problem haben übrigens auch die Anleger, die es schaffen, ihre ADR umzutauschen. Sofern sie nicht russische Staatsbürger sind oder aus „russlandfreundlichen“ Staaten kommen, können sie ihre russischen Aktien nicht verkaufen – aber sie hätten die russischen Aktien zumindest geparkt. Bleibt die Frage: Wie können Ausländer ein Depot in Russland eröffnen?
Wie eröffnet man ein russisches Depot?
Die Umwandlung der Hinterlegungsscheine in russische Aktien scheint nur möglich, wenn der Anleger ein Bankkonto und ein Depot in Russland hat. Auf dem deutschen Markt ist uns aktuell jedoch kein Broker bekannt, der auch in Russland operiert und dort Dienstleistungen für deutsche Anleger anbietet. Welche Optionen bleiben?
- Lukoil schreibt, dass ausländische Anleger sich an die russische Bankvereinigung wenden und dort nachfragen sollen, ob und wie sie ein Konto eröffnen können. Zudem könne man sich per Email an Lukoil für mehr Informationen wenden (shareholder@lukoil.com oder ir@lukoil.com).
- Gazprom weist darauf hin, dass es möglich sei, als Ausländer ein Depot (Typ „C“) und ein Bankkonto (Typ „C“) bei der Gazprombank zu eröffnen. Auf dem Depot könnten Anleger die Gazprom-Aktien lagern, auf dem Bankkonto würden die Dividenden verrechnet werden. Das Angebot richtet sich nicht nur an Unternehmen, sondern ausdrücklich auch an Privatpersonen. Über den oben aufgeführten Link zur Gazprom-Website finden Anleger die nötigen Formulare. Wir können aktuell nichts dazu sagen, welche Kosten für ein Konto und Depot bei der Gazprombank anfallen und wie diese abgerechnet werden.
- Im Internet finden ADR-Inhaber Angebote von Anwälten, die die Umwandlung der ADR in Aktien zu übernehmen. So verspricht eine Kanzlei aus Stuttgart einen Broker gefunden zu haben, über den das Umtausch-Geschäft abgewickelt werden kann. Wir können dazu keine Empfehlung abgeben. Interessierte Anleger sollten sich die Kosten vorab offenlegen lassen. Zudem scheint diese Möglichkeit aktuell nur für Investoren mit größeren Summen zu bestehen. Die Stuttgarter Kanzlei nimmt derzeit nur Anleger als Klienten auf, die mindestens 50 000 US-Dollar in russische ADR von Gazprom, Lukoil, Magnitogorsk oder Magnit investiert haben.
- Einen Newsletter der „Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger“ (SdK) zum Umtausch der ADR gibt es unter https://sdk.org/assets/Klageverfahren/Russland/Russische-Wertpapiere-2.pdf. Betroffene Anleger, die Mitglieder der SdK sind, können dort telefonisch oder per Email um Rat bitten.
Fazit: Für den Umtausch der russischen ADR in Stammaktien gibt es Anleitungen von den jeweiligen russischen Aktienunternehmen. Ob die dort angegebenen Schritte zum Erfolg führen, können wir nicht sagen. Rückmeldungen und Erfahrungsberichte von Lesern nehmen wir gern entgegen.
-
- Da werden böse Erinnerungen wach: Hohe Zinsen, hoher Schuldenstand – das klingt ähnlich wie vor der Finanzkrise. Wir machen den Vergleich.
-
- Der Fonds Morgan Stanley Global Opportunity hat seine Top-Bewertung verloren. Unsere Leser wollen wissen, ob Sie den Fonds halten oder verkaufen sollen.
-
- Eine der dunklen Seite der Ukraine-Krise: Der Ölpreis und die Aktienkurse von Waffenherstellern haben deutlich zugelegt. Wir analysieren die Einzelbranchen.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.