Rürup-Rente mit Fonds: Spekulieren mit Staates Hilfe
Anbieter locken mit Steuervorteilen und Renditechancen. Doch eine sichere Rente bieten Rürup-Verträge mit Fonds nicht.
Auf den ersten Blick kommt die staatliche Rürup-Rente in Form von fondsgebundenen Verträgen für Gutverdiener als echter Steuerhit daher: Anleger können ihre Beiträge in Fonds stecken, die Renditechancen der Kapitalmärkte nutzen und die Beiträge obendrein beim Finanzamt absetzen.
Wie unsere Beispielrechnungen (siehe „Startseite Test“) zeigen, sind damit Steuerersparnisse in der Ansparphase von zigtausend Euro drin. Das alles klingt gut. Trotzdem halten die Angebote auf den zweiten Blick nicht, was sie versprechen.
Die Anbieter haben Haken und Ösen in die Verträge eingebaut. Sie können die Rente empfindlich schmälern. Auch weiß der Versicherte bis Rentenbeginn nicht, wie hoch seine Rente sein wird.
Dennoch haben knapp 740 000 Sparer bis Ende 2010 ihr Geld in eine fondsgebundene Rürup-Versicherung gesteckt, mehr als in klassische Rürup-Versicherungen ohne Fonds. Eine winzige Rolle spielen bisher Rürup-Fondssparpläne. Sie sind im Unterschied zu Rürup-Fondspolicen kostengünstiger, doch Kunden haben hier kaum eine Fondsauswahl. Die Fondsgesellschaften Deka und DWS haben zusammen bisher nur gut 5 000 Verträge verkauft (siehe „Rürup-Fondssparpläne im Porträt“).
Für Selbstständige sind Rürup-Verträge mit oder ohne Fonds die einzige Möglichkeit, mit staatlicher Unterstützung privat für das Alter vorzusorgen.
Die Sparer müssen damit jedoch große Einschränkungen akzeptieren, die der Gesetzgeber festgelegt hat (siehe „Gesetzliche Vorschriften“). Die Rente kann frühestens ab dem sechzigsten Lebensjahr gezahlt werden und ist nicht vererbbar. Kapitalauszahlungen sind nicht möglich.
Anders als bei Riester-Verträgen schreibt der Gesetzgeber keine Beitragsgarantie vor. Rürup-Kunden können also durchaus Verluste machen, wenn sie auf Fonds setzen. Die können sie jedoch begrenzen, wenn sie selbst einen Vertrag mit Beitragsgarantie wählen. Denn es gibt sowohl Fondssparpläne als auch Fondspolicen mit und ohne Beitragsgarantie.
Wer ein Angebot mit Garantie wählt, muss allerdings für die Sicherheit Abstriche bei der Chance auf eine erhöhte Rente durch Kursgewinne an der Börse machen.
Ohne Garantie nur für Risikoanleger
Die fondsgebundene Variante der Rürup-Rente ohne Garantie ist nur etwas für risikofreudige Sparer, die das Auf und Ab an den Börsen nicht nervös macht. Ihre Beiträge fließen dann abzüglich Kosten ausschließlich in Investmentfonds. Die Gewinne aus den Fonds können – sofern die Märkte gut laufen – die spätere lebenslange Rente deutlich attraktiver machen.
Bei fondsgebundenen Versicherungen wählt der Kunde seine Fonds selbst aus einer vom Versicherer vorgegebenen Liste aus und hofft auf gute Renditen. Damit die möglichst hoch ausfallen, sollten Anleger nur Fonds nehmen, die in unseren monatlichen Fondsanalysen Spitzenplätze einnehmen (Produktfinder Fonds).
Dennoch muss Anlegern klar sein, dass sie für den Fall, dass der Markt schlecht läuft, auch Verluste machen können. Dann fällt ihre spätere Rente deutlich niedriger aus.
Verträge mit Beitragsgarantie
Rürup-Verträge mit 100-prozentiger Beitragsgarantie sind Kombiprodukte, die das Anlegergeld sowohl konservativ als auch in Investmentfonds anlegen.
Die Alte Leipziger hat zum Beispiel in ihr Kombiprodukt „ALfonds-Basis, Tarif FR 75“ eine Garantie eingebaut, die sicherstellt, dass 100 Prozent der eingezahlten Beiträge für die Verrentung zum geplanten Rentenbeginn zur Verfügung stehen. Sie verteilt das Geld der Sparer auf drei Töpfe.
Um die Garantie zu sichern, fließen die Beiträge der Sparer zunächst in zwei Töpfe: in einen im Versicherungsjargon als Sicherungsvermögen bezeichneten Topf, der ausschließlich in sichere Papiere investiert, und in einen Garantiefonds. Läuft es am Kapitalmarkt gut und enthalten das Sicherungsvermögen und der Garantiefonds das notwendige Garantiekapital, kommt ein dritter Topf ins Spiel: So viel wie möglich wird in renditestärkere Fonds umgeschichtet.
Droht eine Unterdeckung des Garantiekapitals, weil die Kapitalmärkte schlecht laufen, schichtet der Anbieter Geld zurück. Angesichts der Kapriolen an den Kapitalmärkten kann es also passieren, dass das Geld hin- und hergeschoben werden muss, um die Garantie zu erfüllen. Die Versicherer nennen solche Policen „dynamische Hybridprodukte“.
Die Fonds, in die sein Geld fließen soll, darf der Kunde selbst bestimmen. Bei der Alten Leipziger kann er unter 49 Fonds wählen, die Arag gibt Anlegern für die Police „FoRte 3D basis, Tarif FRUE08“ eine Liste mit 38 Fonds zur Auswahl an die Hand.
Andere Versicherer mit Garantiepolicen wie die Interrisk (Tarif SFRVB) verzichten auf die dynamische Umschichtung und legen einen festen Teil des Beitrags in vom Anleger frei wählbare Fonds und einen Teil in das Sicherungsvermögen. Diese Produkte heißen „statische Hybridprodukte“. Ihre Renditechancen sind schlechter als die der dynamischen Varianten.
Bei beiden Vertragsvarianten kann die Rente im Vergleich zur klassischen Rürup-Rentenversicherung niedriger ausfallen, wenn mit den Fonds keine attraktiven Gewinne erwirtschaftet werden. Allerdings schützt die Garantie Versicherte auf alle Fälle vor dem Verlust ihrer Einzahlungen.
Es gibt eine Fülle von Vertrags- und Garantievarianten. Um die richtige auszuwählen, bleibt Anlegern nichts anderes übrig, als das Kleingedruckte zu lesen. Sonst denkt man zum Beispiel beim Deka-Fondssparplan vielleicht, dass sich die Höchststandgarantie des „Deka Zielfonds“ (siehe „Rürup-Fondssparpläne im Porträt“) auf die gesamte Vertragslaufzeit und nicht nur auf die letzten vier Jahre der Fondslaufzeit bezieht .
Unsicherer Rentenfaktor
Ob mit oder ohne Beitragsgarantie, wie hoch die Rente später einmal sein wird, hängt nicht nur von dem Umfang des Fondsinvestments und von seiner Entwicklung ab. Wesentlich sind auch die Abschluss- und Vertriebskosten und die Höhe des Rentenfaktors, den der Versicherer erst zu Rentenbeginn ermittelt.
Der Faktor legt fest, wie viel lebenslange Rente ein Sparer für 10 000 Euro Sparvermögen pro Monat bekommt. Je höher er ausfällt, desto mehr Rente gibt es.
Weil die Höhe des späteren Rentenfaktors bei Vertragsbeginn unbekannt ist, geben viele Anbieter einen garantierten Rentenfaktor an, der oft lächerlich gering ist.
Die Allianz bietet für ihre „Basisrente Invest“ gerade einmal 19,89 Euro pro 10 000 Euro Kapital für einen heute 40-jährigen Mann an, der mit 65 in Rente geht. Das entspricht 198,90 Euro im Monat für ein Kapital von 100 000 Euro. Zum Vergleich: Diese Garantie liegt 50 Prozent unter dem aktuellen Rentenfaktor von 39,79 für diesen Sparer. Er bekäme demnach nur die Hälfte.
Bei der Cosmos Direkt (Tarif FBA) müssen Anleger noch größeres Vertrauen in den Versicherer haben. Cosmos sagt im Vertrag gar keinen Rentenfaktor zu.
Riesige Kostenunterschiede

Am Radfahren hat Stefanie Becker mehr Freude als an ihrer fondsgebundenen Rürup-Rentenversicherung bei der Heidelberger Leben „Die hohen Kosten fressen zu viel vom Steuervorteil auf“, sagt die 34-jährige Beamtin aus Bonn.
Bei den Kosten ist es umgekehrt wie beim Rentenfaktor. Je höher sie sind, desto weniger fließt in den Anlagetopf.
Stefanie Becker, Beamtin aus Bonn, ärgert sich zum Beispiel über die hohen Kosten, die sie für ihre fondsgebundene Rürup-Rentenversicherung bei der Heidelberger Leben gezahlt hat. Satte 4 Prozent der Beiträge, die sie über die gesamte Laufzeit einzahlen wird, sind gleich zu Beginn der Ansparhase für Abschluss- und Vertriebskosten draufgegangen. Dazu kommen noch jährliche laufende Verwaltungskosten.
Hätte Becker ihre Police bei einem Direktversicherer wie der Europa oder Cosmos Direkt abgeschlossen, wäre sie deutlich günstiger gefahren. Derzeit verlangt die Cosmos rund 1,6 Prozent und die Europa sogar nur 0,8 Prozent der Beitragssumme.
Wie groß die Unterschiede allein bei den Abschluss- und Vertriebskosten der einzelnen Versicherer sind, haben wir für ein Beispiel berechnet. Dabei haben wir unterstellt, dass ein Kunde pro Jahr 6 000 Euro einzahlt, insgesamt 150 000 Euro bei einer Laufzeit von 25 Jahren.
Für die Police „Allianz BasisRente Invest“ ohne Garantie müsste unser Modellkunde 6 270 Euro Abschluss- und Vertriebskosten zahlen. Die Kosten werden gleichmäßig über die ersten fünf Jahre verteilt und von den Beiträgen des Versicherten abgezogen.
Zum Vergleich: Geht derselbe Kunde zum Direktversicherer Cosmos, zahlt er dort für den Tarif FBA rund 2 355 Euro – weniger als die Hälfte an Kosten. Schließt er den Tarif E-FR3B der Europa „Life Invest Fonds-Rente“ ab, zahlt er sage und schreibe nur 1 200 Euro Abschluss- und Vertriebskosten.
Versicherer darf Rente nicht senken
Alternativ zur Fondspolice können sich Anleger auch für einen Rürup-Fondssparplan entscheiden. Die Fondssparpläne werden dann zu Beginn der Rente in eine Rentenversicherung überführt. Dabei können Anleger den Rürup-Versicherer selbst wählen, wenn sie den der Fondsgesellschaft nicht wollen.
Bei allen Rürup-Verträgen mit Fonds wird das gesamte Fondskapital zu Rentenbeginn komplett aufgelöst, dem Versicherungstopf zugeführt und konventionell angelegt. Ab diesem Zeitpunkt garantiert der Versicherer eine Mindestrente und erhöht diese mit Überschüssen, die in den weiteren Jahren anfallen. Dadurch kann die Rente steigen.
Egal was passiert, in der Rentenphase darf der Versicherer die lebenslange Rente nicht senken. Eine fallende Rente lassen die gesetzlichen Vorschriften für Rürup-Verträge nicht zu.