
Der Versicherer Roland bewirbt seinen „LawGuide“ (99 Euro jährlich) als preiswertere Alternative zur klassischen Rechtsschutzversicherung. Zielgruppe: junge Leute. Rechtsrat gibts nur per Telefon. Kommt es zum Streitfall, zahlt die Versicherung nicht für Klagen, nur für außergerichtliche Vermittlungsversuche (Mediation). „Soforthilfe bei jedem Anliegen: Keine Ausschlüsse, keine Wartezeiten, keine Selbstbeteiligung“, wirbt Roland. Unser Schnelltest zeigt: Das stimmt so nicht.
Rechtsschutz für die Generation Instagram?

© Quelle: www.roland-lawguide.de, Screenshot
Die Roland Rechtsschutzversicherung rühmt sich, ein „einzigartiges“ neues Rechtsschutz-Produkt entwickelt zu haben: den LawGuide. Zielgruppe sind „kostenbewusste und vorausschauend handelnde Menschen, denen Gerechtigkeit und ein faires Miteinander wichtig sind, die aber keinen langen Rechtsstreit wünschen“, wie es auf der Roland-Website heißt. Der LawGuide bietet daher auch keine Beratung in einer Anwaltskanzlei, sondern nur Rechtsrat per Telefon („JurLine“). Ist eine Konfliktlösung notwendig, bezahlt Roland nicht wie bei einer klassischen Rechtsschutzversicherung die Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Vorfeld und während eines Gerichtsverfahrens, sondern nur bis zu 5 000 Euro für außergerichtliche Vermittlungsbemühungen etwa durch einen Mediator.
Versichert sind die wichtigsten Lebensbereiche
Der LawGuide kostet jährlich 99 Euro. Das ist recht erschwinglich, wenn man die Summe mit dem Preis einer normalen Rechtsschutzversicherung vergleicht, die oft mit mehr als 300 Euro pro Jahr zu Buche schlägt. Eine jährliche Zahlweise ist nicht zwingend. LawGuide-Kunden können statt einmal 99 Euro auch 8,25 Euro monatlich zahlen. Versichert sind die Lebensbereiche Privat, Beruf, Verkehr und Immobilien.
Von wegen „keine Ausschlüsse“
Äußerst vollmundig ist die Werbung zum LawGuide. Auf der Internetseite www.roland-lawguide.de heißt es: „Soforthilfe bei jedem Anliegen: Keine Ausschlüsse, keine Wartezeiten, keine Selbstbeteiligung.“ Solche Marketing-Sätze sind ärgerlich. Zwar hat der LawGuide zugegebenermaßen weniger Ausschlüsse als eine normale Rechtsschutzversicherung. Aber ganz ohne kommt auch dieses Produkt nicht aus.
Folgende Fälle sind nicht über den LawGuide versichert:
- Berufs-Rechtsschutz für Selbstständige. Selbstständige, die den LawGuide abschließen, haben keinen Rechtsschutz für Ärger im beruflichen Bereich.
- Rechtsschutz für Streit um Widerruf. Auch der Rechtsstreit um den Widerruf einer Lebensversicherung, eines Immobilienkredits oder einer Autofinanzierung ist nicht versichert, wenn der LawGuide bei Vertragsschluss noch nicht abgeschlossen war.
- Rechtsschutz für anlasslose Beratung zu Familien- und Erbrecht. LawGuide-Kunden haben keinen Rechtsschutz für allgemeine Fragen zum Familien- und Erbrecht. Ein Anruf bei der Hotline muss immer im Zusammenhang mit einem konkreten Anlass wie Geburt, Tod, Trennung, Scheidung oder Pflegbedürftigkeit der Eltern vorliegen. Das heißt: Ein LawGuide-Kunde, der zum Beispiel nach dem Tod seiner Eltern wissen will, ob deren Testament wirksam ist, darf die Anwalts-Hotline nutzen. Braucht der Kunde aber Tipps zum Abfassen seines Testaments, ist die Beratung vom LawGuide nicht gedeckt – denn es liegt ja noch kein Tod vor. Auch hier wieder ärgerlich: Die Internetwerbung von Roland suggeriert etwas anderes. Nämlich, dass Kunden ohne Einschränkung die Hotline nutzen dürften: „Flatrate für #Rechtsberatung #Konfliktlösung – Hilft Dir bei allen rechtlichen Fragen und Konflikten.“
Wie viele Anrufe pro Jahr sind erlaubt?
Wie oft der Versicherungskunde bei der LawGuide-Hotline insgesamt pro Jahr anrufen darf, ist in den Versicherungsbedingungen nicht explizit festgelegt. Unter Punkt 2.2.1.1 der Bedingungen heißt es, dass „die telefonische Rechtsberatung für einen ersten telefonischen Rat oder eine erste telefonische Auskunft [Hervorhebung von test.de]“ durch einen Anwalt zum Leistungsumfang gehöre. Pro Rechtsschutzfall nur ein Anruf? So kann man es lesen. So ist es aber nicht gemeint. „Ein“ sei in diesem Satz nicht als Zahlwort zu verstehen, so eine Sprecherin von Roland auf Nachfrage. JurLine sei dementsprechend nicht auf einen Anruf je Versicherungsfall begrenzt. „LawGuide-Kunden sollen ihre rechtlichen Probleme klären, wozu zum Teil auch mehr als eine telefonische Rechtsberatung notwendig sein kann.“
Darf Roland nach zu vielen Anrufen kündigen?
Auch wenn in den Versicherungsbedingungen die Zahl der erlaubten Hotline-Anrufe pro Jahr nicht genau festgehalten ist: Kunden müssen immer mit einer Kündigung rechnen, wenn sie die Dienste ihres Rechtsschutzversicherers nutzen. Denn gern vergessen wird: Rechtsschutzversicherer haben immer ein ordentliches Kündigungsrecht, das es ihnen erlaubt, Kunden auch ohne Angabe von Gründen rauszuschmeißen. Das gilt auch beim LawGuide. Roland kann stets mit einer Dreimonatsfrist zum Ende des Vertragsjahres ordentlich kündigen.
Fazit: Lieber klassische Rechtsschutzversicherung abschließen
Selbst die von Roland ins Ziel gefasste junge Generation der angeblich so „vorausschauenden Konfliktvermeider und Problemlöser“ kommt sicher irgendwann in Situationen, in denen sie nicht nur eine außergerichtliche Vermittlungsbemühung, sondern eine energische Vertretung durch einen Rechtsanwalt vor und während eines Prozesses braucht. Etwa wenn der Versicherer die Berufsunfähigkeitsrente verweigert, der Arbeitgeber mit einer Kündigung droht oder die Behörde den Führerschein entzieht. Wer einen umfassenden Rechtsschutz sucht, sollte die 99 Euro daher besser in eine herkömmliche Rechtsschutzversicherung stecken. Diese übernimmt, falls gewünscht, auch die Kosten einer Mediation. Telefonische Rechtsberatung ist heutzutage ebenfalls Bestandteil jeder Rechtsschutzversicherung. Gute Rechtsschutz-Angebote finden Sie in unserem Vergleich Rechtsschutzversicherungen.
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- Rechtsschutz im Test: 83 Rechtsschutzversicherungen sind in unserem Vergleich. Mit einer guten Police können Sie ohne Angst vor Anwaltskosten um Ihr Recht kämpfen.
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- Das Internetportal Mieterengel.de vermittelt Anwälte zur Rechtsberatung und bietet Rechtsschutz. Die Stiftung Warentest hat das Angebot unter die Lupe genommen.
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- Das Internetportal Conny.de bietet außer Rechtsdurchsetzung auch Mieterschutz mit Beratung und Prozesskostenschutz. test.de hat das Angebot unter die Lupe genommen.
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@Fuchs29:
Stand der Tarifuntersuchung: 1.5.2017. Im August 2018 haben wir eine Untersuchung zur Regulierungspraxis der Versicherer ergänzt. Wir haben ausgewertet, welche Erfahrungen Rechtsanwälte mit den Rechtsschutzversicherern gemacht haben. Wenn Sie das Thema freischalten, haben Sie Zugriff auf beide Tests.
(aci)
Wie aktuell ist denn der Vergleich Rechtsschutzversicherungen? Der Artikel ist zwar auf Juli 2018 datiert, die Testergebnisse aber von August 2017.