Vom Wiener Feinbäcker 5 Prozent, mit der Siemens-Aktienanleihe 2,5 Prozent oder sogar „8 Prozent Zinsen garantiert im Jahr“ beim Internetanbieter Adcada. Nach solchen Zinsofferten müssen Anleger nicht lange suchen. Mal liegt ein Werbeflyer beim Bäcker aus, mal stammt der Tipp vom Bankberater oder findet sich auf einer Finanzseite im Internet. Wir erklären, was hinter derlei Angeboten steckt und welche Risiken drohen. Und wir sagen, wie Anleger mit weniger Risiko mehr herausholen können.
Zahllose Zinsangebote im Internet
Wenn heute bei einem Angebot eine 2, eine 3 oder eine höhere Zahl vor dem Komma steht, ahnen die meisten, dass es irgendwo einen Haken gibt. Doch der Frust über das Nullzinsszenario lässt Bedenken in den Hintergrund treten. Oft ist außerdem selbst für erfahrene Anleger schwer erkennbar, ob eine Offerte seriös ist und welches Risiko sich dahinter verbirgt.
Acht Prozent – das kann nicht seriös sein
Im Falle Adcada braucht man nicht lange zu grübeln. Das sagt die Firma selbst zu ihrem Angebot: „8 % Zinsen im Jahr schützen Ihr Kapital und die quartalsweisen Zinszahlungen bieten Sicherheit und einen schnellen Geldrückfluss“. Selbst bei unerfahrenen Anlegern dürfte diese Beschreibung alle Alarmglocken schrillen lassen.
Bei einer Insolvenz schauen private Anleger in die Röhre
Die Firma Adcada ist kaum bekannt, die Anlage nicht von einem Wirtschaftsprüfer testiert worden, das investierte Geld unterliegt keiner Zweckbindung. Außerdem sind die Schuldscheine nachrangig. Was das heißt, beschreibt Adcada so: „Bei Insolvenz oder drohender Insolvenz fallen Sie mit Ihren Ansprüchen also schon dann aus, wenn andere Gläubiger noch Befriedigung erlangen können.“
Die meisten Angebote mit verlockenden Zinsen stammen aber von renommierten Banken oder bekannten Unternehmen. Kann man da nicht bedenkenlos zugreifen?
Unser Rat
Sicherheit. Wenn Sie kein Risiko bei der Geldanlage eingehen wollen, sollten Sie nur Tagesgeld oder Festgeld wählen, das durch eine leistungsfähige Einlagensicherung geschützt ist. Angebote, auf die das zutrifft, finden Sie in unseren Produktfindern Zinsen. Mit Anleihen von Unternehmen und mit Zertifikaten gehen Sie zum Teil erhebliche Risiken ein. Sie sind kein Ersatz für Tagesgeld oder Festgeld.
Kombination. Wenn Sie sich nicht mit den aktuell erzielbaren sicheren Zinsen zufriedengeben wollen, empfehlen wir, Tagesgeld oder Festgeld mit börsengehandelten Indexfonds (ETF) auf breit streuende Aktienindizes zu kombinieren (siehe unser Special Pantoffel-Portfolio: Bequem und pfiffig anlegen mit der Finanztest-Methode). Ideal eignet sich dafür ein ETF auf einen globalen oder einen europäischen Index. Empfehlenswerte Fonds für diesen Zweck finden Sie in unserem Produktfinder Fonds. Welches Mischungsverhältnis sich für welchen Anlegertyp eignet und was Sie bei der Kombination beachten sollten, beschreiben wir in der Tabelle So viel Aktien-ETF können Sie sich leisten.
Je höher die Rendite, desto höher das Risiko
Wir raten bei Zinsangeboten mit verlockend hohen Zinsen generell zur Vorsicht, denn es gilt: Je höher die Rendite, desto höher ist das Risiko. Für sichere Geldanlagen sind zurzeit je nach Laufzeit 0,5 bis nicht einmal 2 Prozent pro Jahr drin und kein Anbieter gewährt freiwillig höhere Zinsen als unbedingt nötig.
Nur mit Einlagensicherung ist das Geld sicher
Echte Sicherheit bietet eine Zinsanlage nur, wenn bei einer Pleite des Schuldners eine leistungsfähige Einlagensicherung einspringt und den angelegten Betrag vollständig ersetzt. Welche Sicherungssysteme es gibt und wie sie den Anleger im Ernstfall entschädigen, zeigt unsere Tabelle So funktioniert die Einlagensicherung für Anleger in Deutschland.
Riskante Unternehmensanleihen
Für die Anleihen mittelständischer Unternehmen oder von Alternative-Energie-Firmen gibt es kein Sicherheitsnetz. Wenn die Firma pleitegeht, ist das Geld gefährdet, das ihr Anleger geliehen haben. Mitunter bekommen sie nur einen Teil des Einsatzes zurück, er kann auch ganz weg sein.
Prokon, Wöhrl, KTG Agrar: Die Liste der Insolvenzen ist lang
Die guten Zinsen, die kleine Firmen gewähren, sind ein Ausgleich für dieses Risiko, das keinesfalls nur theoretisch existiert. In den vergangenen Jahren gab es eine Reihe spektakulärer Insolvenzen, vom Windanlagenkonzern Prokon über das Bekleidungshaus Wöhrl bis zum Landwirtschaftsunternehmen KTG Agrar. Die betroffenen Anleger waren meist Durchschnittsbürger, die ihre Zinsanlage als solide ansahen. Echte Spekulanten tummeln sich anderswo.
Sympathie reicht nicht aus
Anleger sollten beim Kauf von Zinsprodukten ihre Emotionen ausknipsen. Es reicht nicht, ein Unternehmen und sein Geschäftsmodell sympathisch zu finden, selbst eigene gute Erfahrungen mit dessen Produkten oder Dienstleistungen sind keine Basis für eine sachgerechte Entscheidung.
Alternative: High-Yield-Rentenfonds
Ob hinter den Kulissen solide gewirtschaftet wird, können Anleger kaum in Erfahrung bringen. Das Ausfallrisiko von Anleihen und Zinsangeboten kleinerer Unternehmen ist generell so hoch, dass es sich kaum kompensieren lässt. Anleger müssten schon viele solcher Anleihen mischen. Dann könnten die hohen Zinsrenditen aller Produkte einen einzelnen Ausfall vielleicht wettmachen. Nach diesem Prinzip funktionieren Fonds mit hochverzinsten Anleihen, die High-Yield-Rentenfonds. In unserer ständig aktualisierten Datenbank Fonds und ETF im Test gibt es dazu mehr Informationen und Bewertungen.
Nur kaufen, was man versteht
Als Alternative zu Festgeld werden oft Zertifikate angeboten. Sie werden von Banken herausgegeben. Anleger tragen also schon mal deren Pleiterisiko. Zertifikate sind als Schuldverschreibungen mit Anleihen vergleichbar und fallen nicht unter die gesetzliche Einlagensicherung.
Bei einem Börsencrash drohen hohe Verluste
Dazu kommen meist noch andere Risiken. Das Wohl und Wehe der beliebten und viel verkauften Expresszertifikate und Aktienanleihen hängt von der Börsenentwicklung ab. Solange die Aktienmärkte steigen oder zumindest nicht stark fallen, ist alles in Ordnung. Sollte es aber zu einem Börsencrash kommen, drohen Anlegern hohe Kursverluste. Die überdurchschnittliche Verzinsung wäre allenfalls ein kleines Trostpflaster.
Referenzpreis? Basispreis? Schutzbarrieren?
Ein weiterer Nachteil: Viele Zertifikate sind ohne Vorwissen kaum zu verstehen. Anleger müssen sich mit Dingen wie „Referenz- und Basispreis“ oder „Schutzbarrieren“ befassen, um die Produkte beurteilen zu können. Der Unterschied zu simplem Tages- und Festgeld könnte kaum größer sein.
Kaufkosten müssen erst herausgeholt werden
Das gilt erst recht für komplex gestrickte Angebote wie sogenannte Kapitalschutz-Zertifikate. Ein typisches Beispiel ist das Zertifikat DZ Bank Variozins Garant, das Anlegern den Kapitalerhalt zum Laufzeitende garantiert. Welche Rendite herauskommen wird, ist aber unklar, denn die Verzinsung ist an die Entwicklung eines Korbes aus zehn sehr unterschiedlichen internationalen Aktien geknüpft. Im günstigsten Fall sind es 2 Prozent, im ungünstigsten Fall 0,1 Prozent pro Jahr. Wie bei anderen Zertifikaten auch fallen außerdem in der Regel 1 Prozent Kaufkosten an, die erst hereingeholt werden müssen.
Plädoyer für kalkuliertes Risiko
Wir halten es für ungünstig, verschiedene Anlageformen in einem Produkt zu vermengen. Besser ist es, sichere und riskante Anlagen strikt zu trennen. Dann können Anleger ein Depot zusammenstellen, das genau ihrem Risikobedürfnis entspricht. Wer insgesamt mehr herausholen möchte, lässt Hochzinsanleihen und Zertifikate am besten links liegen und kombiniert statt dessen seine sicheren Zinsanlagen mit weltweit streuenden, börsengehandelten Aktienindexfonds, sogenannten ETF. Mit deren Risiken können Anleger besser umgehen, da es für sie Erfahrungen aus der Vergangenheit gibt.
Sicher anlegen mit der Finanztest-Methode
Beim schlimmsten Absturz in seiner langjährigen Geschichte verlor der Weltaktienindex MSCI World rund 54 Prozent. Doch selbst Anleger, die während der Finanzkrise davon betroffen waren, sind längst wieder komfortabel im Plus. Sie durften ihre ETF-Anteile nur nicht vorschnell verkaufen (siehe auch unseren Test ETF: Einmalanlage, Sparplan und Auszahlplan mit Pantoffel-Portfolio).
Chance auf attraktive Rendite
Die Mischung von sicheren Zinsanlagen und Aktien-ETF ist aktuell der einzige empfehlenswerte Weg, um die Chance auf eine attraktive Rendite zu wahren. Anleger können für den riskanten Teil zwar keine festen Renditen einplanen, haben aber den langfristig positiven Trend der Aktienmärkte auf ihrer Seite. Dass diese auch künftig eine bessere Wertentwicklung bringen werden als die Zinsmärkte, ist wahrscheinlich. Eine Garantie dafür gibt es nicht. Wie Anleger bei der Kombination von Zins- und Aktienanlagen am besten vorgehen, steht im Unterartikel Besonnen mischen.
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- Viele wollen ihr Geld sicher anlegen und die Zinsen steigen wieder. Wir zeigen, für wen sich Zinsanlagen lohnen. Unser Sparrechner berechnet Rendite und Startkapital.
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- Mit Anzeigen in deutschen Wirtschaftszeitungen, die wie ganz normale Artikel aussehen, werben derzeit Vermittler im Internet für Zinsanlagen der Bahrain Middle East...
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- Minuszinsen ärgern Anleger. Doch genügend Banken bieten für Guthaben ein kleines Zinsplus. Zudem zeichnet sich eine Wende zugunsten der Verbraucher ab.
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@alle: Artikel, die sich in der Vergangenheit mit den Angeboten der Arcanda befasst haben, finden Interessierte hier:
www.test.de/Riskante-Zinsangebote-Hohe-Zinsen-hohes-Risiko-5260798-0/
www.test.de/Adcada-GmbH-Adcada-soll-Einlagen-zurueckzahlen-5597870-0/
Anleger, die kein Risiko bei der Geldanlage eingehen wollen, empfehlen wir nur Tagesgeld oder Festgeld, das im Insolvenzfall durch eine leistungsfähige Einlagensicherung geschützt ist. Bei Zinsangeboten von Unternehmen mit verlockend hohen Zinsen raten wir generell zur Vorsicht, denn es gilt: Je höher die Rendite, desto höher ist das Risiko.
Wir warnen insbesondere dann Verbraucher vor den Risiken der Zinsanlage eines Unternehmens, wenn die Gefahr besteht, dass bei Verbrauchern aufgrund der Werbung das Missverständnis entstehen könnte, dass es sich um Festgeldanlage handele, die im Pleitefall mit bis zu 100 000 Euro nach der Einlagensicherungsrichtlinie der Europäischen Union geschützt ist, bzw. eine vergleichbare Sicherheit biete. Unabhängig wie überzeugend sich ein Geschäftskonzept anhört, besteht immer das unternehmerische Risiko eines Totalverlustes der Anlage in ein Unternehmen. Sei es, weil das Geschäftskonzept nicht aufgeht, weil sich der Markt verändert, weil Beteiligte sich zu hohe Provisionen und / oder Gehälter auszahlen, weil ein sogar strafrechtlich relevantes Verhalten Einzelner zu hohen Geldabflüssen führen, etc. Diese Risiken müssen Anleger bereit sein, in Kauf zu nehmen, bevor sie ihr Geld in ein Unternehmen stecken.
Eine mit einem Totalverlustrisiko behaftete Anlage stellt aus Verbraucherschutzsicht keine Alternative zu einem Festgeld bei einer einlagengesicherten Bank. (maa)
Sehr geehrte Leser,
bitte beachten Sie auch folgenden Artikel von test.de und die entsprechenden Kommentare:
https://www.test.de/Adcada-GmbH-Adcada-soll-Einlagen-zurueckzahlen-5597870-0/
Sehr geehrte Damen und Herren,
für die durch mich vertretene ADCADA Group weise ich auf folgende Gegendarstellung meiner Mandantin hin:
https://adcada.money/blog/aktuell/15-adcada-gmbh-werbung-wird-von-finanztest-kontrolliert
Rechtliche Schritte gegen "test.de" (Unterlassung/Widerruf) werden derzeit geprüft.
RA Thomas Arndt
www.adcada.law