Riester-Anbieter haben jahrelang doppelte Kosten erhoben, wenn Sparer Beiträge für ihre Verträge angepasst haben. Das Finanzministerium und die Finanzaufsicht haben diese Praxis verboten. Kunden können zu viel gezahlte Provisionen zurückfordern und eine Überprüfung ihres Vertrags fordern. Die Verbraucherzentrale Hamburg stellt einen Musterbrief zur Verfügung.
Riester-Anbieter haben doppelt und dreifach kassiert
Eigentlich soll sich ein Riester-Vertrag dem Leben anpassen: Eine Sparerin beginnt einen Riester-Vertrag als Berufsanfängerin und zahlt gemäß ihres Einkommens ein. Als junge Mutter reduziert sie ihre Beiträge, weil nun zusätzlich die Kinderzulagen in den Vertrag fließen. Sind die Kinder älter, zahlt sie wie vorher wieder einen höheren Beitrag. Diesen normalen Fall haben einige Riester-Anbieter genutzt, um sogar dreimal abzukassieren. Einmal bei Abschluss des Vertrages, das zweite Mal fallen Kosten auf die neue Zulage an und das dritte Mal bei Wiederanhebung der Beiträge. Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale Hamburg sind von solchen und ähnlichen Fällen Zehntausende Kunden betroffen.
Kunden können zu viel gezahlte Provisionen zurückfordern
Das Finanzministerium und die Finanzaufsicht Bafin haben den Anbietern diese Praxis 2019 verboten. Zudem hat sich die Bafin von den Unternehmen zusichern lassen, dass sie „Kundenbeschwerden zu bereits erhobenen erneuten Abschluss- und Vertriebskosten im Sinne der Verbraucher“ behandeln. Ärgerlich: Die Anbieter müssen ihre abkassierten Kunden nicht anschreiben, um die falsch berechneten Kosten zurückzuzahlen. Betroffene müssen selbst aktiv werden.
Verbraucherzentrale hilft mit Musterbrief
Dafür hat die Verbraucherzentrale nun einen Musterbrief zur Verfügung gestellt, mit dem Kunden ihre Kosten zurückfordern können. Auch Kunden, die sich nicht sicher sind, ob sie zu viel gezahlt haben, können mit dem Brief ihren Anbieter auffordern, den Vertrag zu überprüfen. Das sollten Riester-Sparer tun, die zum Beispiel ihre Beiträge gesenkt und wieder angehoben haben. Stellt sich der Versicherer quer, kann auch eine Beschwerde beim Ombudsmann weiterhelfen. Er kann mit Hinweis auf die seit 2019 vom Bundesfinanzministerium vorgeschriebene Regelung zugunsten der Kunden entscheiden.
Mehrere Tausend Euro rückerstattet
Das sich eine Beschwerde lohnen kann, illustriert die Verbraucherzentrale Hamburg mit dem Beispiel eines kurzzeitig arbeitslos gewordenen Manns. Dieser hatte bei seiner Riester-Rentenversicherung während der Arbeitslosigkeit seine Beiträge vorübergehend gesenkt und dann im gleichen Jahr wieder auf seinen ursprünglichen Beitrag erhöht. Erneute Abschluss- und Vertriebskosten von 3 500 Euro verlangte der Versicherer. Mittlerweile wurde der Betrag dem Sparer wieder gutgeschrieben.
Ein Finanztest-Leser bekam im Juli 2020 vom Versicherer Proxalto (früher Generali) knapp 1 337 Euro zu viel bezahlte Abschlusskosten für seine Riester-Rentenversicherung erstattet. Er hatte sich beim Versicherungsombudsmann beschwert.
Tipp: Die wichtigsten Tests und Infos zum Thema Riester-Rente finden Sie in unserem Special Riester-Rente im Vergleich.
Dieses Stück ist erstmals am 6. November 2019 auf test.de erschienen. Es wurde am 11. September 2020 aktualisiert.
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@HCCAkut: Wenn Sie eine Dynamik vereinbart haben, fallen für die zusätzlichen Beiträge bei den Dynamisierungsschritten erneut Abschluss- und Vertriebskosten an. Anders als bei den Riester-Beiträgen, die Sparer aufgrund von Einkommensänderungen anpassen, können sich Sparer mit einer vertraglich vereinbarten Dynamik die Kosten nicht zurückholen. (TK)
Hallo.
Ich habe einen Riester Vertrag mit einer Planmäßigen Erhöhung. Auch dabei greift die Versicherung immer wieder erneut zu. Habe ich dabei auch die Möglichkeit die "Mehrkosten" zurückzuerhalten bzw. hat hier jemand mit dem Szenario Erfahrung?
Vielen Dank
Nachdem ich am 13.12.2019 per Mail den Musterbrief weggeschickt habe, kam nur eine automatische Antwortmail so schnell wie möglich sich um mein Anliegen zu kümmern.
Auf mein erstes Erinnerungsmail am 02.02.2020 bekam ich einen Brief, mit der Entschuldigung dass ich bis jetz noch keine Information bekommen habe und dem Hinweis dass die Prüfung hinsichtlich der Abschlusskosten noch nicht abgeschossen sind.
Am 23.03.2020 schickte ich nochmals ein Mail, in dem ich monierte das ein so großes "durchorganisiertes" Unternehmen wie die Allianz Lebensversicherung AG nicht in der Lage ist, innerhalb 3 Monaten mein Anliegen zu bearbeiten.
Am 27.03.2020, also 4 Tage danach, (welch ein Zufall) bekam ich ein kurzes Schreiben, dass die Prüfung abgeschlossen ist und bei mir keine doppelten Abschlußkosten vorlagen.
Es gibt keinerlei Hinweis wie das berechnet worden ist bzw. ich kann oder muss das Glauben, was mir mitgeteilt wurde.
@SvenNBG: Verbrauchern steht auch in diesem Fall der übliche Beschwerdeweg offen. Zuerst beschwert man sich direkt beim Versicherer. Bleibt die Beschwere erfolglos, können sich die Versicherten beim Ombudsmann für Versicherungen beschweren.
Die Verbraucherzentrale Hamburg bittet um eine Mitteilung darüber, wie die Versicherer auf das Schreiben reagieren: versicherungen@vzhh.de / Stichwort: Riester Doppelprovision
Und wer möchte, informiert die BaFin dazu. (maa)
Hallo,
ich habe ende November die Allianz mit dem Musterschreiben konfrontiert. Nach 3 Wochen habe ich die Antwort erhalten, dass der Vertrag betroffen sei und ich wieder von der Allianz hören werde. Im Februar hatte ich nochmals nachgefragt, warum die Antwort so lange dauert. Die Antwort war schlicht das es noch dauert.
Ich kann mir nicht vorstellen was bei einem Riestervertrag 4 Monate dauert, um die zuviel gezahlten Provisionen herauszufinden. In jeder Jahresabrechnung sind diese klar ausgewiesen.
Was kann ich tun? Ich fühle mich als Kunde nicht ernst genommen!
Viele Grüße