Das hat sich gelohnt: 633 Euro zu viel gezahlte Abschlusskosten für ihre Riester-Rentenversicherung hat Steffi Jobst von der Barmenia zurückbekommen. Riester-Sparerin Christine Kiesenbauer wurden vom Volkswohl Bund 665 Euro gutgeschrieben. Beim Ehepaar Lehrke waren es insgesamt 610 Euro für ihre beiden Riester-Verträge bei der Allianz Lebensversicherung. Ebenfalls für seinen Vertrag bei der Allianz bekam Bernhard Manthey 124 Euro zu viel gezahlte Kosten wieder. Lars Beengaard erhielt von seinem Versicherer Proxalto 315 Euro zurück. Bei Proxalto-Kunde Uwe Kleinert waren es sogar knapp 1 337 Euro. Und 219 Euro bei Thomas Meentzen, der einen Riester-Vertrag beim Versicherer Generali hat.
Zu hohe Abschluss- und Vertriebskosten
Was war da los? Die Versicherer dieser Riester-Kundinnen und -Kunden hatten zu viel Abschluss- und Vertriebskosten kassiert, die sie später dem Vertrag wieder gutschreiben mussten. Doch keines der Unternehmen hatte das aus eigenem Antrieb getan. Jobst, Kiesenbauer, Manthey und das Ehepaar Lehrke erhielten die Erstattung erst, nachdem sie beim Versicherer nachgefragt hatten. Beengaard und Kleinert beschwerten sich beim Versicherungsombudsmann (siehe Kasten). Meentzen bekam nach einer Klage vor dem Amtsgericht Syke Recht. Sein Rechtsanwalt Harald Weymann aus dem niedersächsischen Twistringen setzte dort ein Anerkenntnisurteil durch (Az. 25 C 830/18). Dieses Urteil hatte die Generali noch als „Einzelfall“ abgetan. Wie unsere Aufzählung eingangs zeigt, sind jedoch nicht nur einzelne Kunden betroffen.
Riester-Anbieter haben mehrfach kassiert
Für Riester-Rentenpolicen dürfen Versicherer keine mehrfachen Abschluss- und Vertriebskosten kassieren, wenn Kunden zum Beispiel ihren Eigenbetrag senken und wieder anheben. Denn ein Riester-Vertrag soll sich dem Leben anpassen: Eine Sparerin beginnt ihren Riester-Vertrag als Berufsanfängerin und zahlt gemäß ihrem Einkommen ein. Als junge Mutter reduziert sie ihren Eigenbeitrag, weil nun Kinderzulagen in den Vertrag fließen, so dass sie weniger selbst aufbringen muss. Wenn sie für die Kinder kein Kindergeld mehr bekommt, zahlt sie wie vorher wieder einen höheren Beitrag. Diesen normalen Fall haben Riester-Anbieter genutzt, um sogar dreimal abzukassieren. Einmal bei Abschluss des Vertrags, das zweite Mal fallen Kosten auf die neue Zulage an und das dritte Mal bei Wiederanhebung der Beiträge.
Kunden müssen selbst aktiv werden
Das Finanzministerium und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) haben diese Praxis verboten. Doch die Versicherer müssen Betroffene nicht unaufgefordert entschädigen. Und anhand der Vertragsunterlagen ist oft nicht klar nachzuvollziehen, ob Versicherte mehrmals zur Kasse gebeten wurden.
Tipp: Fordern Sie Ihren Versicherer auf, erhobene Abschluss- und Vertriebskosten zu prüfen. Folgende Gründe können ein Hinweis auf zu viel gezahlte Kosten sein.
Mütter benachteiligt
Steffi Jobst hat ihren Beitrag während ihrer Elternzeit gesenkt und danach wieder angehoben. Das nutzte die Barmenia, um ihr erneut Abschlusskosten zu berechnen. Als sie sich beschwerte, schrieb der Versicherer das zu viel eingestrichene Geld wieder gut. „Ich finde es extrem ärgerlich, dass man die Versicherungsgesellschaft aktiv anschreiben muss“, sagt sie. „Hier wird darauf spekuliert, dass sich nur ein Bruchteil der Betroffenen meldet und die Versicherer zu Unrecht einbehaltene Summen einfach einstreichen können“, ergänzt die Fluglotsin.
Mehr verlangt als vorher angekündigt
Ärgerlich ist auch, wenn Versicherer mehr verlangen, als zuvor dargestellt. So heißt es in Standmitteilungen der Generali, die sie in den ersten Jahren nach Vertragsbeginn versandte: „Die Abschluss- und Vertriebskosten entfallen grundsätzlich nach spätestens 10 Jahren. Das Gleiche gilt für die Kosten aller hinzugekommenen Erhöhungen durch Sonderzahlungen ... die Kosten (bleiben) unverändert, bis sie schließlich entfallen.“ Nach Ablauf der zehn Jahre änderte Generali diese Formulierung in dann versandten Mitteilungen: „Die Abschlusskosten Ihrer Versicherung entfallen grundsätzlich nach spätestens 10 Jahren ab dem Versicherungsbeginn ... Bei Erhöhungen aufgrund von Zulagen oder eigenen Sonderzahlungen behalten wir einmalige Abschlusskosten ein.“ Von Kosten, die „schließlich entfallen“, ist keine Rede mehr.
Klagen ist immer noch möglich
Die Bafin legt aber Wert darauf, dass Standmitteilungen „widerspruchsfrei“ sind, die Angaben dürfen sich also nicht widersprechen. Kunden, die ähnliche Briefe erhalten, haben also Chancen auf eine Erstattung. Doch eine Beschwerde bei der Aufsicht oder beim Versicherungsombudsmann ist kein Garant für eine Rückzahlung von Kosten. Kunden, die mit einer Beschwerde keinen Erfolg haben, können dann immer noch klagen.
Leseraufruf. Haben Sie zu hohe Kosten für Ihre Riester-Rentenversicherung reklamiert? Wie hat der Versicherer reagiert? Schreiben Sie uns eine Mail an riestervertrag@stiftung-warentest.de.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@azbak: Das können wir Ihnen leider nicht sagen. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Vertragsunterlagen und den Standmitteilungen an die Verbraucherzentrale Ihres Bundeslandes. Dort kann man das prüfen. www.verbraucherzentrale.de (PH)
Ist die BVV auch betroffen?
@holgerho333: Haben Sie einen Riester-Bauspar-, Fonds- oder Kontensparvertrag, werden Sie das Problem mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht bekommen. Haben Sie eine Riester-Fondspolice oder eine klassische Riesterrentenversicherung? Für Riester-Rentenpolicen _dürfen_ Versicherer keine mehrfachen Abschluss- und Vertriebskosten kassieren, wenn Kunden zum Beispiel ihren Eigenbeitrag senken und wieder anheben. Sie müssen also bei der nächsten Standmitteilung genau prüfen, ob sich da plötzlich neue Gebühren finden. Ist das der Fall, fordern Sie das Geld zurück und beschweren Sie sich wie oben beschrieben beim Ombudsmann. (PH)
Guten Tag,
ich habe seit ca. 20 Jahren einen Riestervertrag über monatlich 40€, den ich gerne deutlich anheben möchte, da wir ein Kind bekommen haben.
Sind dafür neue Abschlusskosten fällig?
Vielen Dank,
H. Hohmeier
@ako032: Prüfen Sie anhand der Checklisten im Artikel, ob das für Sie zutrifft.
Nach Auskunft der Versicherungsaufsicht Bafin sind die Ansprüche nicht verjährt. (TK)