Riester-Rente Sehr hoher Verlust bei Anbieter­wechsel

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Riester-Rente - Sehr hoher Verlust bei Anbieter­wechsel

Riester-Kundin Diana Schildhorn: „3 330 Euro Verlust – und das bei einer staatlich geförderten Alters­vorsorge!“ © Andree Kaiser

Wenn Kunden ihr Kapital aus einer Riester-Renten­versicherung auf einen anderen Versicherer über­tragen, sind die bisherigen Einzahlungen nicht immer garan­tiert.

Vom Bank­berater falsch beraten und vom Versicherer HDI schlecht informiert – das hat Riester-Kundin Diana Schildhorn einen Verlust von 3 330 Euro einge­brockt. Auf Anraten ihres Bank­beraters über­trug sie ihre Riester-Renten­versicherung von HDI zur Allianz. Dort hatte sie vor Jahren eine neue Riester-Police abge­schlossen und den alten HDI-Vertrag beitrags­frei gestellt. Zuvor hatte sie in diesen HDI-Vertrag Eigenbeiträge und Zulagen in Höhe von insgesamt 10 805 Euro einge­zahlt. Schildhorns Bank­berater hatte ihr den Rat gegeben, auch dieses Geld auf den neuen Vertrag bei der Allianz zu über­tragen.

Falsch beraten vom Bank­berater

Es sei einfacher, nur noch diesen einen Riester-Vertrag zu haben, habe ihr der Bank­berater erzählt, so Schildhorn. Dann spare sie Verwaltungs­kosten des still­gelegten Vertrags. HDI über­trug aber nur 7 475 Euro auf den neuen Vertrag bei der Allianz. Erst ein Schreiben der Allianz nach der Über­tragung benannte diesen Verlust klar. Weil Kunden in den ersten fünf Jahren mit ihren Beiträgen vor allem Abschluss- und Vertriebs­kosten zahlen, war in Schildhorns Vertrag weniger Kapital vorhanden als einge­zahlt.

Kapital­garantie gilt nicht bei Anbieter­wechsel

Eigentlich sind Eigenbeiträge und Zulagen bei Renten­beginn garan­tiert. Doch das gilt nicht für das über­tragene Kapital bei einem Anbieter­wechsel. Wenn die Abschluss- und Vertriebs­kosten bis zur Über­tragung einen großen Teil der Eigenbeiträge und Zulagen aufgefressen haben, bleibt die Kundin auf diesem Verlust sitzen. „Diese Information hat mir der Bank­berater nicht gegeben“, sagt Schildhorn. Abschluss- und Vertriebs­kosten der Versicherung sind der größte Kosten­posten, den eine Riester-Kundin tragen muss. Außerdem nimmt der neue Anbieter ebenfalls Verwaltungs­kosten.

Schlecht informiert von der Versicherungs­gesell­schaft

Doch auch HDI informierte Schildhorn vor dem Wechsel nicht, dass es besser gewesen wäre, das Geld im HDI-Vertrag zu belassen. Dann hätte HDI daraus eine Rente zahlen müssen. Wäre weniger als eine sogenannte Klein­betrags­rente rausge­kommen, derzeit etwas mehr als 30 Euro, hätte HDI das Kapital bei Renten­beginn auf einen Schlag auszahlen müssen – mindestens aber die einge­zahlten 10 805 Euro. Erst als sich Diana Schildhorn bei HDI beschwerte, bekam sie auch von dort die Erklärung, wie der Verlust zustande gekommen ist; dies war drei Monate nach der Über­tragung des um fast ein Drittel geschrumpften Kapitals auf ihren neuen Vertrag bei der Allianz. Vor der Über­tragung des Geldes schrieb HDI der Kundin nur ganz allgemein: „Wir über­tragen nicht die einge­zahlten Beiträge, sondern das Deckungs­kapital abzüglich einer Gebühr.“ Das Wort „Gebühr“ klingt erst einmal harmlos – so wie „Park­gebühr“.

Falsch­information über Wechsel­gebühr

Wie hoch die „Gebühr“ sein sollte, stand nicht in dem Brief. Und erst recht nicht, dass die Kundin durch die Über­tragung auf einen anderen Versicherer zu diesem Zeit­punkt sehr viel Geld verliert. Zudem war die Information zu der Gebühr auch noch falsch. Bei beitrags­freien Versicherungen, wie der von Schildhorn, fällt laut Vertrags­bedingungen gar keine Wechsel­gebühr an. Doch auch dies erfuhr Schildhorn erst später – nach ihrer Beschwerde beim Versicherungs­ombuds­mann. (Wie sich Kundinnen und Kunden beschweren können, steht auf der Internetseite des Versicherungsombudsmanns.)

Versicherungs­ombuds­mann kritisiert Kosten als „exorbitant“

Mit ihrer Beschwerde beim Versicherungs­ombuds­mann wollte Schildhorn erreichen, dass HDI ihren gesamten Verlust von 3 330 Euro erstattet. Ihre Beschwerde blieb jedoch ohne Erfolg. Wir konfrontierten Ombuds­mann Dr. Wilhelm Schlu­ckebier mit dieser uns vorliegenden Entscheidung der Schlichtungs­stelle. Schlu­ckebier erläuterte, Riester-Kundin Schildhorn könne nicht die gesamten Abschluss- und Vertriebs­kosten zurück­verlangen, wie es Ziel ihrer Beschwerde gewesen sei. Abzüge dafür seien schließ­lich in den Vertrags­bedingungen vorgesehen. Zugleich äußerte er Kritik an ihrer Höhe: Die Kosten seien „exorbitant“, so Schlu­ckebier.*

Bank­berater hat „gegen Interesse der Kundin“ beraten

Schlu­ckebier kritisierte im Gespräch mit der Stiftung Warentest zudem den Bank­berater. Er habe die Über­tragung des Riester-Kapitals „gegen das Interesse der Kundin empfohlen“. „Der Zeit­punkt der Über­tragung war denk­bar ungünstig“, sagte Schlu­ckebier. Der Grund: Wegen der Abschluss- und Vertriebs­kosten war weniger im Spartopf als selbst einge­zahlt. Erst einige Jahre später, wenn die Kosten getilgt sind, fließt viel mehr Geld ins Deckungs­kapital. Dann werden nur noch die geringeren Verwaltungs­kosten fällig, und der größte Teil der Eigenbeiträge und Zulagen wird für die Rente gespart.

Riester-Kundin beschwert sich zurecht

HDI teilte uns mit, der Versicherungs­ombuds­mann habe Schildhorns Beschwerde als „unbe­gründet“ zurück­gewiesen. Das stimmt so nicht. Für Schildhorns Beschwerdeziel der vollen Kosten­erstattung habe die Schlichtungs­stelle allerdings „im Ombuds­mann­verfahren kein besseres Ergebnis erreichen können“, heißt es in der Entscheidung des Schlichters. Wäre ihre Beschwerde jedoch „unbe­gründet“ gewesen, hätte der Ombuds­mann dies bereits anhand der von Schildhorn einge­reichten Unterlagen fest­gestellt und gar nicht mehr weiter nachgefragt. So steht es in der Verfahrensordnung des Versicherungsombudsmanns. Doch das hat er nicht gemacht. So hat der Ombuds­mann im Verlauf des Verfahrens dann von HDI erfahren, dass die vom Versicherer vor Vertrags­über­tragung angekündigte „Gebühr“ nicht erhoben wurde – genauso wie es die Vertrags­bedingungen vorsehen.

Ombuds­mann soll hohe Riester-Kosten prüfen

Schildhorn hat sich nun erneut an den Ombuds­mann gewandt. Diesmal mit dem Ziel, wenigs­tens die enorme Höhe der Abschluss- und Vertriebs­kosten zu über­prüfen.

Tipp: Über­legen Sie gut, bevor Sie den Anbieter Ihrer Riester-Versicherung wechseln. Dies ist nur dann sinn­voll, wenn mehr als Ihre einge­zahlten Beiträge über­tragen werden. Bedenken Sie auch, dass bei Ihrem neuen Anbieter erneut Abschluss- und Vertriebs­kosten anfallen, die Sie bei Ihrem alten womöglich schon voll bezahlt haben. Außerdem werden auch beim neuen Versicherer Verwaltungs­kosten fällig.

*Korrigiert am 26.4.2023

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