
Die Volksbank Braunschweig Wolfsburg (BraWo) verlangt von Riester-Sparern neuerdings 20 Euro jährliches Verwaltungsentgelt. Betroffen sind 3 500 Sparer der ehemaligen Volksbank Peine, die dort den Riester-Banksparplan VR-RentePlus abgeschlossen hatten. Seit 2016 ist die Volksbank Peine mit der Volksbank BraWo verschmolzen. Die neue Gebühr soll erstmals Ende 2019 eingezogen werden. Die Stiftung Warentest rät Betroffenen, der Gebühreneinführung mit diesem Musterbrief zu widersprechen.
Anschreiben der Bank im Mai 2019
Im Mai kündigte die Volksbank Braunschweig Wolfsburg (BraWo) den Riester-Sparern der ehemaligen Volksbank Peine per Brief die Einführung einer jährlichen Verwaltungsgebühr in Höhe von 20 Euro an. Die Bank begründet die Gebühreneinführung mit dem angeblich gestiegenen Aufwand für die Bearbeitung und Verwaltung der Riesterverträge. Auf die Möglichkeit, der Einführung zu widersprechen, weist die Bank in ihrem Schreiben nicht hin.
Volksbank: „Kunden können widersprechen“
Auf Nachfrage von test.de teilt ein Sprecher der Volksbank BraWo mit: „Die Kunden können der Änderung vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens selbstverständlich widersprechen oder den Vertrag fristlos und kostenfrei kündigen.“ Diese Antwort lässt allerdings offen, ob die Bank bei einem Widerspruch durch den Kunden die Riester-Banksparpläne der Betroffenen kostenfrei weiterführt. Und auch auf erneute Nachfrage von test.de wird die Bank nicht deutlicher: „Sollte ein Kunde dennoch [trotz Beratung über einen Wechsel in andere Riesterlösungen; Anmerkung von test.de] der Vertragsanpassung beim Verwaltungsentgelt widersprechen, so werden wir mit ihm ins Gespräch gehen und dabei klären, wie er sich die zukünftige Vertragsfortführung vorstellt“.
Widerspruch in vergleichbaren Fällen bereits erfolgreich
Auf solche Gespräche können sich Kunden einlassen, sie müssen es aber nicht. Wer seinen Vertrag wie gehabt fortführen möchte, sollte zunächst mit dem Musterbrief der Gebühr widersprechen. In einem ähnlichen Fall hatten kürzlich Riester-Kunden mit einem Widerspruch gegen eine Gebührenerhöhung der Mainzer Volksbank Erfolg (Mainzer Volksbank stoppt Gebührenerhöhung).
Bank redet Riester-Banksparplan schlecht ...
Vor der Fusion mit der Volksbank Peine hatte die Volksbank Braunschweig Wolfsburg selbst keine Riester-Banksparpläne. Liest man den Kundenbrief und die Stellungnahme der Bank gegenüber test.de, gewinnt man den Eindruck, dass die Volksbank BraWo die ehemaligen Volksbank-Peine-Kunden mit Riester-Banksparplan am liebsten loswerden möchte.
... und will, dass Kunden in andere Riester-Produkte wechseln
Zunächst macht sie ihren Kunden Angst. Unter Hinweis auf die aktuelle Mini-Verzinsung für das Riester-Guthaben in Höhe von 0,01 Prozent und der aktuellen Inflation „nahe 2 Prozent“ schreibt sie fett gedruckt: „Ihre Altersvorsorge verliert an Wert!“. Und weiter: „Wir möchten, dass sich Ihr Riester-Vertrag wieder für Sie lohnt! Aus diesem Grund verzichten wir bei einem Vertragswechsel auf das dafür übliche Entgelt in Höhe von 100 Euro“, heißt es am Ende des Kundenanschreibens. Damit macht die Bank den Riester-Banksparplan schlechter als er ist. Natürlich sind die Zinsen derzeit mickrig. Aber bei Riester-Produkten entsteht die Rendite insbesondere auch durch die staatlichen Zulagen und die steuerliche Förderung.
Vorsicht: Bei Vertragsauflösung sind Zulagen zurückzuzahlen!
Den Riester-Banksparplan einfach „kostenfrei“ aufzulösen, wie es die Volksbank auch anbietet, ist für die Kunden keine Option, weil dann die staatlichen Zulagen zurückgezahlt werden müssen und nachträglich auch die steuerliche Förderung entfällt. Nahezu alle Sparkassen und Volksbanken in Deutschland haben inzwischen den Vertrieb von Riester-Banksparplänen eingestellt. Bleibt nur der Wechsel in eine andere Riester-Produktkategorie.
Fondspolice oder Rentenversicherung für viele keine Alternative
Als potenzielle Riester-Alternativen sieht die Volksbank BraWo „Fonds-, Versicherungs- oder Bausparlösungen.“ Allerdings dürfte zum Beispiel eine Fondspolice oder eine Riester-Rentenversicherung für viele kostenbewusste Sparer nicht in Frage kommen (siehe Riester-Rente im Vergleich: Versicherung, Sparplan, Fondspolice). Außerdem sind neue Verträge mit neuen Abschlusskosten verbunden. Im Zweifel dürfte es für viele Betroffene deshalb das Beste sein, den Banksparplan weiterzuführen und gegen die aktuelle Verwaltungsgebühr Widerspruch einzulegen und notfalls rechtlich dagegen vorzugehen.
Erhöhung möglicherweise rechtswidrig
Die Rechtsexperten der Stiftung Warentest halten die Einführung der Gebühr für rechtswidrig. Der Bundesgerichtshof hat einseitige Preiserhöhungen in einer laufenden Vertragsbeziehung bereits mehrfach für unwirksam gehalten. Zu Gebühreneinführungen während eines über Jahrzehnte laufenden Riester-Vertrages gibt es noch keine Rechtsprechung. Aber die Tatsache, dass Riester-Produkte vom Gesetzgeber als langfristige Geldanlage gedacht sind und zur Ergänzung der gesetzlichen Rente dienen sollen, spricht dafür, dass Gerichte solche Gebühreneinführungen nach Vertragsschluss streng prüfen werden.
Gebühr sammelt frühere Zinsgutschriften wieder ein
Auf den ersten Blick wirkt die neue 20-Euro-Gebühr unscheinbar. Aber die Auswirkungen können enorm sein. Bei dem aktuellen Mini-Zins in Höhe von 0,01 Prozent, müsste ein Sparer 200 000 Euro auf dem Riester-Konto haben, um mit den erwirtschafteten Zinsen wenigstens das Verwaltungsentgelt bezahlen zu können. Die Riester-Guthaben sind aber deutlich niedriger. Die Folge: Reicht die Zinsgutschrift eines Kalenderjahres nicht aus, um die Gebühr zu begleichen, werden faktisch die Zinsgutschriften vergangener Jahre wieder eingesammelt.
Wehren Sie sich mit dem Musterbrief der Stiftung Warentest!
Zunächst sollten Betroffene mit dem Musterschreiben der Stiftung Warentest Widerspruch gegen die Einführung der Gebühr einlegen. Hat sich die Sache damit erledigt, sind keine weiteren Schritte mehr nötig.
Ist die Bank hingegen der Rechtsauffassung, dass sie auch gegen den erklärten Kundenwillen die Gebühr einführen darf, sollten Kunden nach ihrem Widerspruch eine Beschwerde bei der Kundenbeschwerdestelle des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) einreichen. Das geht ohne Anwalt und ist für Bankkunden kostenlos.
Führt auch das nicht zum Erfolg, kommt eine Klage gegen die Erhöhung in Frage. Sobald die ersten Urteile vorliegen, werden wir an dieser Stelle berichten. Wer eine persönliche Beratung sucht, kann sich zum Beispiel an die Verbraucherzentralen oder den Verbraucherservcie Bayern wenden. Die Bayern hatten 2018 Kunden der Volksbank Gronau erfolgreich zur Abwehr einer Riester-Gebühr beraten.
Klagen gegen die Bank?
Ob die Rechtsschutzversicherung eine solche Klage übernimmt, hängt vom Versicherungsvertrag ab. Insbesondere alte Verträge beinhalten noch uneingeschränkten Rechtsschutz für Streitigkeiten mit einer Bank. Einige neue Versicherungen schließen Rechtsschutz für Ärger rund um die Geldanlage zwar ganz aus. Aber es gibt auch noch einige Versicherungen, die Streit um konservative Anlagen wie Zinsanlagen übernehmen oder Anwalts- und Gerichtskosten wenigstens zum Teil bezahlen. Auf jeden Fall lohnt sich ein Blick in die Versicherungsbedingungen.
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