Kunden mit Riester-Banksparplan werden zum Rentenbeginn sehr hohe Kosten in Rechnung gestellt. Das sollten sie sich nicht gefallen lassen.
Erst kassiert die Versicherungsgesellschaft
Endlich in Rente. Doch bevor die erste Zahlung der Riester-Rente kommt, kassiert die Versicherungsgesellschaft Abschlusskosten und „übrige Kosten“. So ist es bei Cäcilia Breu, so ist es bei anderen Kundinnen mit einem Riester-Banksparplan. Denn auch bei so einem Sparplan kommt am Ende immer eine Versicherung mit ins Spiel – entweder sofort bei Rentenbeginn oder ab dem 85. Geburtstag, nach Ablauf des vorgeschalteten Bankauszahlplans.

Abschlusskosten auf einen Schlag abgezogen
Banken zahlen das Vorsorgevermögen als Einmalbeitrag in eine Rentenversicherung. Davon ziehen die Versicherungsgesellschaften gleich einen größeren Betrag für Kosten ab, obwohl dies die Bedingungen der ursprünglichen Riester-Verträge nicht hergeben. Erst kurz vor Rentenbeginn gibt es eine Information über diese Kosten – oder auch erst nach Beginn der Riester-Rente. Bei Cäcilia Breu waren es knapp 599 Euro für „Abschluss- und Vertriebskosten“ plus rund 270 Euro für „übrige einkalkulierte Kosten“. Dies entspricht 5,8 Prozent des von Breu angesparten Vorsorgevermögens, das ihre Raiffeisenbank bei der R+V eingezahlt hat. Dazu kommen noch laufende Verwaltungskosten in der gesamten Rentenlaufzeit. Ulrich Veltgens, Kunde der Volksbank Gronau-Ahaus, bekam bei Rentenbeginn 2018 ebenfalls auf einen Schlag 5,8 Prozent Kosten abgezogen.
Auch künftige Rentner betroffen
So geht es auch künftigen Rentnern: Rainer Gilbert, der einen Riester-Banksparplan bei der Kreissparkasse Kaiserslautern hat, soll mit Rentenbeginn im Juli 6 Prozent vom Angesparten an die Versicherungskammer Bayern zahlen. Bei diesem Versicherer schließt die Kreissparkasse für ihre Riester-Kunden eine Rentenversicherung ab. Pro 100 Euro gezahlter Rente fallen zudem noch 1,75 Euro Verwaltungskosten an – über die gesamte Rentenlaufzeit.
Klatsche vom Schlichter: Kosten „exorbitant hoch“
Alle drei Obengenannten haben bei ihrer Bank Widerspruch gegen diese Kosten eingelegt. Finanztest-Abonnentin Breu hat sich nach der Ablehnung beim Ombudsmann der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken beschwert. Sein Schlichtungsvorschlag ist eine Klatsche für Raiffeisenbank und R+V: „Abschluss- und Vertriebskosten in Höhe von 598,93 Euro stellen meines Erachtens den wirtschaftlichen Sinn des Altersvorsorgevertrages ernsthaft in Zweifel. Sie sind nach meiner Einschätzung exorbitant hoch“, schreibt Ombudsmann Gerhard Götz.
Auch für die „einmalig übrigen kalkulierten Kosten“ findet er klare Worte: „Einmal abgesehen davon, was sich hinter dem Sprachmonster ‚einmalig übrige einkalkulierte Kosten‘ überhaupt verbirgt, gibt der Altersvorsorgevertrag für den Anfall solcher Kosten nichts her, nicht einmal ansatzweise.“ Bei Veltgens gab die Volksbank Gronau-Ahaus gleich nach und erstattete ihm und weiteren Kunden die Abschlusskosten. Die Kreissparkasse Kaiserslautern stellte sich jedoch bei Gilbert und anderen Kunden stur.
Klatsche vom Gericht: Klausel unwirksam
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat die Kreissparkasse Kaiserslautern und andere Geldinstitute verklagt. Die Landgerichte in Kaiserslautern, Dortmund und München gaben der Verbraucherzentrale recht. Die Abschlusskostenklausel in den Riester-Banksparplanverträgen sei „völlig unbestimmt“ und „unwirksam“, so das Landgericht München. Doch die Sparkassen prozessieren weiter – womöglich bis zum Bundesgerichtshof.
Kosten bei Vertragsschluss nicht absehbar
Bei unseren Tests der Angebote konnten wir uns seinerzeit nicht vorstellen, dass bei Beginn des Auszahlphase diese hohen Kosten anfallen. So heißt es etwa in den Bedingungen der Sparkasse Westholstein: „Für den Altersvorsorgevertrag VorsorgePlus werden während der gesamten Vertragslaufzeit keine [im Original fett gedruckt] Abschluss- und Vertriebskosten… berechnet. Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente in der Auszahlungsphase wird der Sparer ggf, mit angemessenen Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet.“
„Abschluss- und Vertriebskosten werden nicht berechnet“
Diese und ähnlich lautende Kosten-Klauseln wurde inzwischen von mehreren Landgerichten als intransparent und damit ungültig kassiert. Im Vertrag der Volksbank Gronau-Ahaus heißt es schlicht: „Abschluss- und Vertriebskosten werden für den Altersvorsorgevertrag nicht berechnet.“ Diese Bank in Westfalen erstattet die Abschlusskosten nach den Erfahrungen unserer Leser denn auch unkompliziert, wenn sie sich beschweren.
Klauseln werden zu „Hinweisen“ umgedeutet
Andere Geldhäuser sind nicht so kundenfreundlich. In ihrer Kommunikation mit den Kunden berufen sich Sparkassen inzwischen gar nicht mehr auf die Kosten-Klauseln in den ursprünglichen Banksparplan-Verträgen. So schreibt die Sparkasse Westmünsterland an Kunden, es handele sich gar nicht um Klauseln, sondern lediglich um unverbindliche „Hinweise“.
Kunden erfahren Kosten erst nach Rentenbeginn
Sparkassen berufen sich nun auf das Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz, das eine Kosteninformation spätestens drei Monate vor Beginn des Auszahlphase vorsieht. Davon wussten die Kunden bei Vertragsbeginn jedoch noch nichts. Und selbst kurz vor der Rente bleiben Kunden im Ungewissen. So schreibt die Sparkasse Kaiserslautern ihrem Kunden Rainer Gilbert: „Die Auszahlphase ist jedoch … mit Kosten verbunden. Diese haben wir Ihnen in unseren Angeboten vom 17.05.2022 ausdrücklich, wie gesetzlich nach Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz vorgeschrieben, offen gelegt.“ Diese Kostendarstellung bekam der Kunde den Unterlagen zufolge allerdings anderthalb Monate später als gesetzlich vorgeschrieben. Denn die geplante Rente sollte am 1. Juli 2022 beginnen.
Andere Kunden haben nach eigenen Angaben von Bank oder Versicherungsgesellschaft nie eine Kostendarstellung bekommen. So haben Riester-Sparer Heike und Uwe Helbig ebenso wie Willi Komes erst im Nachhinein von den Kosten erfahren: Durch die bei Riester vorgeschriebene Bescheinigung der Bank fürs Finanzamt über die Höhe des Vorsorgekapitals (Paragraf 92 Einkommensteuergesetz). Dort wurden die Kosten erwähnt.
Leseraufruf – Schreiben Sie uns!
Welche Erfahrungen haben Sie als Kundin oder Kunde mit einem Riester-Banksparplan kurz vor oder in der Rentenphase gemacht? Haben Sie sich über die Abschluss- und Vertriebskosten beschwert – bei der Finanzaufsicht Bafin, Ihrer Bank, bei der Beschwerdestelle Ihrer Bank? Schildern Sie uns bitte Ihre Erfahrungen: Schicken Sie eine E-Mail an riestervertrag@stiftung-warentest.de! Mit Ihren Daten gehen wir selbstverständlich sorgfältig um.
Mehr zu den Beschwerdestellen der Banken lesen Sie in unserem Special Schlichtung und Mediation (Tabelle „Schlichtungseinrichtungen der Banken im Überblick“).
Das Geld bleibt in der „Familie“
Dabei ist völlig unklar, wofür die Kunden eigentlich zahlen sollen. Die Banken schließen den Versicherungsvertrag direkt für den Kunden ab. Vermittlerprovisionen dürften also nicht anfallen. Auch andere Aufwendungen des Versicherers fallen weg. Zudem können sich die Kunden die Versicherungsgesellschaft nicht aussuchen. Zwar haben sie das Recht, zu einem anderen Versicherer zu wechseln, doch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) weiß von keinem Unternehmen, das Kunden kurz vor Rentenbeginn annimmt. So bleibt das Geld in der „Familie“: Die R+V gehört zur Finanzgruppe der Volks- und Raiffeisenbanken. Die Versicherungskammer Bayern ist Teil der Sparkassen-Finanzgruppe. Auch andere Sparkassen und Volksbanken schließen Verträge bei Versicherern ihrer jeweiligen Finanzgruppe ab.
Sprachlose Sparkassen
Wir haben 18 Sparkassen und Volksbanken, deren Kunden uns nach den Kosten gefragt hatten, angeschrieben. Nur die Hälfte hat geantwortet. „Wir bitten um Verständnis, dass wir Ihre Fragen nicht beantworten werden“, teilte uns die Sprecherin der Sparkasse Günzburg-Krumbach mit. Acht weitere Geldinstitute antworteten nicht einmal. Dabei wollten wir nur wissen, bei welcher Versicherung die jeweilige Bank einen Versicherungsvertrag abschließt, wie die Kunden seinerzeit bei Abschluss des Banksparplans über die Kosten informiert wurden und wie sie darüber jetzt vor Rentenbeginn in Kenntnis gesetzt worden sind.
Gleichlautende Antworten
Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken nutzen zum Teil dieselbe Sprachregelung für Ihre Antwort. So antworteten die Sparkasse Kaiserslautern und die VR Bank Fulda wortgleich: „Dem Kunden wird bei Übergang in die Verrentungsphase ein Angebot unterbreitet, welches gesetzeskonform alle Kosten ausweist. Die Kundin/der Kunde hat das Wahlrecht, das Angebot anzunehmen oder zu diesem Zeitpunkt einen Anbieterwechsel vorzunehmen.“ Dabei wissen wohl auch die Geldinstitute, dass ein solcher Anbieterwechsel praktisch nicht möglich ist, weil wechselwillige Kunden kein Alternativangebot bekommen. Dies ist Marktversagen bei der Riester-Rente.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
@cctfer: Auch Riester-Fondssparplan-Sparende sollten überprüfen, ob sich im ursprünglichen Vertrag zum Riester-Fondssparplan eine Klausel befindet, die den zusätzlichen Anfall von Abschluss- und Verwaltungskosten zu Beginn / während der Auszahlphase erlaubt. Kostenpositionen, die dort nicht genannt wurden, sollten Riester-Sparende zurückfordern. Denn bei den Riester-Verträgen dürfen alle Anbieter nur Kosten in Rechnung stellen, auf die sie im Vertrag hingewiesen haben.
Vielen Dank für Ihre Recherchen. Man sollte doch meinen, dass Sparkassen, die dem Gesetz nach einen öffentlichen Auftrag haben, zumindest antworten.
Verstehe ich es richtig, dass die Zusatzkosten nur für Banksparpläne anfallen können, und die von Ihnen empfohlenen Fondssparpläne (die man ja direkt mit der Versicherung abschließt) nicht davon betroffen sein können? Mir wurde seinerzeit ein Produktinformationsblatt gereicht, in dem hoffentlich inkl. Auszahlphase alle Kosten erfasst sind.