Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat der Kreissparkasse Tübingen untersagt, in ihren Riester-Verträgen eine Zinsanpassungsklausel zu verwenden, die zu Negativzinsen führt. Gleichzeitig entschieden die Richter, dass die Verbraucherzentrale (VZ) Baden-Württemberg bestimmte Aussagen zu diesem Sachverhalt nicht mehr treffen darf.
VZ-Klage in zweiter Instanz erfolgreich
Die VZ Baden-Württemberg war mit ihrer Klage gegen die Kreissparkasse Tübingen vor dem OLG Stuttgart erfolgreich (Az 4 U 184/18, Urteil vom 27.3.2019, nicht rechtskräftig), nachdem sie noch im vergangenen Jahr vor dem Landgericht Tübingen gescheitert war. Demnach darf die Kreissparkasse eine Zinsanpassungsklausel in ihrem Riester-Banksparplan „VorsorgePlus“, die zu Negativzinsen führt, nicht mehr verwenden. In der Praxis wurden Riester-Sparer der Kreissparkasse Tübingen allerdings noch nicht mit Minuszinsen belastet, weil sie von den ebenfalls vertraglich vereinbarten Bonuszinsen profitierten. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wiederum darf nach dem Urteil des OLG Stuttgart nicht mehr behaupten, die Kreissparkasse fordere von ihren Kunden Negativzinsen beziehungsweise ein Entgelt, statt ihrerseits Zinsen zu bezahlen.
Intransparente Zinsklausel ist unwirksam
Die von der Kreissparkasse Tübingen verwendete Zinsklausel verstößt nach Auffassung des OLG Stuttgart gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam. Insbesondere erfülle die Klausel nicht die Vorgaben, wonach es dem Vertragspartner ohne fremde Hilfe möglich sein muss, möglichst klar und einfach seine Rechte festzustellen. Mit einer Internetrecherche sei zwar eine Ermittlung der Dreimonatszinssätze möglich, nicht jedoch ein klarer und einfacher Zugriff auf die Zehnjahreszinsen.
Riester-Sparer können hoffen
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg begrüßt die Entscheidung: „Negative Grundzinsen widersprechen dem Grundgedanken der Altersvorsorge und haben in diesen Verträgen nichts zu suchen“, sagt der VZ-Experte Niels Nauhauser. Für betroffene Riester-Sparer sieht er gute Chancen auf finanziellen Ausgleich: „Sollte das Urteil gegen die Sparkasse rechtskräftig werden, müsste sie allen Kunden die Negativzinsen, die sie vom Bonuszins abgezogen hat, rückwirkend gutschreiben“. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Streitfall letztlich beim Bundesgerichtshof (BGH) landen wird. Eine höchstrichterliche Bestätigung des OLG-Urteils könnte auch für Riester-Kunden anderer Banken bedeutsam sein.
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Auch die Kreissparkasse Kaiserslautern hat mittlerweile mit Schreiben vom 31.01.2020! auf dieses Urteil des OLG Stuttgart reagiert (ohne es zu nennen, versteht sich). Und wieder steht man als Verbraucher nur vor der Wahl: Holt man aus dem Schreiben (4 Varianten) das Maximum heraus und lässt man es als negative Erfahrung (klagetechnisch) gut sein? Auch Finanztest Spezial 03001 (Stand 9. September 2002), S. 41-Riester-Rente, die Riester-Tests, Banksparpläne mit variablem Basiszins und Bonus) hätte meiner Meinung nach besser auf die "Variationsmöglichkeiten und die Notwendigkeit einer jährlichen Kontrolle des Basiszinses) hinweisen können. Aber nur bei der Wüstenrot-Bank sowie bei der Kreissparkasse Ludwigsburg, Reutlingen und der Sparkasse Pforzheim wurde durch die zusätzliche Bezifferung explizit darauf hingewiesen, aufgrund welcher Bedingung sich der Grundzins dort ändert). Dann hätte es die "Zinsanpassungsklausel" vielleicht in Verträgen nach diesem Heft nicht mehr gegeben...