
Wasserträgerinnen. Auch Kinder helfen in der indischen Thar-Wüste, Wasser von weit entlegenen Stellen zu holen. © Bartosz Hadyniak
Für einen vermeintlich guten Zweck können Spendenwillige im Internet blitzschnell Geld ausgeben. Doch viele Portale kassieren Gebühren und sind intransparent.
Den Wocheneinkauf per App bestellen, die Steuererklärung am Handy machen, die Rechnungen am Laptop bezahlen – vieles lässt sich heute einfach online vom Sofa erledigen. Da lockt auch das Spenden übers Internet. Laut Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des IT-Verbandes Bitkom, hat „die Sammelbüchse ausgedient“. Das Internet biete insbesondere Jüngeren einen einfachen Zugang zu Spendenaktionen und wohltätige Organisationen hätten so die Chance, neue Zielgruppen zu gewinnen.
Online-Spendenportale sind Vermittler
Das gelingt über Spendenportale. Sie sind Vermittler und zeigen auf ihrer Internetseite unzählige Spendenprojekte verschiedener gemeinnütziger Organisationen und oft auch privater Spendensammlerinnen und -sammler. Wer Geld geben möchte, sucht sich ein Projekt aus, klickt auf den Button „Jetzt spenden“ – und fertig.
Wir wollten wissen, welche Vorteile Spendenplattformen und Spenden-Apps Verbraucherinnen und Verbrauchern bieten, wie transparent sie sind und wie viel von einer Spende bei den Bedürftigen ankommt.
Unser Rat
Auswahl. Sie wollen gern spenden? Wählen Sie besser eine konkrete Spendenorganisation statt eines Spendenportals. Dort bekommen Sie selten Unterstützung bei der Auswahl eines Projekts und wenig Auskunft über die genaue Verwendung der Gelder. Prüfen Sie Ihnen unbekannte Hilfsorganisationen mit unserer Checkliste.
Informieren. Erste Anlaufstelle ist die Internetseite der Spendenorganisation. Wird dort umfassend über Projekte informiert, Leitung und Kontaktadressen genannt sowie ein Jahresbericht veröffentlicht, ist das positiv.
Kosten. Zahlungen bis 150 Euro sollten Sie möglichst nicht auf verschiedene Organisationen verteilen. Jede Spende verursacht Verwaltungskosten, die Ihren Spendenbetrag schmälern.
Steuer. Spenden an gemeinnützige Organisationen können Sie bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags Ihrer Einkünfte als Sonderausgaben absetzen. Für Kleinspenden bis 300 Euro reicht ein einfacher Nachweis wie der Kontoauszug. Wie Sie Geld- und Sachspenden absetzen, lesen Sie unter: test.de/spenden-absetzen
Fragen an sechs Online-Spendenportale verschickt
Wir schickten Fragenkataloge an die Spendenportale von Facebook und Paypal sowie an die vier Plattformen Betterplace.org, Gofundme, Helpdirect und I do. Wir wollten wissen, wie sie arbeiten, welche Bedingungen private Geldsammler und gemeinnützige Organisationen erfüllen müssen, um dort Geld sammeln zu können. Wir fragten, ob die Portale Spendenwillige bei der Auswahl eines geeigneten Projektes unterstützen, welche Kosten sie berechnen und ob sie den Fortgang der Projekte kontrollieren.
Kaum Antworten bekommen
Nur zwei der sechs von uns befragten Portale antworteten uns: Betterplace.org ausführlich und Gofundme eher lückenhaft. Die anderen Anbieter reagierten überhaupt nicht. Helpdirect sagte mit der fadenscheinigen Begründung ab, Finanzzahlen nur dem Finanzamt mitzuteilen.
Selbstversuch bringt Klarheit
Damit wollten wir uns nicht zufriedengeben. Also unternahmen eine Kollegin und zwei Kollegen daraufhin einen Selbstversuch und spendeten über jede der sechs Plattformen jeweils 50 Euro für Kinder in der Ukraine – oder versuchten es zumindest. In einem Fall gelang es nicht, zwei Mal kam die Spende aus nicht nachvollziehbaren Gründen zurück.
Spendenwillige allein gelassen
Erste Hürde ist die Auswahl eines Spendenprojekts, denn auf den Portalen tummeln sich unzählige gemeinnützige Organisationen und private Spendenprojekte. Unsere Einschätzung zu diesem Punkt finden Sie bei jeder der sechs Organisationen unten in den Kurzporträts unter „Hilfe bei der Auswahl“.
Bei Gofundme erschienen zu den Suchworten Kinder und Ukraine mehr als 20 Seiten mit je 48 Kampagnen. Meist war nicht erkennbar, wer empfohlen wird und warum. Teilweise konnten wir keine – dem Namen nach – brauchbaren Empfänger identifizieren. Paypal etwa listet nach „beliebten Spendenaktionen“.
Bewertungen gibt es nur bei Helpdirect
Einzig Helpdirect unterstützt mit seinem schwer zu findenden Tool namens Helprank die Bewertung einer Organisation, etwa um die Transparenz einschätzen zu können.
Helprank fasst im Wesentlichen bereits vorhandene Bewertungen nach ihrer Bedeutung und ihrer Kontrollstruktur zusammen. So wird das DZI-Spendensiegel höher bewertet als das reine Hinterlegen eines Jahresberichtes. Dabei werden verschiedene Transparenzkriterien mit Punkten gewichtet und in einem Zehn-Punkte-System addiert. Schlecht ist, dass ein niedriger Wert nicht zum Ausschluss von der Plattform führt.
Gebühren variieren
Nicht immer kommt die gesamte Spende bei den Empfängern an. Oft ziehen die Portale Gebühren ein. Meist ist das ein fester Sockelbetrag und ein bestimmter Prozentsatz vom Spendenbetrag. Gebühren hängen auch davon ab, ob die Spende an Privatpersonen oder gemeinnützige Organisationen geht.
Spende an Portale selbst voreingestellt
Grenzwertig finden wir, dass in drei Fällen ein sogenannter freiwilliger Spendenbetrag an das Onlineportal selbst voreingestellt ist: Für unsere 50 Euro-Spende waren es bei Betterplace.org 8 Euro, bei Gofundme 7,50 Euro und bei Helpdirect 5 Euro. Es ist möglich, den Betrag mit zusätzlichen Klicks auf 0 Euro zu setzen.
Wer das übersieht, finanziert damit das Spendenportal. Bei Betterplace.org gehen so etwa für die 50-Euro-Spende 58 Euro vom eigenen Konto ab, von denen nur 48,75 Euro bei der Spendenorganisation ankommen.
Wege zur Spendenquittung
Wer seine finanziellen Hilfeleistungen von der Steuer absetzen möchte, benötigt bei Beträgen über 300 Euro eine Spendenquittung der unterstützten Organisation für das Finanzamt.
Die Spendenportale informieren unterschiedlich darüber, wie Spenderinnen und Spender an diese Quittung kommen. Paypal, Gofundme, Helpdirect und I do verweisen auf die jeweilige Empfänger-Organisation oder das Projekt. Sind diese steuerlich anerkannt, sollten sie die Spendenquittung ausstellen. Facebook versendet eine Bestätigung an die hinterlegte E-Mail-Adresse. Betterplace.org gibt an, die Bescheinigung komme Anfang 2023 automatisch per E-Mail.
Kein Mehrwert zur Direktspende
Fazit: Eine Spende über eine Plattform geht zwar schnell und unkompliziert. Da die Portale aber meist Gebühren abzwacken, kommt mehr Geld bei einer Organisation an, wenn Spendende direkt dorthin überweisen.
Keine der Plattformen trifft erkennbar eine qualitative Vorauswahl der Projekte. Es ist daher nicht auszuschließen, dass zweifelhafte und intransparente Organisationen oder Privatpersonen auf den Plattformen Gelder sammeln könnten. Der Nutzen für Leute, die Geld spenden wollen, hält sich deshalb in Grenzen.
Label als Orientierung
Seriöse Organisationen arbeiten transparent, zweckmäßig und verwenden die Spendengelder wirtschaftlich. Dies ist der Fall, wenn sie das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) tragen. Hierfür müssen die Organisationen strenge Kriterien, etwa zur Höhe der Verwaltungs- und Werbekosten, erfüllen und sich alle zwei Jahre umfassend überprüfen lassen.
Noch unsicher bei der Wahl der Hilfsorganisation? Eine fundierte Entscheidungshilfe bei der Suche nach einer geeigneten Organisation gibt unsere Checkliste.
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- Die Parkinsonsfonds Deutschland gGmbH aus Berlin informiert auf ihrer Webseite über Parkinson und sammelt nach eigenen Angaben Spenden für die Finanzierung von...
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- Wer die Regeln für Spenden beachtet, kann sich einen Teil des Geldes über die Steuer zurückholen. Der Spenden-Steuer-Rechner der Stiftung Warentest zeigt, wie viel.
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- Wir haben 38 Tierschutzorganisationen nach ihrem Umgang mit den Spendengeldern befragt. 23 haben geantwortet. Davon arbeiten 16 wirtschaftlich, viele sind intransparent.
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@Geldanlage:prüfen: Man kann beliebig vielen Organisationen bis zu 300 Euro spenden ohne Spendenquittung, aber man kann insgesamt nur bis zu 20% aller Einkünfte als Sonderausgaben abziehen.
Reicht es, einen Buchungsbeleg beim FA einzureichen für 300€ pro Einzelspende oder gilt das für das gesamte Jahr? Und gilt das jeweils für eine Organisation oder kann man beliebig vielen Organisationen bis 300 € spenden?
Danke im voraus und freundliche Grüße MH
Nach Ausbruch der Umweltkatastrophe im Ahrtal ,wurde sehr viel Geld gespendet. Noch heute leben Menschen im Ahrtal in Not . Keine Spende bekommen auch vom Land und Staat nicht. Ich bin sehr misstrauisch . Wieviel Geld wurde insgesamt gespendet, und was davon haben die Menschen bekommen?????
Was wird mit den Millionen von Spendengeldern gemacht ?????
Ich finde es schade, dass Sie die nach Volumen vermutlich zweitgrößte deutschsprachige Spendenplattform effektiv-spenden.org nicht berücksichtigt haben (https://effektiv-spenden.org/transparenz/). Es ist auch die einzige Spendenplattform welche sich auf Organisationen fokussiert deren hohe Wirksamkeit von unabhängigen Instituten bestätigt wurde und die auch im Vergleich zu anderen als herausragend effektiv bewertet wurden (DZI und Co. vergleichen Organisationen ja nicht miteinander und in meinen Augen war immer der Vergleich das was z.B. auch die Stiftung Warentest interessant gemacht hat).
Disclaimer: Ich bin Gründer und Geschäftsführer von effektiv-spenden.org.
@danfer: Wir haben die Spendenapp des Welternährungsprogrammes der Vereinten Nationen nicht getestet. Daher können wir Ihnen mit keiner Aussagen zum Anteil der Werbungs- und Verwaltungskosten, zur Verwendung der Spendenmittel und anderen Detailinfos dienen.
Es gibt viele Veröffentlichungen zum Welternährungsprogramm. Spendenwillige können sich zu deren Tätigkeit über die Sichtung der Presseartikel zur Organisation ein erstes Bild machen. In 2020 hat das Welternährungsprogramm den Friedensnobelpreis bekommen. (maa)