Rheumatoide Arthritis ist die häufigste chronische Gelenkentzündung. Betroffene haben generell ein höheres Infektionsrisiko als gesunde Menschen. Doch die Therapie mit sogenannten Biologika kann die Abwehrkraft des Körpers zusätzlich schwächen. Biologika sind Medikamente, die mit Hilfe von lebenden Zellkulturen gewonnen werden. Eine aktuelle Studienauswertung beziffert das Infektionsrisiko nun erstmals konkret.
Frauen häufiger betroffen als Männer
Unter dem Begriff „Rheuma“ lassen sich über Hundert Erkrankungen zusammenfassen. Am häufigsten kommt die rheumatoide Arthritis vor – sie äußert sich hauptsächlich in dauerhaft entzündeten Gelenken, die schmerzen, anschwellen und allmählich versteifen können. Etwa 1 Prozent der Deutschen leidet unter rheumatoider Arthritis, Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer. Die meisten Frauen erkranken im Alter von 55 bis 64 Jahren, Männer im Alter von 65 bis 75 Jahren. Manchmal kann diese Krankheit bereits bei Kindern auftreten.
Jeder Zehnte spricht auf konventionelle Basismedikamente zu wenig an
Bei einer rheumatoiden Arthritis werden unterschiedliche Medikamente eingesetzt (siehe Medikamente im Test: Rheumatoide Arthritis). Bei sicherer Diagnose werden langwirkende Medikamente – sogenannte konventionelle Basismedikamente, kurz DMARDs (Disease-Modifying-Anti-Rheumatic-Drugs) – verschrieben. Sie bremsen die Entzündung langsam und nachhaltig. Basismedikament der ersten Wahl ist Methotrexat. Es ist der am häufigsten eingesetzte Wirkstoff. Doch etwa jeder zehnte Rheumapatient spricht auf DMARDs nicht genügend an. Dann kommen sogenannte Biologika infrage. Sie werden jeweils allein oder in Kombination mit Methotrexat eingesetzt. Biologika heißen so, weil sie mit Hilfe von lebenden Zellkulturen gewonnen werden. Sie sind chemisch wie Eiweißstoffe aufgebaut, mit denen das Immunsystem Fremdsubstanzen bekämpft. Biologika können das Fortschreiten des Gelenkumbaus und den Verlust der Gelenkfunktion verlangsamen oder aufhalten.
Biologika unterdrücken das Immunsystem
Biologika sind um ein Vielfaches teurer als konventionelle Basismedikamente. Neun Biologika sind zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis auf dem Markt:
- Infliximab
- Certolizumab
- Etanercept
- Adalimumab
- Golimumab
- Anakinra
- Tocilizumab
- Abatacept
- Rituximab.
Sie werden gespritzt oder als Infusion gegeben. Diese Wirkstoffe sind ohne Frage sehr gut wirksam. Sie mindern aber auch die Abwehrkraft des Körpers. Dadurch werden Patienten anfälliger für Infektionen. Vor Beginn der Therapie muss daher eine Infektionserkrankung ausgeschlossen werden – wie zum Beispiel Tuberkulose, Blutvergiftung (Sepsis) und Lungenentzündung (Pneumonie), eine invasive Pilzinfektion oder ein viraler Infekt.
Dosisabhängige Zunahme von schweren Infektionen
Da Biologika das Immunsystem dämpfen, stellt sich die Frage: Wie hoch ist das Risiko für Patienten, während der Therapie an einer schweren Infektion zu erkranken, wenn vorher eine Infektionserkrankung ausgeschlossen wurde? Eine internationale Arbeitsgruppe ging dieser Frage nach und verglich die Infektionsrisiken bei einer Therapie mit Biologika mit dem Risiko bei einer Behandlung mit konventionellen Basismedikamenten (DMARDs). Mithilfe einer Metaanalyse wurden 106 randomisierte Studien ausgewertet – mit mehr als 42 000 Probanden, die an einer rheumatoiden Arthritis erkrankt waren. Das Ergebnis: Im Vergleich zur ausschließlichen Gabe von DMARDs erhöht eine Therapie mit Biologika das Risiko für schwere Infektionen.
- Hohe Dosierung. Bei 37 von 1 000 Patienten treten schwere Infektionen auf, wenn sie ein Jahr lang mit Biologika (einzeln oder in Kombination mit DMARDs) in einer hohen Dosierung behandelt werden.
- Standarddosierung. Wird mit einer Standarddosierung behandelt, sind es 26 schwere Infektionen. Zum Vergleich: Werden 1 000 Patienten ein Jahr mit konventionellen Basismedikamenten (DMARDs) behandelt, treten 20 schwere Infektionen auf.
- Niedrige Dosierung. Eine niedrige Dosierung von Biologika erhöht das Infektionsrisiko hingegen nicht. Dann gibt es keinen statistischen Unterschied zur Behandlung mit konventionellen Basismedikamenten.
Wie Biologika dosiert werden, ist etwa vom Ausprägungsgrad der Krankheit abhängig.
Biologika nicht untereinander kombinieren
Wichtig: Patienten sollten nicht mehrere Biologika parallel nehmen, denn dann kommt es am häufigsten zu schweren Infektionen. Durch die Kombination würde die Immunreaktion des Körpers gefährlich stark unterdrückt. So treten bei 75 von 1 000 Patienten schwere Infektionen auf, wenn sie ein Jahr lang mit mehreren Biologika behandelt werden, zeigt die Studienauswertung. Die neuen konkreten Zahlen zum Infektionsrisiko durch Biologika sind hilfreich bei der gemeinsamen Therapieentscheidung. Patienten sollten die Therapie genau mit ihrem Facharzt besprechen und bei Anzeichen einer Infektion einen Arzt aufsuchen (siehe Tipps für Patienten).
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