Restaurant­besuch Veto bei schlechtem Service

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Restaurant­besuch - Veto bei schlechtem Service

Essen­gehen. Manche Restaurants fordern eine Storno­gebühr, wenn ein Gast einen Tisch reser­viert und dann nicht auftaucht. © Stocksy / Sergey Melnikov

Mieser Service, Ärger mit der Tischreser­vierung, verdorbenes Essen: Diese Rechte haben Gäste, wenn beim Restaurant­besuch etwas schiefläuft.

In einem guten Lokal essen­gehen, das klingt nach einem angenehmen Abend. Aber manchmal läuft alles in eine ganz andere Richtung. Wer hingeht und sich den Magen verdirbt, hat wenigs­tens oft ein Anrecht auf Schaden­ersatz. Aber was macht, wer nach Stunden immer noch aufs Essen wartet oder am Ende nach Hause will und die Rechnung kommt nicht? Ärger mit dem Restaurant droht übrigens sogar, wenn Gäste es gar nicht dorthin geschafft haben. Eine Rechnung kommt nicht selten trotzdem. Wer reser­viert hat und dann doch nicht erscheint, soll zahlen, finden etliche Restaurant­besitzer. Die Rechts­experten der Stiftung Warentest erklären, was Restaurant­gästen wann zusteht, ob Wirtin oder Wirt Storno­kosten verlangen können und was sonst zu beachten ist.

Gästeärger vor Gericht

Ein Gast kann mit einem Restaurant Ärger haben, obwohl er nicht dort war. Einige Restaurants fordern nämlich Storno­gebühren, wenn Kunden trotz Tischreser­vierung nicht erscheinen (Branchenjargon: „No-Show“). Laut Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Nordrhein-Westfalen verlangen 11,1 Prozent der Gastronomen eine Stornierungs­gebühr, wenn Gäste trotz Tischreser­vierung nicht kommen. Oft läuft die Reser­vierung online über die Platt­form Open Table. Der Gast gibt dort seine Kreditkarten­daten an. ­Erscheint er später nicht, wird die Karte mit einer Stornopauschale belastet.

Ist eine solche Gebühr erlaubt? Ja, Gastronomen dürfen sie aber nur fordern, wenn sie einige Rechts­regeln beachten. Als Storno­gebühr dürfen sie grund­sätzlich nur so viel fordern, wie ihnen üblicher­weise als Schaden durch das Nicht­erscheinen eines Kunden entsteht. Der DEHOGA Bundes­verband nennt als unver­bindliche Richt­werte: 15 bis 30 Euro pro Person bei gutbürgerlichen Ausflugs­lokalen und 50 bis 150 Euro bei ­einem teuren Gourmet-Restaurant („No-Shows in der Gastronomie“).

Weniger als die Stornopauschale zahlen? 

Die Storno-Bedingungen müssen Kunden das Recht einräumen, nach­zuweisen, dass kein oder nur ein geringerer Schaden entstanden ist. Ohne dieses Recht wäre die gesamte Storno-Regelung unwirk­sam und der Kunde müsste gar nichts zahlen. Bei Open Table ist ein solcher Hinweis auf dieses Kundenrecht erst Ende August 2023 – nach einer Abmahnung des Verbraucherzentrale Bundes­verband – in die Reser­vierungs­bedingungen aufgenommen worden. Und er ist umständlich formuliert:

„Bei Nicht­erscheinen oder Stornierungen weniger als 1 Tag im Voraus fällt eine Gebühr in Höhe von xx Euro pro Person an. Alle Kosten werden von der Kreditkarte des Gastes abge­bucht. Möglicher­weise müssen Sie beweisen, dass dem Restaurant keine bzw. keine wesentlichen Nachteile infolge der späten oder nicht erfolgten Stornierung oder der veränderten Gästeanzahl entstanden sind.“

Reser­vierungs­klauseln von Open Table wirk­sam?

test.de hat der Rechtsanwältin Kerstin Diercks-Harms die Open-Table-Klausel vorgelegt und um eine recht­liche Einschät­zung gebeten. Die Anwältin aus Celle hat sich 2016 in einem Fach­aufsatz ausführ­lich mit dem Thema Storno­gebühren beschäftigt („Bewirtungsvertrag – Stornogebühren für Sternemenüs“). Diercks-Harms hält die Storno-Klausel für wirk­sam. Sie argumentiert: Der Kunde werde hinreichend deutlich über seine Nach­weis­möglich­keit informiert, dass durch das Nicht­erscheinen ein geringerer Schaden entstanden ist als vom Restaurant pauschal angesetzt. „Wie er das beweisen soll, ist natürlich eine andere Frage“, so Diercks-Harms. Der verhinderte Gast könne etwa argumentieren – soweit dies zutreffend ist –, dass er ohnehin nur eine Kleinig­keit bestellt hätte oder das Lokal trotz Storno ausgebucht gewesen war.

Die Schnecke im Salat

Mancher­orts gelten Weichtiere als Delikatesse. Doch als Maria Bauer* in ihrem „Beilagensalat zum Tages­gericht“ eine Schnecke fand, verging ihr der Appetit. Sie ließ den Salat zurück­gehen und weigerte sich zu zahlen. Eine verständliche Reaktion – doch ist sie juristisch korrekt? Ärger im Restaurant beschäftigt die Gerichte immer wieder: Mal werden Kakerlaken oder Haare serviert, mal finden sich Steine oder Schrotkugeln im Essen. Auch verkeimte oder verdorbene Lebens­mittel landen immer wieder auf dem Teller. Gesund ist anders. Und doch gibt es keinen Auto­matismus, nach dem traumatisierte Restaurant­besucher entschädigt werden.

Schaden­ersatz vom Wirt

Wo Gäste eine Salmonellen­vergiftung erleiden oder auf Granit beißen, ist Schaden­ersatz fällig. Es reicht aber nicht aus, wenn es bloß nicht schmeckt. Gerichte, die versalzen, angebrannt oder sonst objektiv ungenieß­bar sind, müssen aber nicht bezahlt werden, wenn der Gast den Fehler reklamiert und dem Wirt die Chance zur Nachbesserung gibt. Ist das, wie im Fall von Maria Bauer, nicht zumut­bar, ist ein zweiter Versuch entbehr­lich. Nur bereits verzehrte Speisen müssen dann bezahlt werden.
Amts­gericht Burgwedel, Urteil vom 10.04.1986
Aktenzeichen: 22 C 669/85

Gast hat die Beweislast

Wer Geld fordert, braucht Beweise – oder er geht leer aus. Das belegt der Fall von Gerhard S.. Der hatte sich in einem Spandauer Lokal Cevapcici bestellt. Beim Kauen biss er auf etwas Hartes und büßte einen Backenzahn ein. Seine Klage auf Schaden­ersatz und Schmerzens­geld blieb dennoch erfolg­los. Zwar räumten alle Instanzen ein, ein Gast müsse entschädigt werden, wenn Steine und Ähnliches im Essen steckten. Nur konnte Gerhard S. nicht beweisen, dass sein Zahn wegen eines Fremdkörpers zerbrochen war. Der Bundes­gerichts­hof (BGH) entschied am Ende: Das „Abbrechen eines Zahns“ sei nach allgemeiner Lebens­erfahrung „nicht typischer­weise auf das Vorhandensein eines in der Hack­fleisch­masse verborgenen (Fremd-)Körpers zurück­zuführen“ und liege deshalb kein Fall des so genannten „Anscheins­beweises“ vor. Der Zahn könne auch durch den Biss auf ein Knorpel­teilchen zerstört worden sein. Mit denen sei im Hack­fleisch aber zu rechnen. Ohne echte Beweise gebe es deshalb keinen Schaden­ersatz. Gerhard S. ging leer aus.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 05.04.2006
Aktenzeichen: VIII ZR 283/05

Biss auf Granit

Das volle Zahn­arzt­honorar seines Gastes nebst Schmerzens­geld musste hingegen der Inhaber eines Kölner Schnell­imbisses zahlen. Nach Vernehmung von Zeugen stand für den Richter fest: Im Salat befand sich ein scharfkantiger Gegen­stand, der dort nichts zu suchen hatte.
Amts­gericht Köln, Urteil vom 24.10.2005
Aktenzeichen: 122 C 208/05

Auch ein Restaurant­besucher aus dem Schwarz­wald hatte Glück im Unglück. Er hatte beim Genuss eines Wildhasenfilets auf ein Schrot­korn gebissen und einen Zahn verloren. Der Wirt musste drei Viertel der Behand­lungs­kosten tragen. Auf dem Rest blieb allerdings der Kunde sitzen. Die Richter stellten klar: Wer vom Jäger erlegtes Wild isst, muss vorsichtig kauen.
Amts­gericht Wald­kirch, Urteil vom 27.01.2000
Aktenzeichen: 1 C 397/99

Vorsicht beim Verzehr verhindert gesundheitliche Schäden nicht immer. Diese Erfahrung machten die Gäste einer Hochzeits­feier: Das Eis zum Dessert war mit Salmonellen verseucht. Das Braut­paar und viele der Geladenen mussten behandelt werden. Der Fall ging in die Rechts­geschichte ein. Generationen von Jura-Studenten befassten sich mit ihm. Nach jahre­langen Prozessen urteilte der Bundes­gerichts­hof am Ende: Bei Produkt­fehlern haften auch kleine Unternehmen, ohne dass ihnen Geschädigte ein Verschulden nach­weisen müssen. Die Brautleute bekamen 2 000 Mark Schmerzens­geld. Inzwischen ist das im Produkthaftungs­gesetz ausdrück­lich so geregelt, mehr dazu unter Produkthaftung: Wann Hersteller für fehlerhafte Ware haften.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 19.11.1991
Aktenzeichen: VI ZR 171/91

Warten aufs Essen oder die Rechnung

Und wenn nicht das Essen, sondern der Service miserabel ist? Auch das haben Gerichte schon entschieden. Das Amts­gericht Hamburg urteilte: Gäste, die im Edel­restaurant trotz Reser­vierung zwei Stunden aufs Essen warten, zahlen 20 Prozent weniger.
Amts­gericht Hamburg, Urteil vom 10.07.1973
Aktenzeichen: 20a C 275/73

Das Land­gericht Karls­ruhe billigte sogar eine Kürzung um 30 Prozent, weil die Besucher eines badischen Lokals erst nach andert­halb Stunden verköstigt wurden.
Land­gericht Karls­ruhe, Urteil vom 12.05.1993
Aktenzeichen: 1 S 196/92

Ein Zeit­limit gibt es zudem, wenn trotz ausdrück­licher Anforderung nicht die Rechnung kommt. 15 Minuten gelten als Ober­grenze. Wer dann geht, sollte aber Namen und Adresse hinterlassen. Sonst droht Ärger mit dem Staats­anwalt – wegen Zech­prel­lerei. Wer mit Freunden unterwegs ist und als Letzter geht, muss übrigens nicht die ganze Zeche zahlen. Ist nichts anderes vereinbart, zahlt jeder für sich selbst. Es ist Sache des Wirts, richtig abzu­rechnen. Wer doch für seine Freunde zahlt, kann von diesen später Erstattung fordern.

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  • wkwi am 20.11.2023 um 14:56 Uhr

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