Mancherorts gelten Weichtiere als Delikatesse. Doch als Maria Bauer* in ihrem „Beilagensalat zum Tagesgericht“ eine Schnecke fand, verging ihr der Appetit. Sie ließ den Salat zurückgehen und weigerte sich zu zahlen. Eine verständliche Reaktion – doch ist sie juristisch korrekt? Ärger im Restaurant beschäftigt die Gerichte immer wieder: Mal werden Kakerlaken oder Haare serviert, mal finden sich Steine oder Schrotkugeln im Essen. Auch verkeimte oder verdorbene Lebensmittel landen immer wieder auf dem Teller. Gesund ist anders. Und doch gibt es keinen Automatismus, nach dem traumatisierte Restaurantbesucher entschädigt werden.
Schadenersatz vom Wirt
Wo Gäste eine Salmonellenvergiftung erleiden oder auf Granit beißen, ist Schadenersatz fällig. Es reicht aber nicht aus, wenn es bloß nicht schmeckt. Gerichte, die versalzen, angebrannt oder sonst objektiv ungenießbar sind, müssen aber nicht bezahlt werden, wenn der Gast den Fehler reklamiert und dem Wirt die Chance zur Nachbesserung gibt. Ist das, wie im Fall von Maria Bauer, nicht zumutbar, ist ein zweiter Versuch entbehrlich. Nur bereits verzehrte Speisen müssen dann bezahlt werden.
Amtsgericht Burgwedel, Urteil vom 10.04.1986
Aktenzeichen: 22 C 669/85
Gast hat die Beweislast
Wer Geld fordert, braucht Beweise – oder er geht leer aus. Das belegt der Fall von Gerhard S.. Der hatte sich in einem Spandauer Lokal Cevapcici bestellt. Beim Kauen biss er auf etwas Hartes und büßte einen Backenzahn ein. Seine Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld blieb dennoch erfolglos. Zwar räumten alle Instanzen ein, ein Gast müsse entschädigt werden, wenn Steine und Ähnliches im Essen steckten. Nur konnte Gerhard S. nicht beweisen, dass sein Zahn wegen eines Fremdkörpers zerbrochen war. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied am Ende: Das „Abbrechen eines Zahns“ sei nach allgemeiner Lebenserfahrung „nicht typischerweise auf das Vorhandensein eines in der Hackfleischmasse verborgenen (Fremd-)Körpers zurückzuführen“ und liege deshalb kein Fall des so genannten „Anscheinsbeweises“ vor. Der Zahn könne auch durch den Biss auf ein Knorpelteilchen zerstört worden sein. Mit denen sei im Hackfleisch aber zu rechnen. Ohne echte Beweise gebe es deshalb keinen Schadenersatz. Gerhard S. ging leer aus.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.04.2006
Aktenzeichen: VIII ZR 283/05
Biss auf Granit
Das volle Zahnarzthonorar seines Gastes nebst Schmerzensgeld musste hingegen der Inhaber eines Kölner Schnellimbisses zahlen. Nach Vernehmung von Zeugen stand für den Richter fest: Im Salat befand sich ein scharfkantiger Gegenstand, der dort nichts zu suchen hatte.
Amtsgericht Köln, Urteil vom 24.10.2005
Aktenzeichen: 122 C 208/05
Auch ein Restaurantbesucher aus dem Schwarzwald hatte Glück im Unglück. Er hatte beim Genuss eines Wildhasenfilets auf ein Schrotkorn gebissen und einen Zahn verloren. Der Wirt musste drei Viertel der Behandlungskosten tragen. Auf dem Rest blieb allerdings der Kunde sitzen. Die Richter stellten klar: Wer vom Jäger erlegtes Wild isst, muss vorsichtig kauen.
Amtsgericht Waldkirch, Urteil vom 27.01.2000
Aktenzeichen: 1 C 397/99
Vorsicht beim Verzehr verhindert gesundheitliche Schäden nicht immer. Diese Erfahrung machten die Gäste einer Hochzeitsfeier: Das Eis zum Dessert war mit Salmonellen verseucht. Das Brautpaar und viele der Geladenen mussten behandelt werden. Der Fall ging in die Rechtsgeschichte ein. Generationen von Jura-Studenten befassten sich mit ihm. Nach jahrelangen Prozessen urteilte der Bundesgerichtshof am Ende: Bei Produktfehlern haften auch kleine Unternehmen, ohne dass ihnen Geschädigte ein Verschulden nachweisen müssen. Die Brautleute bekamen 2 000 Mark Schmerzensgeld. Inzwischen ist das im Produkthaftungsgesetz ausdrücklich so geregelt, mehr dazu unter Produkthaftung: Wann Hersteller für fehlerhafte Ware haften.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.11.1991
Aktenzeichen: VI ZR 171/91
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