Die Finanzämter haben mit ihren Kontrollen begonnen. Sie prüfen, ob Rentner seit dem Jahr 2005 genug Steuern gezahlt haben.
Seit kurzem wissen die Finanzbehörden alles. Rentenkassen, Versorgungswerke, Pensionskassen, Lebensversicherer und Fondsgesellschaften haben ihnen mehr als 120 Millionen Rentenbezugsmitteilungen geschickt und die Einnahmen gemeldet, die Rentner seit 2005 erhalten haben. Auch Firmen- und Beamtenpensionen sind in den Amtsstuben bekannt.
Nun läuft die Auswertung. In den meisten Bundesländern überprüfen die Finanzämter zuerst Rentner und Pensionäre, die für 2009 eine Steuererklärung gemacht haben. Die Beamten vergleichen ihre Angaben mit den Daten aus den Bezugsmitteilungen. Kommen dabei Abweichungen von mindestens 2 000 Euro heraus, durchforsten die Finanzbeamten die Steuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2008 gleich mit.
Ab Herbst sind dann alle dran, die in den Jahren 2005 bis 2008 ihre Steuern erklärt haben. Die Fälle werden elektronisch nach Risiko ausgesucht. Vor allem, wer hohe oder mehrere Renten hatte, sollte auf Nachfragen gefasst sein. Erst ab August 2011 geht es mit denen weiter, die bisher gar keine Steuererklärung abgegeben haben.
Fristen und Sanktionen
Je weiter eine Steuererklärung zurückliegt, desto weniger Zeit haben die Finanzämter. Denn am 1. Januar nach der Abgabe beginnt die Verjährungsfrist von vier Jahren.
Beispiel: War die Erklärung für 2005 im Jahr 2006 beim Finanzamt, läuft die Frist seit dem 1. Januar 2007. Nach vier Jahren wird sie enden. Steuerbescheide für das Jahr 2005 können die Finanzämter deshalb regulär nur noch bis 31. Dezember 2010 ändern.
Manchmal müssen Rentner und Pensionäre aber länger mit Nachforschungen rechnen. Haben sie grob fahrlässig keine Steuern gezahlt, verlängert sich die Frist auf fünf Jahre. War Vorsatz im Spiel, kann das Finanzamt von ihnen zehn Jahre lang Einkommensteuern nachfordern. Rentner und Pensionäre, die aus Versehen oder Unkenntnis Fehler gemacht haben, müssen keine Strafen befürchten. Haben sie grob fahrlässig keine Steuern gezahlt, kann das Finanzamt ein Bußgeld verhängen. War Vorsatz im Spiel, sind Geldstrafen und sogar Haftstrafen möglich.
Tipp: Besprechen Sie Anfragen des Finanzamtes mit einem Steuerberater, wenn Sie Steuern grob fahrlässig oder vorsätzlich nicht gezahlt haben.
Ein pensionierter Bankdirektor wurde im Jahr 2007 vom Finanzgericht München wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Er hatte in seinen Steuererklärungen jahrelang die Rente der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) nicht angegeben. Das Finanzamt verlangte für zehn Jahre rückwirkend Steuern plus 6 Prozent Hinterziehungszinsen im Jahr ( Az. 9 V 4735/06).
Das dicke Ende
Ab August 2011 konzentrieren sich die Nachforschungen der Finanzämter dann auf alle, die bisher keine Steuererklärung abgegeben haben, obwohl sie seit 2005 eine machen mussten. Die Verjährungsfrist beginnt bei ihnen erst drei Jahre nach dem Jahr, für das die Steuererklärung fällig war. Auf die meisten Rentner und Pensionäre können deshalb sieben Jahre lang Kontrollen zukommen.
Beispiel: Für das Jahr 2005 hat die Verjährungsfrist am 1. Januar 2009 begonnen. Enden wird sie vier Jahre später am 31. Dezember 2012.
Wer leichtfertig Steuern verkürzt hat, kann acht Jahre lang zur Kasse gebeten werden. War Vorsatz im Spiel, sind es 13 Jahre. Das Finanzgericht Münster hat es schon einmal als Steuerhinterziehung bewertet, dass ein Rentner mit hohen Kapitaleinkünften keine Steuererklärungen abgegeben hatte (Az. 4 V 1521/00 E).
Die Fehler
Für jede einzelne private und gesetzliche Rente liegt den Finanzämtern eine Rentenbezugsmitteilung vor. Sie informiert vor allem über:
- die Bruttorente – vor Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge,
- die abgezogenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und
- den steuerfreien Zuschuss zur Krankenversicherung, wenn Rentner freiwillig versichert sind.
Weichen die Daten von der Steuererklärung ab, muss das Finanzamt den Rentner schriftlich darauf hinweisen und um eine Erklärung bitten. Schon jetzt ist klar, dass viele ihre gesetzliche Rente in Zeile 5 der Anlage R zur Steuererklärung zu niedrig angegeben haben. Sie haben den Betrag eingetragen, der auf ihr Konto überwiesen wurde. Das ist die Nettorente, die um die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gekürzt wurde. In die Steuererklärung gehört aber die ungekürzte Bruttorente.
Tipp: Die Höhe der Bruttorente finden Sie jedes Jahr auf der Anpassungsmitteilung Ihrer Rentenkasse.
Fehler oder unvollständige Angaben können Rentner nach dem Brief vom Finanzamt vier Wochen lang berichtigen.
Beispiel: Hans Krug hat für 2009 die von der Deutschen Rentenversicherung Bund überwiesene Rente von 10 186 Euro angegeben. Sein Finanzamt teilt ihm mit, dass auf der Rentenbezugsmitteilung eine Bruttorente von 12 126 Euro steht. Krug hat 1 940 Euro zu wenig abgerechnet, weil er die Rente nach Abzug der Versicherungsbeiträge aus seinen Kontoauszügen genommen hat.
Das Finanzamt weist Hans Krug außerdem auf eine Kontrollmitteilung hin, auf der 9 600 Euro Zusatzrente von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) stehen. Die hat der Rentner, der früher im öffentlichen Dienst beschäftigt war, in seiner Steuererklärung vergessen. Krug schreibt dem Finanzamt innerhalb von vier Wochen, meldet die VBL-Rente formlos nach und gibt auch seine gesetzliche Rente in der richtigen Höhe an.
Tipp: Klären Sie Unstimmigkeiten schriftlich auf. Berichtigen oder ergänzen Sie Angaben kommentarlos ohne Erklärungen und Besserungsschwüre auf einer formlosen Anlage. Geben Sie für vergessene Renten oder Pensionen die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge als Sonderausgaben an. Sie sparen damit Steuern.
Wenn Rentner auf Nachfragen nicht reagieren, rechnet ihr Finanzamt die Einkommensteuer für die Beträge aus, die auf den Kontrollmitteilungen stehen. Auch Schätzungen sind möglich. In beiden Fällen kommen dann oft höhere Nachforderungen als nötig heraus.
Die Zinsen
Für die Jahre 2005 bis 2008 fordert das Finanzamt nicht nur Einkommensteuer und Solidaritätszuschläge nach, sondern auch Zinsen. Damit müssen Rentner und Pensionäre immer dann rechnen, wenn das Jahr, für das die Einkommensteuer fällig ist, mehr als 15 Monate her ist. Für jeden weiteren Monat beträgt der Zinssatz 0,5 Prozent.
Beispiel: Zu einer Steuernachforderung von 3 000 Euro für das Jahr 2008 kommen seit dem 1. April 2010 noch Zinsen. Teilt das Finanzamt mit, dass die Nachzahlung am 1. Dezember fällig sein wird, fordert es 1 20 Euro Zinsen (8 Monate 0,5 Prozent = 4 Prozent von 3 000 Euro).
Zu viel Steuern
Die Kontrollen können auch zeigen, dass Rentner zu viel Steuern gezahlt haben. Das ist zum Beispiel vorgekommen, weil einige in der Zeile 5 auf der Anlage R nicht nur die Bruttorente, sondern auch die steuerfreien Zuschüsse zur Krankenversicherung als Rente angegeben haben. Solche Fehler lassen sich normalerweise lediglich einen Monat lang mit einem Einspruch korrigieren, nachdem der Steuerbescheid bekannt ist. Nur wenn ein Patzer aus Versehen oder aus Unkenntnis und ohne grobes Verschulden passiert ist, muss das Finanzamt Steuerbescheide noch vier Jahre lang ändern.
Darauf können sich Steuerzahler aber nur berufen, wenn sie ihren Fehler auch mit der Anleitung zur Steuererklärung, den Erläuterungen in den Steuervordrucken und den Merkblättern der Finanzämter nicht hätten vermeiden können. Auch die aktuelle Berichterstattung in den Medien müssen sie verfolgen.
Leichter als ein inhaltlicher Fehler lässt sich eine Schusseligkeit innerhalb von vier Jahren korrigieren. Hat jemand zum Beispiel eine Null zu viel in Zeile 5 auf der Anlage R eingetragen und nicht 1 000 Euro, sondern 10 000 Euro Rente in der Steuererklärung abgerechnet, dürfte das Versehen als Flüchtigkeitsfehler durchgehen. Wenn nicht, sollte dieser Rentner über einen Steuerberater nachdenken. Vielleicht erreicht der ja mehr bei seinem Finanzamt.
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