Die Differenz zwischen der gesetzlichen Rente und dem Betrag, der im Alter den Lebensstandard sichern soll, wird vor allem bei jungen Menschen größer. Finanztest hat untersucht, wie hoch die Rentenlücke ist.
Die gesetzliche Rente allein reicht künftig nicht mehr, den Lebensstandard im Alter zu halten. Die meisten Menschen wissen inzwischen, dass sie zusätzlich vorsorgen müssen. Doch längst nicht alle tun dies. Schuld daran sind nicht zuletzt Banken und Versicherungen.
Mit ihren zum Teil absurden Berechnungen über gigantisch hohe Rentenlücken haben sie viele Kunden verunsichert und in eine Art Schockstarre versetzt. Zu dieser Erkenntnis durchgerungen hat sich nun sogar das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA), das von der Deutschen Bank und dem Deutschen Herold finanziert wird. „Wir sind über das Ziel hinausgeschossen“, sagt Reiner Braun, der für das DIA die Studie „Altersvorsorge in Deutschland: Verloren im Dschungel der Möglichkeiten“ erarbeitet hat. „Die Leute schätzen ihre Lücke größer ein, als sie ist“, weiß Braun. „Das frustriert sie. Sie sagen sich: Die Lücke ist so groß; wir schaffen es nicht, sie zu schließen.“
Finanztest hat berechnet, wie groß die Rentenlücke wirklich ist – detailliert für Junge und Ältere, für Gering-, Durchschnitts- und Besserverdiener, für Verheiratete und für Singles. So kann jeder in etwa sehen, wie viel er fürs Alter sparen muss.
Geldbedarf im Alter
Bei Rentnern fallen viele Ausgaben weg, die sie in ihrer aktiven Zeit hatten, etwa der Kredit für Haus oder Wohnung, die Finanzierung des Studiums der Kinder oder Ausgaben für private Vorsorge. Auf der anderen Seite kommen Ausgaben hinzu: Beispielsweise Geld für ein Hobby, für das nun mehr Zeit da ist. Insgesamt kann man jedoch damit rechnen, im Alter weniger Geld zu brauchen als im Arbeitsleben.
Wir gehen in unserer Rechnung davon aus, dass im Alter 80 Prozent des letzten Nettogehalts zur Verfügung stehen sollen. Der Abstand zwischen diesem Geldbedarf und der gesetzlichen Nettorente ergibt die Rentenlücke.
Die 80 Prozent des Nettoendgehalts erreichen in diesem Jahr beispielsweise Beamte, die nach mindestens 40 Dienstjahren in Pension gehen. Im Gegensatz zur gesetzlichen Rente ist die Beamtenpension als eine „Vollversorgung“ konzipiert und schließt quasi eine Betriebsrente mit ein. Wer eine gesetzliche Rente bekommt, muss zusätzlich vorsorgen, um die Lücke zwischen seiner Rente und 80 Prozent seines letzten Nettogehalts zu schließen.
Junge haben die größte Lücke
Die Rentenlücke hängt vor allem vom Alter und vom Familienstand ab. Bei jungen Menschen ist sie größer als bei älteren, bei vielen Verheirateten größer als bei Alleinstehenden.
Vor allem die Jungen werden die drastische Verringerung des Bruttorentenniveaus zu spüren bekommen. Das Bruttorentenniveau zeigt die monatliche Bruttorente eines Durchschnittsverdieners mit 45 Versicherungsjahren in Prozent seines Bruttogehalts. Dieses Niveau sinkt von zurzeit rund 47 Prozent auf voraussichtlich 40 Prozent im Jahr 2030.
Auch die Rentensteuer beutelt die Jungen. Spätestens 1960 Geborene müssen für Teile ihrer gesetzlichen Rente Steuern zahlen, für die sie bereits bei der Einzahlung ihrer Beiträge Steuern bezahlt haben. So ist bei einem heute 47-Jährigen von seiner Rente so viel steuerpflichtig, dass er 2 Prozent seiner Beiträge letztlich doppelt versteuern muss: bei der Einzahlung und bei der Auszahlung.
Wer 1973 geboren wurde, gehört zum ersten Jahrgang, dessen gesetzliche Rente 2040 zu 100 Prozent für die Steuer zählt. Dieser Jahrgang kann aber seine Beiträge erst ab dem Jahr 2025 zu 100 Prozent steuerfrei einzahlen. Umgerechnet auf alle Jahre der Einzahlung bleiben nur knapp 82 Prozent der Beiträge steuerfrei.
Ein heute 32-jähriger Alleinstehender mit einem Bruttolohn von 3 500 Euro im Monat muss bei Beginn seines Ruhestands im Jahr 2042 mit einer Rentenlücke von 993 Euro rechnen, wenn er weder einen Riester-Vertrag noch eine betriebliche Altersvorsorge abgeschlossen hat. In Kaufkraft von 2007 gerechnet wären dies 590 Euro, wenn man eine Inflationsrate von 1,5 Prozent annimmt. Ihm fehlen gut 29 Prozent von dem Betrag, mit dem er im Alter seinen Lebensstandard halten kann (siehe Tabelle).
Bei Verheirateten ist die Lücke größer als bei Alleinstehenden. Der Grund: In ihrer aktiven Zeit bleibt ihnen vom Gehalt mehr netto übrig als den Singles. Die Differenz zwischen Gehalt und Rente ist also größer. Dabei sind wir von einem verheirateten Alleinverdiener ausgegangen, dessen Partner nichts verdient. Wenn dagegen beide Ehepartner berufstätig sind und in etwa gleich viel verdienen, bleibt ihnen jeweils netto etwa so viel wie Alleinstehenden. In dieser Spalte der Tabelle finden sie dann auch ihre Rentenlücke.
Wäre der 32-Jährige aus unserem Beispiel oben verheiratet und seine Frau nicht berufstätig, betrüge die Differenz zwischen seiner gesetzlichen Rente und 80 Prozent seines letzten Nettogehalts 1 251 Euro.
Riester-Rente ist erste Wahl
Um die gesetzliche Rente zu ergänzen, ist eine Riester-Rente erste Wahl. Die staatliche Förderung sorgt für erkleckliche Renditen. Wenn ein 32-Jähriger ab 2008 den Höchstbetrag von 4 Prozent seines Bruttolohns (maximal 175 Euro im Monat) in einen Riester-Vertrag investiert, kann er im Alter mit einer monatlichen Rente von 718 Euro brutto rechnen, wenn die Rendite des Produkts selbst 4 Prozent beträgt. Bei Berücksichtigung der Kaufkraft von 2007 wäre die Riester-Rente aber nur 426 Euro wert.
Investiert ein heute 27-Jähriger den maximal geförderten Beitrag, kommt er im Jahr 2047, dem Jahr seines Rentenbeginns, sogar auf eine Riester-Rente von 896 Euro brutto im Monat. Allerdings wäre sie bei einer angenommenen jährlichen Inflationsrate von 1,5 Prozent in heutiger Kaufkraft nur knapp 500 Euro wert.
Eine Riester-Rente allein kann die Rentenlücke jedoch keinesfalls schließen. So fehlen einem 1950 geborenen Alleinstehenden mit einem Bruttoeinkommen von 4 500 Euro im Alter 374 Euro, um die Differenz zwischen seiner gesetzlichen Rente und 80 Prozent seines letzten Nettoeinkommens zu überbrücken.
Wenn er einen Riester-Vertrag abgeschlossen hat und dafür die maximale staatliche Förderung nutzt, fehlen ihm noch 286 Euro. Die Lücke wird also kleiner, aber nicht geschlossen. Einem 1975 geborenen alleinstehenden Riester-Sparer mit einem Bruttoverdienst von 4 500 Euro fehlen sogar noch 780 Euro zwischen der gesetzlichen Rente plus Riester-Rente und 80 Prozent seines letzten Nettoeinkommens.
So gilt vor allem für Jüngere die betrübliche Erkenntnis: Riestern allein reicht nicht, um die Rentenlücke vollständig zu schließen und die angestrebten 80 Prozent des Nettoendgehalts zu erreichen.
Zusätzliche Betriebsrente
Die Rentenlücke kann mit einer betrieblichen Altersvorsorge weiter reduziert werden. Günstig ist es, wenn bereits Ansprüche auf eine vom Arbeitgeber finanzierte Betriebsrente bestehen. Jeder Arbeitnehmer hat zudem seit 2002 einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung, also die Umwandlung von steuer- und sozialabgabenfreien Gehaltsteilen in eine betriebliche Altersvorsorge. Bis zu 2 520 Euro jährlich können auf diese Weise für den Aufbau einer betrieblichen Zusatzrente verwendet werden.
Da die Bundesregierung beschlossen hat, dass Beträge zur betrieblichen Altersvorsorge auch nach 2008 sozialabgabenfrei sind, bleibt die Betriebsrente via Entgeltumwandlung attraktiv und nach der privaten Riester-Rente zumindest zweite Wahl. Allerdings bleibt immer noch eine Differenz von mindestens 8 Prozent zum angestrebten Versorgungsniveau im Alter, wenn der Arbeitnehmer sowohl Riester-Förderung als auch Betriebsrenten-Förderung mitnimmt (siehe die letzten vier Spalten der Tabelle).
Noch mehr sparen?
Die Beispiele zeigen, dass es schwer wird, seinen Lebensstandard im Alter ohne die Riester-Rente und eine betriebliche Altersversorgung zu halten. Vollständig überbrücken kann man die Differenz zwischen gesetzlicher Rente und 80 Prozent des letzten Nettolohns auch damit nicht.
Um die Lücke weiter zu verringen, können Vorsorgesparer zusätzliches Geld in eine Betriebsrente stecken. So können zu den oben genannten steuer- und sozialabgabenfreien 2 520 Euro weitere 1 800 Euro im Jahr steuerfrei für eine Betriebsrente gespart werden, wenn der Arbeitnehmer keinen vor 2005 begonnenen Direktversicherungsvertrag hat. Auf diesen Beitrag sind allerdings Sozialabgaben fällig.
Eine weitere Sparmöglichkeit ist eine private Rentenversicherung. Dafür gibt es in der Sparphase keine Steuererleichterung. Allerdings wird später die Rente nur gering besteuert. Fließt die erste Rente mit 65 Jahren, muss der Ruheständler nur 18 Prozent von ihr versteuern.
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@solluna:
Genau! Das hört oder liest man immer wieder "Man müsste mal sehr genau nachrechnen, ob ..."
Aber bedauerlicherweise tut es nie Jemand und veröffentlicht seine Betrachtungen, damit man mal eine Ahnung von der Komplexität dieses Vorhabens bekommt!
Soweit das Gehalt, das umgewandelt wird, von Sozialabgaben befreit ist, werden auch keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet, so dass die dort angesparte Rente verringert wird. Außerdem wird nichts in die Arbeitslosenversicherung entrichtet, so dass auch dort das Arbeitslosengeld niedriger ausfallen wird, gleichfalls die Ansprüche auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente.
Da auch die Beiträge in die gesetzliche Krankenversicherung durch Gehaltsumwandlung vermindert werden, verringern sich die Ansprüche auf Krankengeld. Man müsste sehr genau nachrechnen, inwieweit nicht eine private Rentenversicherung gegenüber einer Betriebsrente durch Gehaltsumwandlung vorteilhafter wäre.