Die Ersten der Generation Babyboomer gehen jetzt in Rente. Viele wollen noch ein bisschen arbeiten. In manchen Fällen ist der Job sogar frei von Steuern und Sozialabgaben. Hier lesen Sie, wie Rente und Job in Einklang gebracht werden können, was es mit der geplanten Flexi-Rente auf sich hat und was Ehrenamtliche steuerfrei kassieren dürfen.
Keinesfalls komplett raus trotz Rente
Komplett raus aus dem Arbeitsleben und die Beine hochlegen – das will der 64-jährige Gerd Schürmann keinesfalls, wenn er im Juli 2017 in Rente geht. „Erstmal möchte ich mit meiner Frau ein paar Wochen mit dem Wohnmobil reisen, dann aber auch gern wieder etwas arbeiten.“ Schürmann fühlt sich fit. Er informiert sich über sozial- und steuerrechtliche Regeln für arbeitende Ruheständler. Das sollte jeder tun, der neben der Rente jobbt. So lassen sich Fehler vermeiden, zum Beispiel bei den Krankenversicherungsbeiträgen.
Tipp: Sie wollen gar nicht arbeiten, sondern früher in Rente? Dann bietet Ihnen unser Special Früher in Rente die richtigen Informationen. Sind Sie schwerbehindert, gelten besondere Regeln Rente für Schwerbehinderte.
Mit 65 ist längst nicht Schluss
Noch ist der Informatiker in leitender Position angestellt. Mit dem Wunsch, trotz Rente tätig zu bleiben, gehört er einer wachsenden Gruppe an. Heute sind mehr als doppelt so viele 65- bis 69-Jährige erwerbstätig wie 2005: nach Angaben des Statistischen Bundesamts 14,5 Prozent. Für Angestellte endet das Arbeitsverhältnis normalerweise mit der Regelaltersgrenze. Für Menschen wie Schürmann bieten sich verschiedene Möglichkeiten, nach Erreichen der Grenze weiter zu arbeiten. Sie können sich vom bisherigen Arbeitgeber weiter beschäftigen lassen und so die Rentenauszahlung nach hinten verschieben. Sie können ihre Rente kassieren und sich beispielsweise ein Extra durch einen Minijob dazuverdienen. Sie können ehrenamtlich arbeiten oder Tätigkeiten auf Honorarbasis übernehmen. Schürmann will freiberuflich beratend tätig sein: „Das schenkt mir die größtmögliche Freiheit.“ Die volle Rente ohne Abzüge bekommt er wie jeder andere, wenn er die Regelaltersgrenze erreicht und mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat. Seit 2012 steigt die Altersgrenze schrittweise von 65 auf 67 Jahre. Gerd Schürmann ist 1952 geboren. Er arbeitet bis zum 65. Lebensjahr plus sechs Monate, bevor er in Rente geht.
Die Rente aufschieben
Immer häufiger werden ältere Kollegen von ihren Chefs gefragt, ob sie ihren Rentenbeginn aufschieben und versicherungspflichtig weiterarbeiten wollen. „Für diejenigen, die Spaß an der Arbeit haben und sich gesundheitlich fit fühlen, ist das eine gute Option“, sagt Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung Bund.
105 Euro pro Monat mehr
Über die Regelaltersgrenze hinaus zu arbeiten, erhöht die Rente. Pro Monat steigt der Anspruch um 0,5 Prozent, hinzu kommen die dann weiter eingezahlten Rentenbeiträge von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Einem Durchschnittsverdiener mit 40 Beitragsjahren in den alten Bundesländern, der ein Jahr länger arbeitet als vorgesehen, bringt das 105 Euro Rente im Monat mehr: 1 323 statt 1 218 Euro. Im Jahr 2015 gingen 20 600 Versicherte mit Zuschlägen in Rente – 35 Prozent mehr als 2013. Beschäftigte können auch weiter arbeiten und gleichzeitig ihre Regelaltersrente beziehen. Dann zahlt der Arbeitgeber weiter Rentenbeiträge für sie. Ihre Rente erhöht sich dadurch aber nicht mehr.
Künftig vielleicht auch Teilzeit
Rente kassieren, geringfügig bis 450 Euro arbeiten und damit die eigene Rente erhöhen – das ist dagegen bisher nicht möglich. Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Flexi-Rente soll das ändern (siehe Interview Marina Herbrich). Es soll einfacher werden, vor Erreichen der Regelaltersgrenze vom Beruf in die Rente zu wechseln. Zudem soll es leichter werden, trotz der Rente weiter sozialversicherungspflichtig zu arbeiten und höhere Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sollen dann für fünf Jahre wegfallen.
Steuerpflicht über 450 Euro Verdienst
Im Ruhestand weiter für die alte Firma zu arbeiten kommt für Gerd Schürmann nicht infrage: „Ich will lieber selbst entscheiden, welchen Auftrag ich annehme.“ Rentner, die ihre Regelaltersgrenze erreicht haben, können so viel dazuverdienen, wie sie wollen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Verdient jemand in einem angestellten Verhältnis mehr als 450 Euro im Monat, muss er allerdings Sozialabgaben zahlen und die Einnahmen versteuern. Auch wer selbstständig tätig ist, muss bei Krankenkasse und Finanzamt angeben, was er einnimmt.
Minijob und Ehrenamt steuerfrei
Am einfachsten ist die Situation mit einem Minijob bis 450 Euro im Monat oder einem Ehrenamt, für das es eine kleine Aufwandsentschädigung gibt. Dann zahlt der Rentner weder Extrabeiträge zur Sozialversicherung noch muss er seinen Verdienst in der Steuererklärung angeben. Rentner mit Minijob müssen keine Rentenversicherungsbeiträge abführen. Das macht allein der Arbeitgeber. Das Gleiche gilt für eine Aufwandsentschädigung im Ehrenamt. Sie bleibt frei von Sozialabgaben und steuerfrei bis zu einer Obergrenze. Die Höhe hängt von der Art der Hilfe ab (Tipps für freiwillige Helfer). Ein Ehrenamt kann manchmal auch ein Minijob sein. In diesem Fall können Helfer mehr Geld steuer- und sozialversicherungsfrei erhalten als nur mit Minijob allein. 510 Euro im Monat können es zum Beispiel für einen Platzwart sein, der auch Hausmeisteraufgaben im Verein übernimmt. Für seine freiwillige Tätigkeit darf er 720 Euro im Jahr steuerfrei hinzuverdienen, pro Monat 60 Euro (1/12 von 720 Euro) plus 450 Euro für den Minijob.
Auf Honorarbasis
Mit dem Job ganz aufhören – das war auch für den Bauingenieur Gerhard Kattner nie eine Option. Der 86-Jährige hat inzwischen 70 Jahre Arbeitsleben hinter sich. „Es hat mir stets Spaß gemacht, mich mit neuen Methoden auseinanderzusetzen und mich mit jüngeren Kollegen auszutauschen.“ Nachdem er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im öffentlichen Dienst mit 65 Jahren laut Arbeitsvertrag in Rente gehen musste, suchte er sich einen neuen Job – als freier Mitarbeiter in einem Ingenieurbüro. Dort arbeitete er 20 Jahre lang, oft acht Stunden am Tag. Erst seit Februar tritt er kürzer – wegen der Gesundheit – und erledigt kleinere Aufträge von zu Hause aus.
Krankenversicherung prüfen
Die Einnahmen, die Kattner aus dem Zuverdienst erhält, muss er versteuern und Extrabeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. In die gesetzliche Krankenkasse zahlt der 86-jährige Rentner so zweimal ein. Seine Rente und seine Einnahmen aus der Selbstständigkeit werden getrennt berechnet. Für die gesetzliche Rente aus seinem ehemaligen Job gilt Kattner als pflichtversichert. Er zahlt die Hälfte des allgemeinen Beitrags von 14,6 Prozent. Die andere Hälfte trägt die Rentenversicherung. Den Zusatzbeitrag seiner Kasse von 1 Prozent und seinen Beitrag zur Pflegeversicherung trägt Kattner allein – 2,35 Prozent, da er Kinder hat (2,55 Prozent ab 2017). Für Kinderlose steigt der Beitrag von 2,6 auf 2,8 Prozent. Für sein Extraeinkommen zahlt der Ingenieur nochmal Beiträge – als freiwillig Versicherter: die kompletten 14,6 Prozent an die Krankenkasse plus Zusatzbeitrag plus Pflegeversicherung.
Tipp: Überprüfen Sie Ihre Zahlungen an die Krankenkasse. Wie für alle anderen werden Beiträge auch für Rentner nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze fällig. Wer als Rentner im Jahr 2016 Einkünfte von mehr als 4 237,50 Euro monatlich hat, muss auf darüberliegende Einkünfte keinen Beitrag mehr bezahlen. Auf Antrag zahlt die Kasse zu viel gezahltes Geld zurück.
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@wobeco: Ja, auch wer in 2023 bei der bisherigen Arbeitgeberin (voll) weiterarbeitet kann parallel die Frührente beziehen, ohne eine Kürzung der Frührente zu befürchten. So steht es im Gesetzesentwurf:
https://dserver.bundestag.de/btd/20/039/2003900.pdf
Ich habe die Minderung einer vorgezogenen Altersrente durch Einzahlung vollständig ausgeglichen und könnte in 2023 die Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen; zugleich soll ab 2023 die Hinzuverdienstgrenze für vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente aufgehoben werden.
Heißt das, dass ich ab 2023 die ungekürzte Altersrente beantragen und ausgezahlt UND aus meinem aktuellen Arbeitsvertrag fortlaufend bis zur Regelaltersgrenze (oder früher beendet durch eigene Kündigung) ein rentenversicherungspflichtiges Gehalt OHNE negative Auswirkung auf die Altersrente zusätzlich erhalten kann?
@471peterg: In der Regel zahlen Sie als Mitglied der KdVR keinen Krankenversicherungsbeitrag für den Lohn aus einem Minjob, solange die nicht mehr als 450 Euro / Monat verdienen. Bei der Berechnung der Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung zählt der Lohn aus dem Minijob mit. Warum in Ihrem konkreten Fall Beiträge anfallen (und ob das so richtig ist), bitten wir mit dem Arbeitgeber / der Krankenkasse zu klären. Eine persönliche Beratung zur gesetzlichen Krankenversicherung bekommen Sie bei der UPD: /www.patientenberatung.de, 0800 011 77 22 (gebührenfrei aus allen Netzen). (maa)
Als Rentner bin ich in der gesetzlichen Krankenkassen pflichtversichert,arbeite aber noch im Minijob
bis 450 Euro.Wieso werden mir nochmal Monatl. Krankenkassen Beiträge von den 450 Euro abgezogen?
Sie können die aktuellen Daten selbst auf der Homepage der DRV nachlesen.
"Macht das Sinn?" Das kommt m.E. auf die Lebenssituation, die bisherige Erwerbsbiographie und die persönliche Betrachtungsweise an. Wenn man eine Altersrente als eine monatliche Zinsauszahlung bis zum Lebensende und als Teil einer Hinterbliebenenversorgung betrachtet, ist es zumindest nicht unsinnig freiwillige Beiträge auf sein Rentenkonto einzuzahlen. Wer das eingezahlte Geld allerdings irgendwann vollständig zurück erhalten will, sollte sich anders entscheiden. Wer -theoretisch- im bereits fortgeschrittenen Alter bei Kontostand null starten würde, ohne dass in früheren Jahren jemals Beiträge auf das Rentenkonto eingezahlt wurden, käme mit vertretbarem Aufwand nicht allzu weit. Der einzuzahlende Betrag und die erzielbare Rente stünden in keinem sinnvollen Verhältnis.