
Spezielle Altersrente. Wer einen Grad der Behinderung von mindestens 50 nachweisen kann, darf früher aus dem Berufsleben ausscheiden. © Getty Images / Westend61 / Sigrid Gombert
Menschen mit Schwerbehinderung können früher in Rente gehen. Wir zeigen, ab wann und unter welchen Voraussetzungen – und wie sich die frühe Rente finanziell auswirkt.
Spezielle Rente für schwerbehinderte Menschen
Sie sind alles andere als eine Randgruppe: In Deutschland gibt es rund 8 Millionen Menschen mit Schwerbehinderung. Erwerbstätig sind von ihnen aktuell gut 1,1 Millionen, so die Bundesagentur für Arbeit. Sie können später eine besondere Rente beziehen: die Altersrente für Schwerbehinderte. Die ermöglicht es, deutlich vor der allgemeinen Regelaltersgrenze in Rente zu gehen. Nutzen können diese Rente Versicherte, wenn sie
- die entsprechende Altersgrenze erreicht haben,
- einen Grad der Behinderung von mindestens 50 nachweisen und
- auf insgesamt 35 Versicherungsjahre kommen.

Behinderungsgrad im Jahr 2021 © Statistisches Bundesamt (Destatis) 2023
Grad der Behinderung von mindestens 50
Der Grad der Behinderung – kurz GdB – ist ein Maß, wie stark sich eine gesundheitliche Beeinträchtigung körperlich, geistig oder seelisch im Alltag auswirkt. Er kann zwischen 20 und 100 liegen und wird in Zehnerschritten gestaffelt. Mehr zum GdB und welch wichtige Rolle er beim frühen Renteneintritt spielt, erfahren Sie in unserem Interview mit Daniel Overdieck, Leiter der Rechtsabteilung Bayern beim gemeinnützigen Sozialverband VdK.
Das Wichtigste in Kürze
Rentenstart. Versicherte mit Schwerbehinderung können zwei Jahre vor der allgemeinen Regelaltersgrenze in Rente gehen; mit Abschlägen auch noch früher. Abschläge mindern die Rente allerdings teils deutlich.
Ausweis. Um vorzeitig die Rente beziehen zu können, brauchen Sie einen Schwerbehindertenausweis. Zuständig sind die Versorgungsämter der einzelnen Bundesländer. Einen Überblick über die einzelnen Ausgabestellen finden Sie auf der Seite Einfach teilhaben. Was der Schwerbehindertenausweis bringt und wie man ihn bekommt, erklären wir im Special Schwerbehindertenausweis: Wie der Nachweis das Leben erleichtert.
Voraussetzung. Die Altersrente für Menschen mit Schwerbehinderung kommt nur dann in Betracht, wenn Sie zum Zeitpunkt Ihres Rentenantrags mindestens einen Grad der Behinderung von 50 haben und auf mindestens 35 Versicherungsjahre kommen.
Beratung. Um Ihre Rente optimal zu gestalten, sollten Sie möglichst schon einige Jahre vor dem gewünschten Rentenbeginn Kontakt zu Ihrem Rentenversicherungsträger suchen. Unter 0 800/10 00 48 00 berät Sie die Deutsche Rentenversicherung. Die Mitarbeiter helfen Ihnen festzustellen, ob Sie die erforderliche Mindestversicherungszeit erfüllen und wie sich ein vorzeitiger Rentenbeginn finanziell für Sie auswirken wird.
Probleme. Wenden Sie sich bei Streitigkeiten mit der gesetzlichen Rentenversicherung an Fachleute, etwa Sozialverbände wie den VdK oder den Sozialverband Deutschland (SoVD), an Rentenberater oder Sozialrechtsanwälte. Fragen Sie vorher aber immer nach deren Kosten.
Erwerbsminderung. Sie sind zu jung für eine Altersrente, aber fühlen sich für einen vollen Job zu beeinträchtigt? Dann kommt unter Umständen eine Erwerbsminderungsrente für Sie infrage.
Voraussetzung: 35 Versicherungsjahre
Neben dem Grad der Behinderung gibt es noch eine zweite Voraussetzung, die Versicherte erfüllen müssen, um Anspruch auf die Altersrente für Schwerbehinderte zu haben. Sie müssen mindestens 35 Jahre rentenversichert gewesen sein. Das hört sich nach einer langen Zeit an, verliert aber seinen Schrecken ein wenig, wenn man sieht, dass nicht nur Zeiten aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung dazu gehören, sondern auch viele andere Zeiten. Deshalb sind die 35 Jahre dann doch für viele erreichbar.
Zeiten, die zählen
Für die Altersrente für Menschen mit Schwerbehinderung zählen Zeiten, in denen sie
- sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren,
- selbstständig sozialversicherungspflichtig tätig waren, etwa als Handwerker, Lehrer oder Musiker,
- ab dem 17. Lebensjahr zur Schule gegangen sind oder studiert haben (insgesamt acht Jahre),
- Kinder erzogen haben (bis zum zehnten Geburtstag des jüngsten Kindes),
- freiwillig Beiträge an die Rentenkasse gezahlt haben,
- Angehörige gepflegt haben,
- Krankengeld, Arbeitslosengeld 1 oder Übergangsgeld bezogen haben,
- im Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2010 Arbeitslosengeld 2 bezogen haben,
- in der DDR politisch verfolgt wurden.
- Zusätzlich zählen auch Zeiten, die ihnen nach einer Scheidung im Rahmen des Versorgungsausgleichs auf Ihr Konto übertragen wurden.
Bis zu fünf Jahre vor der Regelaltersgrenze in Rente
Die Altersrente für Schwerbehinderte ermöglicht es Versicherten, zwei Jahre früher in Rente zu gehen, ohne dass dabei Rentenabzüge – die sogenannten Abschläge – anfallen. Nehmen Schwerbehinderte Abschläge in Kauf, können sie sich bis zu fünf Jahre vor der allgemeinen Regelaltersgrenze zur Ruhe setzen.
Beispiel
Unser Beispielversicherter ist am 10. Januar 1962 geboren. Die allgemeine Altersgrenze liegt für ihn bei 66 Jahren und acht Monaten. Da er schwerbehindert ist, kann er zwei Jahre früher abschlagsfrei die Altersrente beziehen – mit 64 Jahren und acht Monaten. Seine abschlagsfreie Rente würde zum 1. Oktober 2026 starten. Ist ihm das zu lang, kann er bis zu weitere drei Jahre früher seine Rente beziehen, wenn er die Abschläge bei der Rente in Kauf nimmt. Sein frühester Rentenstart wäre also mit 61 Jahren und acht Monaten. Konkret: am 1. Oktober 2023.
Renteneintrittsalter steigt auf 65 Jahre
Während die Grenze für die allgemeine Altersrente stufenweise von 65 Jahren auf 67 Jahre ansteigt, erhöht sich das reguläre Renteneintrittsalter bei der Rente für Schwerbehinderte von 63 Jahren auf 65 Jahre (siehe Tabelle unten). Regulär meint, dass keine Abschläge anfallen. Schwerbehinderte Versicherte des Jahrgangs 1964 werden die Ersten sein, die erst mit 65 Jahren ihre Rente beziehen können. Wer noch bis zu drei weitere Jahre früher geht, muss mit kräftigen Rentenabzügen rechnen.
Tipp. Unser Renteneintrittsrechner zeigt Ihnen, wann Sie genau in Rente gehen können und wie hoch Ihre Abschläge ausfallen.
Altersrente für Menschen mit Schwerbehinderung
So erhöht sich der reguläre Rentenstart ohne Abschläge für Menschen mit Schwerbehinderung.
Jahrgang |
Alter (Jahre + Monate) |
Rentenstart zwischen (Monat/Jahr) |
1959 |
64 + 2 |
03/2023–03/2024 |
1960 |
64 + 4 |
05/2024–05/2025 |
1961 |
64 + 6 |
07/2025–07/2026 |
1962 |
64 + 8 |
09/2026–09/2027 |
1963 |
64 + 10 |
11/2027–11/2028 |
Ab 1964 |
65 |
Ab 1/2029; immer nach Vollendung des 65. Lebensjahres |
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@Fischiman: Eine Teilaltersrente ist auch mit einer Schwerbehinderung möglich, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Einschränkungen gibt es beim Hinzuverdienst lediglich beim Bezug einer Erwerbsminderungsrente. Bitte lassen Sie sich vorab bei der Rentenversicherung beraten. www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Muttertexte/service/beratung/beratungsstellen_in_ihrer_naehe.html
Kann ich mit einer behinderung von 50prozemz auch eine teilrente beantragen
Wenig bekannt scheint zu sein, das, seit einer Gesetzesänderung, überraschenderweise die Erwebsminderungs-Rente u.U. höher sein kann als die vorgezogene Altersrente.
Vereinfacht gesagt fehlen der vorgezogenen Altersrente ja die letzten Beitragsjahre. Bei der Erwebsminderungs-Rente wird aber so getan, als ob man bis zur "offiiziellen" Rente eingezahlt hätte.
Mal durchrechnen lassen und schauen ob man nicht eigentlich zukrank zum Arbeiten ist, wenn man jeden Tag die Zähne zusammenbeißen muß.
(Details dazu anderen Artikel hier)
Kommentar vom Autor gelöscht.
"Menschen mit Schwerbehinderung können früher in Rente gehen. "
sollte
"... Altersrente beziehen.".
werden...
Es gibt keinen "Automatismus: Rente beziehen = Arbeitsvertrag beendet"
Das erfordert einzelvertragliche arbeitsrechliche Verträge!
Man muß natürlich daran denken, dass einem so Entgelt-Punkte entgehen, es einen Einkommensdeckel und Hinzuverdienst-Grenze gibt und die Rente voll versteuert wird(je nach Alter). In Grunde kann es sich nur rechnen, wenn man sowieso seine Arbeitszeit reduzieren wollte, auch wenn wg. Corona die Hinzuverdienst-Grenze nicht so stark wirkt.
Relevant für den "Hinzuverdienst" sind nur die Monate, in denen Rente bezogen werden konnte. Der Freibetrag gilt aber immer komplette Summe, auch wenn man nur im Dezember Rente bezogen.
BTW:
Man kann Rente auch rückwirkend beantragen, aber dann werden auch nur die Entgelt-Punkte von dem Startpunkt verwendet, die "Neuen" sind aber nicht verloren. Son zu beginn der Regelsalterrente wird das nochmal neu gerechnet.