
Ein Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente ist keine Kleinigkeit. Worauf es ankommt, zeigt unsere Analyse von drei Fällen und 143 Gerichtsurteilen.
Wenn es darauf ankommt und der Ernstfall eintritt, ist es wichtig, dass ein Berufsunfähigkeitsversicherer schnell zahlt. Fast jeder Vierte muss vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden, aufgrund einer schweren Erkrankung oder nach einem Unfall.
Hat der Berufsunfähige mit einer privaten Versicherung vorgesorgt, gleicht die vereinbarte Rente im Idealfall seinen Einkommensverlust bis zum Beginn der Altersrente finanziell aus – oder federt ihn zumindest ab.
Manchmal nur befristet
Ein häufiger Vorwurf lautet: Wenn es ums Geld geht, tun sich Versicherer schwer. Doch in vielen Fällen bekommen Berufsunfähige ihre Rente. Das belegen drei Studienergebnisse, die Finanztest vorliegen: Die Leistungsquote liegt im Durchschnitt bei etwa 70 Prozent – höher als vielfach vermutet. Manchmal werden Berufsunfähigkeitsrenten aber nur befristet anerkannt. Danach prüft der Versicherer erneut, ob Berufsunfähigkeit vorliegt.
Police prüfen
Die durchschnittlich versicherte Berufsunfähigkeitsrente beträgt zurzeit 1 000 Euro pro Monat. Wird jemand berufsunfähig, ist er im Schnitt 47 Jahre alt.
In Deutschland gibt es knapp 17 Millionen Verträge, etwa 13 Millionen davon sind Lebensversicherungen mit einem Zusatzschutz, der bei Berufsunfähigkeit greift.
„Außerdem ist manchen nicht klar, dass sie in ihren Renten- oder Lebensversicherungen zwar keine Berufsunfähigkeitsrente, aber dennoch einen Mini-Berufsunfähigkeitsschutz in Form einer Beitragsbefreiung vereinbart haben“, erklärt Fachanwalt Oliver Roesner aus Heidelberg. „Es kann sich lohnen, die Policen zu prüfen.“
Der Antrag ist komplex
Versicherte können einiges dafür tun, damit ein Versicherer ihre Berufsunfähigkeit anerkennt. „Viele unterschätzen den Leistungsantrag auf die Rente. Er ist ähnlich komplex wie der Abschluss einer Police“, sagt Fachanwalt Peter Dörrenbächer aus St. Wendel. Einem Laien ist oft nicht klar, worauf es dem Versicherer ankommt: Manchmal reicht eine schwere Krankheit nicht aus, um den Versicherer von einer Berufsunfähigkeit zu überzeugen. „Wichtig ist eine Tätigkeitsbeschreibung, aus der eindeutig hervorgeht, warum jemand aufgrund seines Gesundheitszustands nicht mehr in der Lage ist, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit fortzuführen.“
Missverständnisse gibt es auch um die Begriffe „Arbeitsunfähigkeit“ und „Berufsunfähigkeit“. Sie haben in der Versicherungswelt unterschiedliche Bedeutungen.
Auf Augenhöhe
Um mit dem Versicherer auf Augenhöhe zu kommunizieren und Fallstricke zu vermeiden, empfiehlt Professor Christian Armbrüster vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin: „Versicherungsnehmer sollten sich im Zweifel schon beim Leistungsantrag rechtlich beraten lassen.“ Eine juristische Beratung hilft, keine Fehler zu machen. Auch einige Verbraucherzentralen und Versicherungsberater bieten Hilfe an.
Lehnt ein Versicherer die Leistung ab, gibt es immer noch die Möglichkeit, vor Gericht zu ziehen. Die Chance, einen Prozess zu gewinnen und die Rente doch noch durchzusetzen, liegt bei 50 : 50. Das belegt ein Rechtsgutachten, in dem Finanztest 143 Gerichtsurteile ausgewertet hat (Vor Gericht ist jeder Zweite erfolgreich).
Anhand von drei Fällen „Fair reguliert, Streit verloren, Streit gewonnen“ geben wir Einblick in die Regulierungspraxis der Versicherer. Außerdem sagen wir, wie Versicherte Schritt für Schritt vorgehen sollten, um beim Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsrente alles richtig zu machen.
70 Prozent der Antragsteller bekommen ihre vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente ohne Rechtsstreit.