Die Berufsunfähigkeitsversicherung gehört zu den wichtigsten Policen: Fast jeder vierte Berufstätige muss vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden – wegen einer schweren Erkrankung oder eines Unfalls. Tritt der Ernstfall ein, ist es wichtig, dass der Versicherer schnell zahlt. Wir haben 143 Gerichtsentscheide analysiert, geben Einblick in die Regulierungspraxis der Versicherer und erklären Schritt für Schritt, wie Versicherte vorgehen sollten, wenn sie einen Leistungsantrag stellen.
Durchschnittsalter liegt bei 47 Jahren
Wer berufsunfähig wird, ist im Schnitt 47 Jahre alt. Im Idealfall gleicht die Rentenleistung aus einer privat abgeschlossenen Berufsunfähigkeitspolice den Einkommensverlust aus – oder federt ihn zumindest ab. In Deutschland gibt es knapp 17 Millionen Verträge, etwa 13 Millionen davon sind Lebensversicherungen mit Berufsunfähigkeits-Zusatzschutz. Die durchschnittlich versicherte Berufsunfähigkeitsrente liegt zurzeit bei 1 000 Euro pro Monat. Außerdem haben manche in ihren Renten- und Kapitallebensversicherungen eine Beitragsbefreiung für den Fall einer Berufsunfähigkeit vereinbart. Das heißt, für die Versicherungsbeiträge müssen sie dann nicht mehr aufkommen, dennoch bleibt der Renten- oder Lebensversicherungsvertrag bestehen.
Tipp: Die Stiftung Warentest hat aktuell Berufsunfähigkeitsversicherungen getestet. Erfreulich: Fast die Hälfte schneidet sehr gut ab. Zum Test Berufsunfähigkeitsversicherung.
Etwa 70 Prozent der Antragsteller erhalten die vereinbarte Rente
Wenn es ums Geld geht, tun sich Versicherer schwer. So lautet ein häufiger Vorwurf. Doch in der großen Mehrzahl der Fälle bekommen Berufsunfähige mit entsprechender Police auch eine Berufsunfähigkeitsrente. Das belegen drei Studienergebnisse, die Finanztest vorliegen: Die Leistungsquote liegt im Durchschnitt bei etwa 70 Prozent – höher als vielfach vermutet. Manchmal wird die Berufsunfähigkeit aber nur für einen befristeten Zeitraum anerkannt. Danach prüft der Versicherer erneut, ob Berufsunfähigkeit vorliegt.
Der Leistungsantrag ist komplex
Versicherte können einiges dafür tun, damit ein Versicherer ihre Berufsunfähigkeit anerkennt. „Viele unterschätzen den Leistungsantrag auf die Rente. Er ist ähnlich komplex wie der Abschluss einer Police“, sagt Versicherungsfachanwalt Peter Dörrenbächer aus St. Wendel, der nur Versicherungsnehmer vertritt. Einem Laien ist oft nicht klar, worauf es dem Versicherer ankommt: Manchmal reicht eine schwere Krankheit nicht aus, um den Versicherer von einer Berufsunfähigkeit zu überzeugen. „Wichtig ist eine Tätigkeitsbeschreibung, aus der eindeutig hervorgeht, warum jemand aufgrund seines Gesundheitszustands nicht mehr in der Lage ist, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit fortzuführen.“
Auf Augenhöhe mit dem Versicherer kommunizieren
Um mit dem Versicherer auf Augenhöhe zu kommunizieren und Fallstricke zu vermeiden, sollten sich Versicherungsnehmer im Zweifel schon beim Leistungsantrag rechtlich beraten lassen. Eine juristische Beratung hilft, keine Fehler zu machen. Auch einige Verbraucherzentralen und Versicherungsberater bieten Hilfe an. Für die Beratungskosten müssen Versicherte allerdings selbst aufkommen. Sie sind kein Fall für die Rechtsschutzversicherung.
Chance vor Gericht liegt bei 50 : 50
Lehnt ein Versicherer die Leistung ab, gibt es immer noch die Möglichkeit, vor Gericht zu ziehen. In der Regel übernimmt ein Rechtsschutzversicherer die Kosten für den Rechtsstreit. Die Chance, einen Prozess zu gewinnen und die Rente doch noch durchzusetzen, liegt bei 50 : 50. Das belegt ein Rechtsgutachten, für das Finanztest 143 Gerichtsurteile ausgewertet hat.
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Geld zu sparen und/oder anzulegen ist es überhaupt nicht unrealistisch, was Sie vorschlagen. Kurz meine eigenen Erfahrungen zu diesem Thema: Ich hatte früher bei einem bekannten Versicherer für zehn oder zwölf Jahre einen BU-Versicherungsvertrag zu damals noch sehr günstigen Konditionen abgeschlossen. Nach Beendigung dieses Vertrages habe ich darüber nachgedacht, quasi im Anschluß, eine weitere BUV abzuschließen. Die Angebote, die ich daraufhin, auch von anderen Versicherern, erhielt, waren aus meiner Sicht völlig inakzeptabel. Inzwischen bin ich halbwegs gesund im Ruhestandsalter angelangt und müsste mich _eigentlich_ bei eben diesen Versicherern dafür bedanken, dass ich das ersparte Geld anderweitig verwenden konnte, nämlich (u.a.) für eine preisgünstige Unfallversicherung und eine preisgünstige Risikolebensversicherung. Das Glück ohne wesentliche Beeinträchtigungen den Ruhestand zu erreichen, hat selbstverständlich nicht Jeder, das muss man der Gerechtigkeit halber schon zugeben.
Ich würde das alles ganz pragmatisch sehen: Bevor man sich bei Eintritt des Versicherungsfalles durch diverse Instanzen klagen muss, aufgrund der bekannten Zahlungsmoral diverser Versicherer, spare ich mir rechtzeitig den Betrag X für den Fall der Berufsunfähigkeit selbst an. So muss ich mir nicht beim Vorliegen aller Vorrausetzungen, noch in absurder Weise vor Gericht meinen Versicherungsschutz einklagen. Diese Vorgehensweise hat 2 Vorteile: 1.) Der Versicherer schont seine Kundengelder für die Abwehr von berechtigten Forderungen zum Wohle der Versicherungsgemeinschaft. 2. Der Verbraucher muss nicht nervenaufreibend vor Gericht seinen Anspruch nachweisen. Somit sind beide Seiten zufrieden: Der Versicherer verliert kein Geld, weil er nichts einnimmt! Der Normalverbraucher gibt keine Versicherungsbeiträge aus und kann das Geld auf die hohe Kante legen. Zudem gibt es kein Konfliktpotential mehr und beide sind zufrieden...Absurd, aber wahr...
Ich würde sogar noch weiter gehen. Ich würde die Gesundheitsfragen beantworten und dann der Versicherung die Möglichkeit geben die Informationen die gefragt sind direkt von der Krankenkasse verifizieren zu lassen. Dann gibt es hinterher kein "das haben sie so aber nicht genau angegeben, wir zahlen nicht". Das wäre das optimum. Dann würde ich auch abschließen. Aber so bin ich dem GoodWill der Versicherungen ausgefliefert.
Zitat: "Idealerweise besteht schon eine Rechtsschutzversicherung, bevor jemand eine Berufsunfähigkeitspolice abschließt. Es kann sonst sein, dass bei einem Streit über eine „vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung“ (Wer berät zur Berufsunfähigkeitsrente?) der Rechtsschutzversicherer – je nach Bedingungen – nicht einspringt."
Bleibt zu hoffen, dass "der nette Rechtsschutzversicherer des Vertrauens" im Fall des Falles keinen Rückzieher macht, sonst wäre der Versicherte sogar der doppelt Geprellte :-7
BU-Versicherungen sind fast immer relativ teuer, sofern sie ausreichende Versicherungssummen haben sollen, darüber sollte man unbedingt _vor_ deren Abschluß nachdenken. Scheinbar gibt es häufiger Fälle, in denen Versicherer versuchen, sich der Leistungspflicht zu entziehen. Sehr wichtig der Hinweis, dass Antragsvordrucke unbedingt sorgfältig und wahrheitsgemäß ausgefüllt werden müssen, um einem Versicherer keinen Anlaß zu geben, womöglich Jahre später die Leistung zu verweigern.
Dieser ganze Mist mit den privaten Versicherungen für solch existenziell wichtige Dinge darf nicht in der Privatwirtschaft liegen. Da hat die Lobby wieder ganze Arbeit geleistet. Lieber die Rentenbeiträge erhöhen und damit dieses Risiko wieder mit abfedern.