
Unsere Tester waren von der „Reiseversicherung to go“ nicht begeistert: Vor allem technische Probleme verhinderten einen ordnungsgemäßen Versicherungsabschluss mithilfe der Allianz ReiseApp. Der Vertreiber der App, die Allianz-Tochter Allianz Global Assistance (AGA) hat nun entschieden, die App vom Markt zu nehmen. Das mit der Entwicklung beauftragte Unternehmen sei insolvent. Die AGA könne keinen Einfluss mehr auf die Funktionsfähigkeit der App nehmen.
Keine Überraschung
Dass die App vom Markt genommen wird, überrascht nicht. Beim Schnelltest der „Reiseversicherung to go“ waren die Experten von Finanztest nicht begeistert. Hier lesen Sie den Schnelltest vom 3. Februar 2015:
Das Angebot
Wer kurzfristig noch eine Woche Urlaub auf Mallorca gebucht hat oder spontan eine Städtereise nach Prag übers Wochenende machen will und keine Auslandsreise-Krankenversicherung hat, dem soll die kostenlose Allianz ReiseApp helfen. Der Anbieter wirbt damit, dass die Allianz ReiseApp den Nutzer automatisch daran erinnert, eine Auslandsreise-Krankenversicherung abzuschließen, wenn er ins Ausland reist. Innerhalb von 24 Stunden soll er dann noch über die App einen Vertrag abschließen können, um für die Urlaubsreise im Krankheitsfall geschützt zu sein. Die App gibt es kostenlos für die gängigen Smartphone-Betriebssysteme Android, iOS und Windows Phone. Über 30 000 Nutzer sollen sich die App laut Anbieter bisher heruntergeladen haben. Mit ihrer Hilfe kann eine Versicherungspolice der Allianz Global Assistance (AGA) abgeschlossen werden. Der Tarif kostet 0,90 Cent pro Tag für Einzelpersonen und Familien. Er muss für mindestens zwei Tage abgeschlossen werden und läuft maximal 27 Tage. Bezahlt wird über die Mobilfunkrechnung. Die App soll laut Anbieter nur in den Netzen der Telekom, von Vodafone und O2 funktionieren.
Zusatzfunktionen
Neben der Auslandsreise-Krankenversicherung enthält der Tarif einen so genannten „Handy-Missbrauchsschutz“: Schäden, die durch den Missbrauch des Mobiltelefons nach einem Raub oder Diebstahl entstehen, werden laut Vertrag bis zu einer Höhe von 400 Euro ersetzt. Also etwa dann, wenn der Dieb Telefon- oder Internetkosten verursacht. Neben der Funktion, mit der App eine Reiseversicherung abschließen zu können, wirbt der Anbieter noch mit anderen Features: weltweite Notrufnummern sowie Reise- und Länderinformationen sollen in der App gespeichert sein. Sie enthält einen Dokumentensafe, um Reisedokumente verschlüsselt aufzubewahren. Zudem soll sie eine Übersetzungsfunktion für Texte zum Beispiel auf Medikamentenverpackungen und einen Währungsrechner bieten. Diese Zusatzfunktionen hat die Stiftung Warentest nicht geprüft.
Erinnerungsfunktion versagt
Getestet wurde die App mit den gängigen Versionen von Android und iOS auf aktuellen Smartphones unterschiedlicher Hersteller. Während der Weihnachtsferien reisten 8 Testpersonen ins europäische Ausland. Jeweils vier hatten auf ihren Smartphones Googles Android-Betriebssystem oder Apples iOS installiert. Windows Phone wurde wegen der geringen Marktbedeutung nicht getestet. Die Tester sollten sich so verhalten, wie sie es normalerweise bei einer Auslandsreise immer tun und keine besonderen Einstellungen an ihrem Handy vornehmen. Sobald unsere Tester im Ausland ankamen, sollte eigentlich die versprochene automatische Erinnerung durch die App auf ihrem Handydisplay erscheinen. Doch egal ob sie mit dem Auto, der Fähre oder dem Flugzeug reisten, in vielen Fällen blieb die App stumm. iPhone Nutzer erhielten eine Erinnerung, wenn sie beim Download der App den Zugriff auf die „Ortungsdienste“ erlaubt hatten. Allerdings erst Stunden nach Ankunft im Urlaubsland. Von den Testpersonen mit Android-Smartphone wurde keiner von der App daran erinnert, noch schnell einen Vertrag abzuschließen. Vor oder nach der Installation wurde auch nicht darauf hingewiesen, dass spezielle Einstellungen nötig wären.
Schwierigkeiten bei Vertragsabschluss
Im Ernstfall wären wohl einige Nutzer ohne Versicherungsschutz geblieben, zumindest jene, die auf die Erinnerungsfunktion vertraut hätten. Unsere Tester haben dennoch ausprobiert, ob sie über die App schnell und unkompliziert eine Auslandsreise-Krankenversicherung abschließen können. Denn wenn es dabei zu Verzögerungen kommt, dann wird das für den Nutzer zum Problem: Die Auslandsreise-Krankenversicherung muss nämlich innerhalb von 24 Stunden nach Reiseantritt abgeschlossen werden, sonst gilt sie nicht für die bereits angetretene Reise. Der Versicherungsnehmer bleibt dann ungeschützt und zahlt umsonst.
- Android-Nutzer konnten die zum Vertragsabschluss notwendigen Daten – wie Name und Geburtsdatum – eingeben und abschicken. Daraufhin teilte die App mit, sie sollten auf eine Bestätigung per SMS warten, dass der Versicherer den Antrag auch erhalten habe. Doch die Bestätigung blieb aus. In einem Fall erhielt ein Tester elf Stunden später eine E-Mail mit der Police und den Versicherungsbedingungen. Er konnte sich aber bis dahin nicht sicher sein, ob er an seinem ersten Urlaubstag auch tatsächlich versichert gewesen ist. In einem anderen Fall schloss ein Tester aus Unsicherheit versehentlich zwei Verträge ab, weil er keine Bestätigung erhalten hatte. Und musste doppelt zahlen.
- Für die iPhone-Nutzer war es schon schwierig, den Antrag überhaupt abzuschicken: sie konnten zum Teil die in der App voreingestellten Geburtsdaten für den Versicherungsnehmer und seine Kinder nicht verändern. Sie konnten sich also nicht sicher sein, ob trotz falscher Daten ein Versicherungsschutz besteht. In einem anderen Fall war es nicht möglich die Dauer des Versicherungsschutzes anzupassen. Unser Tester wäre also auf einer längeren Reise ohne Versicherungsschutz geblieben. Ein weiterer Tester versuchte mehrfach erfolglos, einen Vertrag abzuschließen.
Für alle Smartphones gilt: Um die Versicherungspolice per E-Mail auf sein Handy zu erhalten, müssten zusätzlich „Mobile Daten“ aktiviert werden. Wer kein WLAN, etwa im Hotel, zur Verfügung hat, müsste dann gegebenenfalls noch „Roaming“ erlauben. Was nicht empfehlenswert ist, da das Surfen im Ausland zum Teil hohe Kosten verursachen kann.
Andere Auslandsreise-Krankenversicherungen bieten mehr
Bei dem Angebot handelt es sich, anders als der Nutzer vermuten könnte, nicht um einen Tarif der Allianz Krankenversicherung, sondern der zum Konzern gehörenden Allianz Global Assistance (AGA). In der letzten Untersuchung von Finanztest wurde ein Familientarif der AGA mit befriedigend und einer mit ausreichend bewertet (siehe Test Auslandsreise-Krankenversicherungen). Der in der App verwendete Tarif bietet sogar weniger: Wer aktiv an Sportveranstaltungen teilnimmt und sich dabei verletzt, genießt keinen Versicherungsschutz für Krankenrücktransporte. Für „medizinisch notwendige“ Hilfsmittel wie Gehstützen oder die Miete eines Rollstuhls werden Kosten bis 250 Euro erstattet. Andere AGA-Tarife erstatten zumindest nach einem Unfall dafür bis zu 1 000 Euro je Versicherungsfall. Auch bei länderübergreifenden Infektionserkrankungen greift der Versicherungstarif der App nicht.
Empfehlenswerte Alternativen mit sehr guten Versicherungsbedingungen
Es gibt am Markt Verträge mit besseren Konditionen. Wer mindestens 9 Tage verreist oder zusammen mit der Familie wenigstens 20 Tage, der bekommt für den gleichen Preis bereits einen Jahresvertrag für eine Auslandsreise-Krankenversicherung mit sehr guten Bedingungen (siehe Test Auslandsreise-Krankenversicherungen, Finanztest 6/2014). Damit sind alle Reisen eines Jahres versichert. Da die App aber einen tagesgenauen Abschluss zulässt, kann sie den Versicherten auf sehr kurzen Reisen günstiger kommen.
Tipp: Worauf Sie beim Abschluss einer Reiseversicherung achten sollten, verrät unser Special Reiseversicherung.
Fazit: Lieber rechtzeitig vor dem Urlaub um eine Versicherung kümmern
Die Idee dahinter klingt gut, doch der Abschluss einer Auslandsreise-Krankenversicherung per Allianz ReiseApp funktioniert in der Praxis nicht zuverlässig. Weil häufig technische Probleme auftraten, konnten sich die Tester nicht immer sicher sein, ob sie einen gültigen Vertrag per App abgeschlossen hatten. Daher kann die Stiftung Warentest die ReiseApp der Allianz in ihrer derzeitigen Version nicht empfehlen. test.de rät Reisenden, sich besser bereits vor dem Urlaub um eine Reiseversicherung zu kümmern. Wer das frühzeitig tut, kann sich fristgerecht zum Urlaub gezielt sehr gute Tarife aussuchen.