Dass Kunden last minute buchen und dabei versehentlich diverse Versicherungen abonnieren: Darauf setzt die BD24 Berlin Direkt Versicherung bei ihrem Jahres-Reiseschutz, der sich nach zwölf Monaten automatisch verlängert – und teurer wird. Die Verbraucherzentrale Hamburg klagte – und verlor. Inzwischen weist BD24 zwar in den Versicherungsbedingungen deutlicher auf die Verlängerungsautomatik hin, doch die Beschwerden reißen nicht ab. test.de sagt, wie Kunden sich wehren können.
Versteckte Vertragsbedingungen
„Fast eine Pflicht!“ – so preisen Unister-Reiseportale wie fluege.de, ab-in-den-urlaub.de und reisen.de bei der Buchung die Reiseversicherung der BD24 Berlin Direkt Versicherung an. Lehnt der Nutzer das Angebot ab, erscheint ein roter Kasten: „Ist das wirklich eine gute Entscheidung?“ Die Portale sprechen nochmals ihre „klare Empfehlung“ für das Premium-Versicherungspaket der BD24 aus, das die Reisenden bei Reiserücktritt, Reiseabbruch, Krankheit und Gepäckverlust absichern soll. Vertragsbedingungen und Kosten werden zwar in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen und dem Produktinformationsblatt erläutert. Die muss man jedoch erst einmal separat öffnen. Auf den Portalen sind die Knackpunkte auf den ersten Blick weiterhin schwer ersichtlich. Erst ganz unten, klein gedruckt und mit zwei Sternchen versehen, werden etwa die Kündigungsbedingungen erläutert.
Abo-Falle kann teuer werden
Mit dem „Jahres-Reiseschutz Premium“ versichert der Kunde nicht nur den gebuchten Urlaub, sondern geht auch einen Jahresvertrag ein. Dieses nicht ganz unwichtige Detail kann der Kunde im Eifer des Gefechts leicht übersehen. Ebenso ärgerlich: Bei der Reiserücktrittsversicherung und der Reiseabbruchversicherung, die im Versicherungspaket von BD24 enthaltenen sind, gelten jeweils Selbstbeteiligungen von 20 Prozent pro Versicherungsfall. Bei der Reisekrankenversicherung und Gepäckversicherung ist je Versicherungsfall eine Selbstbeteiligung von 100 Euro fällig. Auf so ungünstige Vertragsbedingungen treffen Versicherungskunden außerhalb von Reisebuchungsportalen selten. Wird der Vertrag mit BD24 nicht bis einen Monat vor Ablauf des Versicherungsjahres gekündigt, verlängert er sich automatisch um ein weiteres Jahr. Und der Gipfel: Ab dem zweiten Jahr wird der Reiseschutz nahezu doppelt so teuer. So zahlen etwa Einzelpersonen bis 64 Jahre ab 19 Euro im ersten Jahr, im zweiten Jahr sind es jedoch mindestens 39 Euro. Handelt es sich hier noch um kleine Beträge, kann es etwa für Familien teuer werden: Sie zahlen im zweiten Jahr je nach Reisepreis bis zu 339 Euro, wenn sie den Vertrag nicht rechtzeitig kündigen.
Verbraucherschützer klagen gegen BD24
Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) hat gegen die HanseMerkur-Tochter BD24 wegen dieser Abo-Masche geklagt. Der Versicherer habe nicht ausreichend über die Kündigungsbedingungen informiert, erklärt Verbraucherschützerin Kerstin Becker-Eiselen. Deshalb habe sich der Vertrag bei vielen Versicherten ungewollt um ein weiteres Jahr verlängert.
Versicherer weist Vorwürfe von sich
BD24 verteidigt sich gegen die Vorwürfe: Die Kündigungsbedingungen sowie die Höhe der Prämien seien ausführlich beschrieben und vor und nach der Buchung verfügbar. Das sahen auch die Richter am Landgericht Berlin so und wiesen die Klage der Verbraucherzentrale ab (Az.: 91 O 111/15). Verbraucher könnten bereits beim Überfliegen der Versicherungsbedingungen die Kündigungsmodalitäten erkennen, so die Auffassung des Gerichts.
Versicherungsschutz nicht schlecht
Die von BD24 angebotene Versicherung selbst ist nach Ansicht der Versicherungsexperten der Stiftung Warentest gar nicht so schlecht. Darum geht es hier aber nicht. Wer ein Reisebuchungsportal besucht, will in erster Linie eine Reise buchen und keine Reiseversicherung abschließen. Durch die aggressive Vermarktung der BD24-Versicherung wird jedoch ein starker Abschlussdruck erzeugt – und von einem entscheidenden Vertragsdetail abgelenkt: Dass es sich um einen Jahresschutz handelt, der sich automatisch verlängert.
BD24 kommt Kunden entgegen
An der Darstellung auf den Online-Reiseportalen hat sich nichts geändert, doch immerhin reagiert die BD24 auf die Beschwerden von Kunden und der Verbraucherschützer. Der Versicherer hebt mittlerweile die Passagen zu Vertragsverlängerung und Kündigungsbedingungen im Vertrag deutlich hervor. Außerdem informiert die BD24 nach eigenen Angaben nun rund fünf Wochen vor der Verlängerung des Versicherungsvertrags alle Kunden per E-Mail darüber, dass sich ihr Vertrag in Kürze verlängert. So könnten Kunden bei Bedarf noch fristgerecht kündigen. Deshalb sollten Kunden ihr E-Mail-Postfach im Auge behalten und auch regelmäßig den Spamordner kontrollieren. Wer den Vertrag nicht behalten will, sollte spätestens aktiv werden, sobald er eine E-Mail vom Versicherer erhält.
So kündigen Sie erfolgreich
Kündigung und Widerruf sollten Sie schriftlich an den Empfänger senden, also per Fax, E-Mail oder klassisch per Brief. Am sichersten ist die Kündigung per Einschreiben mit Rückschein – so kann der Empfänger den fristgerechten Erhalt nicht leugnen. Geben Sie außerdem bereits im Betreff des Schreibens an, dass es sich um eine Kündigung handelt und nennen Sie Ihre Versicherungsnummer. Fordern Sie eine schriftliche Kündigungsbestätigung.
Verbraucherzentrale gibt nicht nach
Der Verbraucherzentrale Hamburg reichen die Nachbesserungen der BD24 nicht. Die Verbraucherschützer berichten weiter von anhaltend vielen Beschwerden über den Online-Versicherer. Gegen das Urteil des Landgerichts Berlin haben sie Berufung beim Kammergericht eingelegt. Ebenfalls hat die Verbraucherzentrale BD24 wegen unzureichender Widerrufsbelehrungen abgemahnt. Auch dazu ist ein Klageverfahren anhängig.
Unser Rat: Genau hinschauen und nicht zum Kauf drängen lassen
Genau hinschauen. Wenn Sie eine Reise im Internet buchen, müssen Sie beim Versicherungsschutz nichts überstürzen – eine Reiseversicherung muss nicht zeitgleich mit der Buchung abgeschlossen werden. Der wichtigste Reiseschutz ist die Reisekrankenversicherung: Die können Sie bis zum Vortag der Abreise abschließen. Entscheiden Sie sich für eine Reiserücktrittsversicherung, haben Sie bis 30 Tage vor der Abreise Zeit, bei kurzfristigen Last-Minute-Angeboten immerhin bis drei Tage nach der Buchung. Überlegen Sie also, welche Versicherung Sie wirklich benötigen und vergleichen Sie in Ruhe die Angebote, am besten mithilfe unseres Tests von Reiseversicherungen. Suchen Sie sich ein gutes Angebot ohne Selbstbeteiligung heraus.
Nicht zum Kauf drängen lassen. Wer im Internet einkauft oder Verträge schließt, sollte sich generell nicht zu einem schnellen Abschluss drängen lassen: Bevor Sie etwas anklicken oder einen Haken setzen, sollten Sie alles gründlich lesen, denn gerade auf der Jagd nach dem Last-Minute-Schnäppchen können Kleingedrucktes, Geschäftsbedingungen oder Produktinformationsblätter schnell zur Falle werden.
E-Mails checken. Wer online Versicherungen abschließt, muss auch damit rechnen, dass Vertragsbedingungen und Informationen des Versicherers ausschließlich per E-Mail zugestellt werden. Checken Sie regelmäßig ihr Postfach und den Spam-Ordner.
Alles rund ums Thema Reiseversicherung
In den FAQ Reiseversicherung beantworten wir viele Nutzerfragen rund um das Thema Reiseschutz.
Dieser Text ist erstmals am 1. September 2015 auf test.de erschienen. Er wurde am 22. Mai 2017 aktualisiert.
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- „Zerplatzte Reiseträume“ lautete der Titel unseres jüngsten Tests von Reiserücktrittsversicherungen (Finanztest 3/2018). Sein Tenor: Gerade bei früh gebuchten und teuren...
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- Wer länger als sechs Wochen im Ausland unterwegs ist, benötigt eine Langzeit-Auslandskrankenversicherung. Der Vergleich der Tarife zeigt: Das Preisgefälle ist groß.
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- Neben der Auslandskrankenversicherung gibt es noch andere Policen, die für Urlauber sinnvoll sein können.
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Das war die erste und letzte Versicherung bei dem Anbieter.
Krankheitsbedingten Reiserücktritt teilweise abgelehnt, obwohl die Attestierung eindeutig war. (OP)
Nach Reklamation erhielt ich dann zweimal eine Kündigungsbestätigung der Versicherung ohne weitere Bearbeitung der Reklamation. Nach einem Telefonat wurde die Kündigung zurück genommen und die Reklamation erneut abgelehnt. So kann man auch Geld verdienen.
Mein Tipp: Schauen Sie sich anderweitig um.
Nie wieder Berlin Direkt Versicherung. Wie kann man das nennen, Diebstahl?
Ich habe letzten Sommer eine 9 Tage Reise beim Veranstalter Ab in den Urlaub gebucht und sie haben mir eine Versicherung bei Berlin Direkt Versicherung für die 9 Tage angeboten.
Am 25. November werden von meiner Kreditkarte 260 Euro weggenommen. Ich habe sofort die Karte blockiert , weil ich nichts gekauft hatte. Dann habe ich mitgekriegt , dass es sich um diese Versicherung handelte. Ich habe Ihnen geschrieben , was soll das heissen und sie haben mir geantwortet , dass ich ohne Kündigung immer versichert bin. Sie blieben selbverständlich still wegen des Jahres . Keine Nachricht, um Gottes willen ! Erfahren , dass du immer noch versichert bist musst du nicht. Ich habe diese kurze Reise versichert , 9 Tage sonst nichts. dass Was kann man gegen diese Schweinerei tun ? Als Bürger ist man hilflos.
Ich habe meine Reiserücktrittversicherung frist- und formgerecht gekündigt.
Es wurde trotz Nachfrage keine Kündigungsbestätigung gesendet und der Vertrag stattdessen einfach um ein weiteres Jahr verlängert.
Für die Verlängerung hat man mir dann doch tatsächlich ganze 4x eine Bestätigung zusenden können.
Nachdem ich nun die Bewertungen hier gelesen habe muss ich feststellen, dass da offensichtlich System hinter steckt.
Auch wenn ich bei der Verbraucherzentrale eine Gebühr zahlen muss, die die Hälfte der Prämie beträgt, werde ich diesen Vorgang dorthin weiterleiten.
Diesen Machenschaften muss ein Ende gesetzt werden!
Leider bin auch ich drei jahre lang von dieser Versicherung abgezockt worden. Über 1000 euro haben die geklaut. Flüge.de müsste man verbieten, denn die haben den Diebstahl mitorganisiert.
Hallo, alle Betrogenen. Ich habe nun auch Post von der Versicherungsgesellschaft mit ner neuen Rechnung bekommen. Ich wusst nicht, dass ich angeblich diese Reiseversicherung 2015 abgeschlossen haben soll ! Ich habe immer genau darauf geachtet, sowas nicht zu buchen, da ich eine goldenen Master Card habe, brauch ich das auch nicht. Nun auf einmal sowas.
Ich gehe von betrug aus und denke, dass irgend Jemand das veranlasst hat.
Habe sicherheitshalber die VG angeschrieben und schon mal gekündigt mit dem Anhang, dass ich dagegen vorgehen werde. Das ist Betrug auf ganz hoher Ebene und jeder sollte rechtlich dagegen vorgehen !