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Endlich am Urlaubsort – doch das Hotel ist überbucht. Das Ersatzhotel hat nicht den erwünschten Meerblick und ist auch noch schmuddelig. Dem geschädigten Urlauber steht in solchen Fällen ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises zu. Darüber hinaus darf er Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) soeben entschieden und damit die Rechte von Reisenden gestärkt (Az. X ZR 111/16).
Entgangener Meerblick
In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte eine Familie aus dem baden-württembergischen Crailsheim im März 2015 eine Reise nach Antalya gebucht, und sich dabei für ein bestimmtes Hotel mit einem Zimmer mit Meerblick oder seitlichem Meerblick entschieden. Da das Hotel überbucht war, wurde die Familie jedoch während der ersten drei Tage in einem anderen Hotel untergebracht – in einem Zimmer ohne Meerblick und mit schwerwiegenden Hygienemängeln. Die Reisenden verlangten vom Reiseveranstalter daraufhin einen nachträglichen Rabatt auf den Reisepreis sowie eine Entschädigung wegen „nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit“, wie es im Juristendeutsch heißt.
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Unterbringung im Ersatzhotel: Minderung um 10 Prozent
Laut BGH liegt schon dann ein Mangel vor, wenn der Reisende statt im gebuchten Hotel in einem anderen Hotel untergebracht wird – selbst wenn die beiden Hotels gleichwertig sind, also ähnliche Standards und eine ähnliche Ausstattung haben. Dieser Mangel allein führe für die betreffenden Urlaubstage zu einer Verringerung des geschuldeten Reisepreises um 10 Prozent. Im Reisepreis enthalten sei grundsätzlich auch die Auswahl des Hotels nach den persönlichen Vorlieben des Reisenden, so der BGH. Diese Hotelauswahl solle gerade nicht auf den Reiseveranstalter übertragen werden. In dem vom BGH entschiedenen Fall lag die Reisepreisminderung für die ersten drei Tage bei 70 Prozent und für den vierten Tag (Umzug ins Hotel) sogar bei 100 Prozent. Die Familie müsse rund 980 Euro weniger zahlen, als vom Veranstalter berechnet – so urteilten bereits die Vorinstanzen.
Urlaubszeit ist kostbar
Die Reisenden konnten auch wegen der entgangenen Urlaubsfreude eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass nicht nur einzelne Reiseleistungen oder einzelne Reisetage vereitelt sind. Die Reise muss insgesamt vereitelt oder die Freude daran erheblich beeinträchtigt sein. Zwar war in dem ursprünglich gewählten Hotel später alles in Ordnung und die Familie hatte für die restlichen Tage ihren gebuchten Strandurlaub. Aber der Ärger über drei Tage im falschen und noch dazu unhygienischen Hotel, der Stress mit der Reklamation beim Reiseleiter, der Umzug in das ursprünglich gebuchte Hotel – all das beeinträchtigt die Urlaubsfreude. Und bei einer Reise von insgesamt nur 11 Tagen fällt diese Beeinträchtigung stärker ins Gewicht als bei einer längeren Reise. Der Familie steht daher laut BGH eine Entschädigung in Höhe von 600 Euro zu – zusätzlich zu 980 Euro Preisminderung.
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