Touristen stehen acht Reiseimpfungen zur Verfügung. Die Stiftung Warentest hält sie alle für sinnvoll. Doch bei der Impfberatung entdeckten wir Schwächen.
Kein schönes Souvenir brachte Nina W. vom Türkeiurlaub mit: Hepatitis A. Dass sie sich angesteckt hatte, blieb erst einmal unbemerkt – mit Folgen für andere. „Als die Krankheit ausgebrochen und diagnostiziert war, ermittelte das Gesundheitsamt alle Kontaktpersonen, unter anderem 26 Krippenkinder unserer Einrichtung“, schrieb uns der Leiter des sächsischen Kindergartens, der W.s Sohn betreut. Alle ungeimpften Kinder mussten samt Eltern zuhause bleiben, quasi in Quarantäne, vier Wochen. Dann stand fest: „Glücklicherweise gab es keine weiteren Erkrankungen.“
Einen Hepatitis-A-Schutz hatte die Patientin nicht. Er zählt zu den Reiseimpfungen gegen Erreger, die selten in Deutschland lauern, aber in vielen Winkeln der Welt. Reiseimpfungen sind meist freiwillig – aber manche Länder verlangen den Nachweis der Gelbfieberimpfung. Und sie sind weniger umstritten als Standardimpfungen, zeigt unsere Onlineumfrage (Details unter www.test.de/impfen). Demnach würden 42 Prozent derer, die dem Impfen skeptisch gegenüberstehen, ihre Haltung vor einer Fernreise überdenken. Zu Recht.
Von Gelbfieber bis Typhus
Deutsche Reisende können je nach Infektionsrisiko eine oder mehrere dieser acht Impfungen bekommen: gegen Typhus, Hepatitis A und B, FSME, Gelbfieber, Tollwut, Meningokokken, Japanische Enzephalitis. FSME betrifft als einzige auch deutsche Reiseziele. Die Stiftung Warentest hält alle acht für sinnvoll. Sechs stellen wir in test 05/2012 vor, die gegen Meningokokken und Japanische Enzephalitis aus Platzgründen kostenlos im Netz (www.test.de/reiseimpfen-extra). Eine neunte, die gegen Cholera, ist für Touristen in der Regel nicht nötig, sondern zum Beispiel nur für Katastrophenhelfer.
Tipp: Die Tabellen dienen zur Orientierung. Der persönliche Impfbedarf richtet sich nach den individuellen Bedingungen: nach Ihrem Gesundheitszustand, nach Reiseziel, -dauer und -aktivitäten. Um all das auszuloten, empfehlen wir vor Fernreisen, selbst ans Mittelmeer und nach Osteuropa, eine reisemedizinische Beratung.
Reisemediziner fragten zu wenig
Wie Reisemediziner beraten, haben wir exemplarisch untersucht. Drei Tester ließen sich in drei deutschen Großstädten bei je einem Allgemeinmediziner, einem weitergebildeten Reisemediziner und im Tropeninstitut beraten. Im ersten Szenario reist ein junges Paar selbstorganisiert drei Monate durch Afrika, wohnt in einfachen Hotels und geht auf Safari. Das zweite Szenario: eine Familie auf Pauschalreise zum Baden und Tauchen in Thailand. Das dritte: ein älteres Paar auf Karibik-Kreuzfahrt mit Landgang in den Dschungel Südamerikas.
Die Details der Reisen interessierten manche Ärzte allerdings kaum. Auch nicht der Gesundheitszustand der Urlauber. Drei Niedergelassene ignorierten ihn komplett.
Tipp: Wenn der Arzt Sie nicht danach fragt – persönlich im Gespräch oder schriftlich mit einem Fragebogen –, dann informieren Sie ihn aktiv über Folgendes:
- Was für eine Reise planen Sie? Wie ist sie organisiert? Wie ist die Unterbringung? Besondere Aktivitäten? Trekking? Tauchen?
- Haben Sie frühere Impfungen nicht vertragen? Sind Sie allergisch gegen Hühnereiweiß? Wurden Sie innerhalb der vergangenen vier Wochen geimpft?
- Leiden Sie an chronischen Krankheiten? An einer Immunschwäche? Nehmen Sie regelmäßig Medikamente?
- Sind Sie schwanger? Planen Sie das?
Lücken in der Beratung

Ein Netz schützt vor tropischen Mücken und den Erregern, die sie übertragen.
Antworten auf diese Fragen und die aktuelle Situation am Reiseziel bilden die Basis der Impfberatung. Ordentlich lief sie zum vielerorts sinnvollen Schutz gegen Hepatitis A und B. Auch eine Impfung gegen Typhus wäre für die drei Testpersonen nützlich gewesen – was aber nur vier der neun Ärzte sagten. Fürs Afrika-Abenteuer beriet das Tropeninstitut am besten, wenn auch ohne eindeutige Empfehlung für die angebrachte Meningokokken-Impfung. Aber der Rat zur Tollwut- und Gelbfieber-Impfung war gründlich und zutreffend. Ganz anders bei den Allgemein- und Reisemedizinern. Bei ihnen stießen wir hier auf wenig Sachkenntnis. Lückenhafte Informationen gaben die niedergelassenen Ärzte auch zur Malaria.
Tipp: Wenden Sie sich bei erhöhtem Infektionsrisiko – etwa bei Tropen-, Langzeit- oder Rucksackreisen – am besten an ein Tropeninstitut. Bei der risikoärmeren Pauschalreise nach Thailand berieten auch die niedergelassenen Ärzte einigermaßen solide. Die Tropeninstitute informierten insgesamt deutlich kürzer und teils schriftlich per Flyer. Die gilt es gründlich zu lesen. Doch einiges, was dort steht, gehört ins persönliche Gespräch. Eine gute Beratung dauert etwa 15 bis 30 Minuten.
Eines klappte bei allen Ärzten. Sie kontrollierten den Impfpass und wiesen meist auf fehlende deutsche Routine-Impfungen hin (siehe „Reisemedizinische Beratung“). Doch eine zentrale Säule der Reisemedizin kam zu kurz: allgemeine Vorbeugemaßnahmen. Dazu zählen Nahrungs- und Trinkwasserhygiene, Schutz vor Mücken, Zecken, infektiösen Körperflüssigkeiten. Solche Verhaltensregeln steigern den Erfolg von Impfungen und schützen vor vielen weiteren Krankheiten.
Tipp: Vorbeugemaßnahmen raten wir allen Reisenden, ob geimpft oder ungeimpft (siehe Tabellen und Checkliste unter www.test.de/reiseimpfen-extra). Informieren Sie sich auch zu Krankheiten am Reiseziel. Zu Sonnenschutz, Reiseapotheke und -versicherung gibt es Infos auf www.test.de.