
Passend. Die von den Reiseberatern empfohlenen Trips entsprachen meist dem Reisewunsch.
Kreuzfahrt, Last-minute-Tauchurlaub, Indien-Rundreise: Wer im Reisebüro bucht, zahlt in der Regel nicht mehr als Onlinekunden und kann eine Menge Zeit sparen.
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Testergebnisse für 15 Reisebüros 02/2015Der erste Eindruck hat für gute Laune gesorgt: Die Beraterin in einem First-Reisebüro begrüßte die Kundin ausgesprochen freundlich, bot ihr einen Platz an und fragte, ob sie etwas trinken möchte. Sie erkundete die Reisewünsche der Besucherin anhand einer Liste Punkt für Punkt. Was die Beraterin nicht wusste: Die Kundin war im Auftrag der Stiftung Warentest unterwegs.
Weniger willkommen fühlte sich ein anderer Tester in einem Alltours-Büro: „Kein Hallo, kein Guten Tag, nichts“, notierte er. „Ich habe meinen Wunsch vorgetragen“, die schnelle abweisende Antwort lautete: „Reisen mit ärztlicher Begleitung kenne ich nicht, haben wir nicht.“
Andere Kunden hätten vermutlich das Weite gesucht. Der Tester blieb hartnäckig und überredete die Expedientin – so nennen Fachleute die Verkäufer in Reisebüros – zu einer Computersuche. Am Ende fand die Geht-nicht-Beraterin etwas Passendes.
Schlechte Erfahrungen, aber auch angeblich günstigere Preise treiben immer mehr Urlauber zu Onlineanbietern. In den vergangenen zehn Jahren schrumpfte die Zahl der örtlichen Reisebüros um ein Drittel. Jetzt scheint sich der Trend zu drehen. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl erstmals wieder. Mit rund 9 000 Geschäften hat Deutschland eines der dichtesten Reisebüronetze weltweit. Mehr als zwei Drittel aller Reisen buchen die Bundesbürger im Laden.
Wir haben 15 Reisebüroanbieter geprüft, die bundesweit als Kette, Franchisepartner oder in Kooperation unter einem gemeinsamen Namen auftreten. Bei jedem prüften die Tester die Beratung in fünf Büros für unterschiedliche Reisewünsche: eine ärztlich begleitete Rundreise durch Südafrika, eine Mittelmeer-Kreuzfahrt für eine vierköpfige Familie, eine Indien-Rundreise, einen Last-minute-Tauchurlaub und eine Familienreise in die Türkei.
Die Tester haben auch die Online- und die Offlinepreise verglichen. Innerhalb von zwei Stunden nach der Beratung im Reisebüro suchten sie die Preise für die Reisen in drei Portalen, darunter das des jeweiligen Reisebüroanbieters. Die Recherche kostete Zeit – sparte aber kein Geld Reisebüro oder Internet?.
Jeder Anbieter sollte für die Reisewünsche mindestens ein passendes Angebot unterbreiten. Vorher mussten sie dafür den Bedarf erkunden – Reiseziel, Zeitraum, Budget, Mitreisende, Anforderungen an die Unterkunft. Die Vorschläge sollten alle wichtigen Infos enthalten: Abflugort und -zeit, Unterkunft, Reisegesamtpreis, Stornierungsbedingungen. Ergebnis: Zehn Anbieter schneiden gut ab, vier befriedigend. Einer enttäuscht: L’tur.
L’tur-Mitarbeiter lassen Kunden allein
„Besuchen Sie uns. Uns gibt’s nämlich wirklich“, fordert die L’tur-Homepage auf. Wir haben sie beim Wort genommen und fünf Reisebüros besucht. Doch gleich zweimal konnten L’tur-Mitarbeiter nicht weiterhelfen. Zum Beispiel mit dem Hinweis, man sei ein Last-minute-Büro. Auf den Internetseiten sieht das anders aus. L’tur tritt zwar als Spezialist für Kurzfristreisen auf, offeriert aber auch viele andere Reiseangebote. Einige Geschäfte der Kette haben bewiesen, dass es lohnt, sie zu besuchen. Für die Urlaubswünsche Indienrundreise und Kreuzfahrt – zwei Frühbuchervarianten – haben L’tur-Mitarbeiter ohne zu zögern passende Vorschläge unterbreitet. Allerdings waren ihre Erläuterungen zu den Reisen schwach.
Kollege kommt nicht
Nur bei einem weiteren der 75 Testfälle kamen die Kunden nicht ans Ziel. Mit Indien kenne sie sich nicht aus, sagte die Mitarbeiterin eines Holiday-Land-Reisebüros mit Bedauern. Sie empfahl, entweder auf einen Kollegen zu warten oder ein anderes Reisebüro aufzusuchen – also die Konkurrenz. Da der fachkundige Kollege auch nach 30 Minuten Wartezeit nicht erschien, wurde diese Testaufgabe nicht erfüllt.
Kreuzfahrten sind kein Problem
In den übrigen 72 Fällen gaben sich die Expedienten mehr Mühe, den Reisewunsch des Kunden zu erfüllen.
Am besten quer durch alle untersuchten Ketten sind die Berater den Kreuzfahrtwünschen der Interessenten nachgekommen. Diese Schiffsreisen sind begehrt und haben mit die höchsten Wachstumsraten im Tourismus. Reisebüros werden mit Informationen und Schulungsangeboten geradezu bombardiert. Unsere Prüfanforderungen erfüllten am besten Reisen mit Schiffen der Reedereien Aida und Tui Cruises.
Die zweitbesten Ergebnisse lieferten die Berater zur Last-minute-Tauchreise. Für die Vorgaben der Testkunden, vor allem für ihr Preislimit, kamen nur die Tauchreviere am Roten Meer in Ägypten infrage. Das war auch weniger erfahrenen Reisebüromitarbeitern klar.
Auf eine E-Mail vertröstet
Die beiden Fernreisen nach Indien und Südafrika bereiteten den Tourismusexperten mehr Probleme als die Tauch- und Kreuzfahrtwünsche. Doch selbst eine Pauschalreise in die Türkei brachte so manchen Reisefachverkäufer ins Schleudern. Das Hotel, so der Wunsch, sollte einen Aquapark haben – damit waren einige Berater überfordert. Mitunter vertrösteten Mitarbeiter die Kunden auf ein Angebot per E-Mail. Ein Reiseland-Reisebüro erfüllte aber auch damit nicht den Kundenwunsch. Keines der vorgeschlagenen Hotels verfügte über einen Aquapark.
Mit den Fernreisen taten sich viele Expedienten schwer. Die Rundreise durch das indische Rajasthan mit einem Badeaufenthalt zu kombinieren, stellte etliche vor Probleme. Die Beratungen dauerten lange. Bis zu 90 Minuten zog sich die Suche hin.
Bei der Südafrikatour war der Wunsch nach ärztlicher Betreuung das Problem. Viele Berater wussten nicht, welche Veranstalter solche Reisen anbieten. Oft staunten sie selbst, wenn sie etwas Passendes fanden – meist Angebote von Tour Vital, einer Marke des Touristikkonzerns Thomas Cook.
Auch wenn sie bisweilen etwas überfordert wirkten, waren fast alle Berater freundlich und bemühten sich sehr, die Fragen zu beantworten. Auch den Kundenbedarf analysierten sie meist zufriedenstellend. Oft nutzten sie eine Checkliste. Einige Berater legten bei der Suche jedoch eigene Kriterien an, beispielsweise einen besonders günstigen Preis, und vergaßen darüber die speziellen Wünsche des Kunden.
Spärliche Zusatzinformationen
Wünschten die Tester Detailinformationen, wurden viele Berater wortkarg und verwiesen auf den Katalog oder das schriftliche Angebot. Oft wichen sie Themen wie Reisetransfer, Zimmerkategorien, Stornofristen und -kosten oder Ausflüge aus. Viele empfahlen Versicherungen, meist Reiserücktritts- und Krankenversicherungen. Zu den Konditionen wollten oder konnten sie allerdings selbst auf ausdrückliche Nachfrage oft nichts sagen.
Neue Ladenkonzepte
Die großen Reiseveranstalter wollen im Vertrieb sichtbarer werden. So rüstet Tui in einer ersten Phase 130 seiner Hapag-Lloyd- und First-Reisebüros zu Tui-Konzept-Stores um. Der erste eröffnete im November 2014 in Stuttgart. Klassische Counter gibt es nicht mehr, der Kunde kann sich am Stehtisch, auf einem Sofa oder an der Café-Bar beraten lassen. Die hellen Räume sehen eher wie eine Lounge oder Bar aus. Der erste Eindruck soll stimmen.
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