Ob Cybermobbing oder illegaler Download – spezielle Rechtsschutzversicherungen versprechen Hilfe bei Internetärger.
Tatort Internet
Eine Mutter liest, dass ihr Sohn auf Facebook von der Mutter einer Schulkameradin als „asozialer Abschaum“ bezeichnet wird. Ein Vater soll 3 500 Euro zahlen, weil sein Sohn 3 749 Lieder illegal über eine Online-Tauschbörse heruntergeladen hat. Eine Sparkassendirektorin erhält die Kündigung, weil sie einen Kommentar ihres Ehemannes mit „Gefällt mir“ markiert haben soll, der die Sparkasse beschimpft. Ein Mann kauft im Internet ein Auto, das ohne Freisprecheinrichtung geliefert wird, obwohl in der Annonce eine solche versprochen war.
Die Angst vor den Anwaltsgebühren
Wer so etwas erlebt, kann sich wehren. Viele haben aber Angst vor den Anwaltsgebühren. Eine Rechtsschutzversicherung hilft, sie deckt solche Kosten. Finanztest hat die drei Internet-Rechtsschutzversicherungen geprüft, die zurzeit angeboten werden.
Gegen Cybermobbing vorgehen
Täglich werden Menschen im Internet bloßgestellt, Lügen verbreitet oder rufschädigende Fotos online gestellt. Die Betroffenen können vom Täter die Löschung fordern, wenn der Beitrag ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Ein Anwalt kann der Forderung ordentlich Nachdruck verleihen. Die Spezialversicherungen von Arag und BNP Paribas Cardif übernehmen die Anwaltskosten, wenn der Beitrag rechtlich etwa als Verletzung der Ehre (Beleidigung) oder als rufschädigende Falschbehauptung (Verleumdung) zu bewerten ist.
Wenn der Staatsanwalt Ermittlungen aufnimmt
Nicht jede Online-Rangelei ist eine Beleidigung im juristischen Sinne. Die Bezeichnung eines Kindes als „asozialen Abschaum“ etwa hat der Bundesgerichtshof als Beleidigung angesehen (Az. VI ZB 17/16). Ein flapsiges „Du spinnst ja“ in der Whatsapp-Gruppe einer Schulklasse ist sicher noch keine Beleidigung. Wer einen Anwalt benötigt, weil er selbst jemanden beleidigt und verleumdet haben soll, ist über eine Rechtsschutzversicherung erst dann versichert, wenn der Staatsanwalt Ermittlungen aufnimmt. Außerdem gilt: Kommt es zu einer Verurteilung, entfällt der Schutz. Hat die Versicherung bereits Geld bezahlt, muss der verurteilte Kunde es erstatten.
Illegaler Download von Musik & Film
Noch immer werden Internetnutzer von der Musik- oder Filmindustrie abgemahnt, weil über ihren Internetanschluss illegal Filme und Musik in Online-Tauschbörsen rauf- und heruntergeladen worden sein sollen (Filesharing). Die Inhaber der Film- und Songrechte verlangen mitunter zu viel Abmahnkosten und Schadenersatz. Ein Anwalt kann Betroffenen helfen, die Forderung nach unten zu korrigieren.
Was Internet-Rechtsschutzversicherungen zahlen
Manchmal müssen die Inhaber eines Internetanschlusses sogar überhaupt nichts zahlen. Eltern zum Beispiel haften grundsätzlich nicht, wenn ihre volljährigen Kinder das Internet zum illegalen Filesharing missbrauchen (Bundesgerichtshof, Az. I ZR 169/12). Die Internet-Rechtsschutzversicherungen übernehmen bis zu 300 Euro für eine anwaltliche Erstberatung (Tabelle Spezielle Rechtsschutzversicherung für Internetärger). Landet der Filesharing-Fall vor Gericht, reichen diese Versicherungssummen nicht aus, um alle Anwaltskosten des Mandanten zu decken. Die Arag zahlt immerhin bis zu 1 000 Euro. Aber auch das ist für einen Prozess durch mehrere Instanzen nicht genug.
Kündigung wegen Post auf Facebook
Wer rausgeschmissen wird, weil er sich online abfällig über seinen Chef geäußert hat, sollte die Kündigung vom Anwalt prüfen lassen. Nicht selten sind solche Kündigungen nichtig, weil der Arbeitnehmer vorher nicht abgemahnt worden ist. Faustregel: Erst muss der Mitarbeiter eine gelbe Karte erhalten, bevor er die rote Karte bekommen kann.
Arbeitsrechtsschutz wichtig
Wer jahrelang ohne Beanstandung gearbeitet hat, kann wegen eines Fehlers auch nicht sofort auf die Straße gesetzt werden. Die Kündigung der anfangs erwähnten Sparkassendirektorin hielt das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau für unwirksam (Az. 1 Ca 148/11). Als die Frau ihren Arbeitgeber auf Facebook beschimpft haben soll, hatte sie bereits 25 Jahre einwandfrei für die Bank gearbeitet. Die Internet-Rechtsschutzpolice der Arag bietet Online-Arbeitsrechtsschutz. Dieser Schutz ist wichtig, denn im Arbeitsrecht zahlt in der ersten Gerichtsinstanz jede Partei ihren Anwalt selbst.
Streit um Einkauf im Internet
Auch beim Onlineshopping kann Rechtsärger entstehen. Vor dem Oberlandesgericht Hamm wurde jüngst der Fall eines Mannes verhandelt, der online einen BMW für rund 21 000 Euro gekauft hatte. In der Annonce war ihm eine Freisprecheinrichtung versprochen worden, geliefert wurde das Auto ohne. Mithilfe seines Anwalts konnte er den Rücktritt vom Kauf durchsetzen. Online-Vertragsrechtsschutz für solche Fälle bieten die Spezialpolicen von Arag und BNP Paribas Cardif.
Besser normaler Rechtsschutz
Spezialversicherungen können für Onlineärger nützlich sein, doch der Preis ist im Vergleich zu umfassenderen Versicherungen recht hoch (Unser Rat). Und das Leben, das offline stattfindet, bleibt außen vor. Wer im Winter auf dem Gehweg mit schweren Folgen stürzt und einen langen Prozess gegen die Person führen muss, die den Schnee hätte räumen müssen, kann auch Rechtsschutz für das reale Leben sehr gut gebrauchen. Statt Spezialversicherungen empfehlen wir eher Rechtsschutz für On- und Offline.
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@rokel44: Wir haben hier lediglich reine Policen für Streitigkeiten rund ums Internet veröffentlicht. Die Württembergische Versicherung bietet einen solchen Schutz nicht an. (AK)
Leider suche ich die Württembergische Versicherung vergeblich bei Ihnen!
Nein, wir haben den Tarif der LVM nicht vergessen. Doch die LVM hatte uns mitgeteilt, dass man den Internetrechtschutz nicht allein bekommt, sondern andere Rechtschutzbausteine dazu kaufen muss. In diesem Test hatten wir uns auf die Spezialpolicen konzentriert. (maa)
Sehr geehrte Damen und Herren,
die LVM bietet im Rahmen ihrer Rechtsschutzversicherung ebenfalls einen Internetrechtsschutz an. Vielleicht möchten Sie diesen auch ansehen.
Mit freundlichen Grüßen
C. Kochen