Gefilmt und fotografiert wird ständig. Die Aufnahmen landen schnell im Internet. Doch Vorsicht, das ist selten erlaubt. Das Recht am eigenen Bild ist Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Wer es missachtet, riskiert, Schadenersatz zahlen zu müssen – das kann schnell in die Tausende gehen. test erklärt, welche Regeln gelten.
Darf man Bilder einer Überwachungskamera ins Netz stellen?
Ein paar tausend Euro Kopfgeld für die Ergreifung eines Diebes – es war ein sonderbarer Fall von Selbstjustiz, der vor einigen Wochen durch die Presse ging. Ein Unternehmer aus Norddeutschland stellte Fotos seiner Überwachungskamera ins Internet, um nach dem Täter zu fahnden, der in sein Haus eingebrochen war. Das ist kein Einzelfall. Auch andere hatten schon Fotos frisch ertappter Täter im Internet veröffentlicht. Erlaubt ist das nicht.
Jeder hat das Recht am eigenen Bild
Es gilt das Recht am eigenen Bild: Jeder darf selbst bestimmen, ob er fotografiert oder gefilmt werden will und vor allem, ob die Aufnahmen öffentlich gemacht werden dürfen. Das Recht am eigenen Bild ist Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Wer es missachtet, riskiert, Schadenersatz zahlen zu müssen: etwa die Kosten des Anwalts, den der Abgelichtete beauftragt hat, damit das Foto aus dem Netz verschwindet. „Für Nacktaufnahmen zum Beispiel, die unerlaubt veröffentlicht werden, kann zusätzlich zu den Anwaltskosten eine Geldentschädigung in Höhe von durchschnittlich 1 000 bis 5 000 Euro drohen“, sagt der auf Medien- und Persönlichkeitsrecht spezialisierte Mainzer Rechtsanwalt Tobias Röttger.
Nur Ermittlungsbehörden dürfen Fahndungsaufrufe starten
Auch ein privater Fahndungsaufruf kann Schadenersatz nach sich ziehen. Wer das Foto des Täters veröffentlicht, verletzt dessen Persönlichkeitsrecht. Unter Umständen macht er sich sogar strafbar, etwa wenn er einen Unschuldigen bezichtigt. Der Betroffene – ob Dieb oder nicht – kann verlangen, dass das Bild entfernt wird. In Deutschland dürfen allein die Ermittlungsbehörden, also Polizei und Staatsanwaltschaften, Fahndungsaufrufe starten – und das nur unter strengen Voraussetzungen.
Keine Veröffentlichung ohne Erlaubnis
Fotografieren fürs private Album ist immer erlaubt. Wenn der Fotograf aber zielgerichtet Fremde ablichtet, sollte er vorsichtig sein. Das Kunsturhebergesetz – es gilt auch für Privataufnahmen – schreibt zwar nur vor, dass Fotos anderer Personen ohne deren Erlaubnis nicht veröffentlicht werden dürfen. Dennoch ist schon das Ablichten eines anderen an dessen allgemeinem Persönlichkeitsrecht zu messen und unter Umständen rechtswidrig.
Fotografieren und Veröffentlichen sind zweierlei
„Nackt- oder Intimfotos oder Bilder vom völlig betrunkenen und hilflosen Partygast greifen in das Persönlichkeitsrecht ein und sind verboten“, sagt Röttger. Das gilt auch für heimliches Knipsen oder Filmen, etwa mit einer versteckten Kamera, die dem Abgelichteten verborgen bleiben soll. Hat jemand die Erlaubnis zum Fotografiert- oder Gefilmtwerden gegeben, gilt das nicht gleichzeitig als Zustimmung für eine Veröffentlichung. Dafür ist seine spezielle Erlaubnis erforderlich. Das gilt für jede Internetseite sowie für soziale Netzwerke und die klassischen Medien.
Eltern entscheiden für ihre Kinder
Bei Kindern gilt: Die Eltern müssen mit dem Foto einverstanden sein. Bei älteren Kindern ab etwa 14 Jahren, bei denen eine gewisse Einsichtsfähigkeit vorausgesetzt werden kann, ist zudem noch die Zustimmung des Minderjährigen selbst erforderlich (Landgericht Bielefeld, Az. 6 O 360/07). Wer ein Foto des eigenen Kindes im Internet veröffentlichen möchte, aber nicht sorgeberechtigt ist, muss die Erlaubnis des anderen Elternteils einholen (Amtsgericht Menden, Az. 4 C 526/09). Wenn die Kinder nicht erkennbar sind, ist keine Erlaubnis notwendig,
Faustregel für Facebook
Ob das Hochladen von Bildern auf die eigene Facebook-Seite schon als Veröffentlichung gilt, lässt sich nicht leicht beantworten. Es hängt davon ab, wer und wie viele sich die Fotos ansehen können. „Die Faustregel lautet: Wenn nur Freunde die Bilder anschauen können und das auch nicht mehr als 100 sind, hat der Nutzer die Fotos eher nicht öffentlich zugänglich gemacht. Das ist aber immer noch ein Graubereich. Der Fotograf sollte lieber um Erlaubnis fragen, bevor er Bilder hochlädt“, sagt Röttger. Im Zweifelsfall muss er beweisen, dass er die Erlaubnis hat.
Als „Beiwerk“ veröffentlicht
Anders ist es, wenn fremde Personen zufällig als „Beiwerk“ in einer schönen Landschaft oder neben einer Sehenswürdigkeit erscheinen. Dann darf der Fotograf sie mitablichten und die Bilder sogar ohne deren Einverständnis verbreiten. Auch das steht im Kunsturhebergesetz – in Paragraf 23, der die Umstände nennt, unter denen keine Erlaubnis für eine Veröffentlichung der Bilder vorliegen muss.
Als Ereignis der Zeitgeschichte
Ebenfalls erlaubt ist es, Fotos von Personen und Ereignissen der Zeitgeschichte zu machen und zu veröffentlichen, etwa von Politikern, Schauspielern oder Sängern, wenn sie öffentlich auftreten, sofern kein Fotografier- und Veröffentlichungsverbot seitens des Veranstalters besteht. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass selbst ein lokales Mieterfest ein Geschehen der Zeitgeschichte sein kann (BGH, Az. VI ZR 197/13). In dem verhandelten Fall mussten Oma, Mutter und Kleinkind es hinnehmen, in der Broschüre einer Wohnungsbaugenossenschaft abgebildet worden zu sein, ohne dass ihre Erlaubnis vorlag.
Als Teil einer Menschenmenge
Das Veröffentlichen ist auch in Ordnung, wenn der Abgebildete Teil einer Menschenmenge ist, etwa als Zuschauer beim Konzert. Wenn der Fotograf aber die hübsche Brünette in der ersten Reihe heranzoomt und das Bild veröffentlicht, kann darin eine Rechtsverletzung liegen. Es besteht der Verdacht, dass nicht die Veranstaltung das Motiv ist, sondern die abgebildete Person.
Widerruf der Erlaubnis ist schwierig
Wer gezielt andere ablichten möchte, sollte also um Erlaubnis fragen. Bei Erwachsenen reicht es, wenn sie in die Kamera lächeln oder anderweitig posieren und so ihr Einverständnis zeigen. Eine Erlaubnis zu widerrufen, ist nur unter engen Voraussetzungen möglich. Das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen muss dies „gebieten“, weil ihm zum Beispiel aufgrund veränderter Umstände nicht mehr zugemutet werden kann, an der einmal gegebenen Einwilligung festzuhalten (Oberlandesgericht Koblenz, Az. 3 U 1288/ 13). In dem verhandelten Fall hatte eine Frau ihren ehemaligen Liebhaber aufgefordert, die intimen digitalen Fotos zu löschen, die während der Beziehung entstanden waren, sie also zu vernichten. Das Oberlandesgericht Koblenz gab ihr recht, der Fall ist aber noch nicht erledigt. Der Liebhaber legte Revision ein. Nun muss der Bundesgerichtshof die Frage klären. Der Einbrecher in Norddeutschland musste nichts widerrufen. Eine Erlaubnis zur Veröffentlichung seines Fotos hatte er nie gegeben. Der Webseitenbetreiber löschte das Fahndungsbild umgehend.